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Bremer Haftanstalt Kein Platz mehr in der JVA: Neubau auf der grünen Wiese diskutiert

Viele deutsche Gefängnisse sind an der Belastungsgrenze – die JVA Bremen ist längst darüber hinaus. Die bisherigen Entlastungsversuche brachten wenig, deshalb schlägt die FDP nun einen anderen Weg vor.
29.07.2025, 05:00 Uhr
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Kein Platz mehr in der JVA: Neubau auf der grünen Wiese diskutiert
Von Joerg Helge Wagner

97 Prozent – so hoch ist die Auslastung der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bremen an ihren beiden Standorten in Oslebshausen und in Bremerhaven-Lehe. Doch schon bei 85 Prozent liegt die Grenze zur Überbelegung, denn die Anstalt muss jederzeit in der Lage sein, auch größere Tätergruppen getrennt voneinander aufzunehmen und unterzubringen. Wegen der Trennungsvorschriften bei Erwachsenen und Jugendlichen, Frauen und Männern, Strafhaft und U-Haft gilt die JVA laut Justizbehörde mit 609 Gefangenen bereits als vollbelegt. Aktuell sind von 717 Haftplätzen 698 besetzt.

"Die Belegung ist derzeit auf einem sehr hohen Niveau, insbesondere im geschlossenen Erwachsenenvollzug und in der U-Haft", räumt Stephanie Dehne ein. Die Sprecherin von Justizsenatorin Claudia Schilling (SPD) blickt auch wenig optimistisch ins niedersächsische Umland: "Derzeit haben wir aus Niedersachsen Anfragen, ob wir jugendliche Inhaftierte aufnehmen können." Die JVA in Vechta (Frauen) und Hameln (Jugendliche) wurden im Juni vorigen Jahres als Ausweichmöglichkeiten genannt – schon damals war die JVA Bremen mit 723 Insassen "auf einem Höchststand angekommen", wie Justizstaatsrat Björn Tschöpe (SPD) an die Staatsanwaltschaft schrieb. Die Behörde wurde deshalb angewiesen, niemanden mehr nach Oslebshausen zu schicken, der eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen sollte, weil eine Geldstrafe nicht bezahlt worden war.

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Diese Anordnung gilt längst nicht mehr, bestätigt Dehne. Heute helfen aber auch Verlegungen von Frauen und Jugendlichen zur räumlichen Entlastung der JVA nicht. "Sie finden daher aktuell nicht statt – außer, es gibt in Einzelfällen Sicherheitsgründe, die eine Verlegung nötig machen. Das hat dann aber nichts mit der hohen Belegung zu tun."

Als weiteres mögliches Ventil hatte die CDU vor einem Jahr gefordert, in einer Sofortmaßnahme Gefangene ohne deutschen Pass in geeigneten Fällen in ihre Heimatländer abzuschieben. Diese Möglichkeit sehe Paragraf 456a der Strafprozessordnung ausdrücklich vor. Zu Beginn dieses Jahres waren 320 Insassen – also annähernd die Hälfte – rein ausländischer Herkunft.

Das Innenressort von Senator Ulrich Mäurer (SPD) verweist darauf, dass sich bereits seit Mai 2018 das sechsköpfige Referat 24, die "Zentralstelle Rückführungen", um die beschleunigte Abschiebung von Intensivtätern kümmere. Für die letzten Jahre nennt Mäurers Sprecher René Möller folgende Zahlen: "2023 wurden von insgesamt 27 Personen zwölf aus der Haft abgeschoben. 2024 waren es 17 von 43 Personen. 2025 wurden von 50 Personen bisher 19 Personen aus der Haft abgeschoben." Dies seien alleine die Zahlen des Referats 24, betont Möller: "Insgesamt sind die Abschiebezahlen für Bremen natürlich höher."

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Für Platz- und Geldmangel sorgt in der JVA auch die laufende Sanierung der beiden Hafthäuser 1 und 2 aus den 1870er Jahren. Nach derzeitigem Stand rechnet man mit einem Gesamtbedarf von rund 176 Millionen Euro. Das sind fast 38 Millionen Euro mehr als ursprünglich kalkuliert. Stabil blieb hingegen 2024 der Tageshaftkostensatz. Pro Person betrug er 159,19 Euro. Zuzüglich Bau-Investitionskostensatz von 3,16 Euro und der Sach-Investitionskostensatz von 6,39 Euro kostete demnach ein Hafttag pro Insasse 168,74 Euro, was deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von rund 200 Euro liegt.

Für die künftige Finanzierung des Strafvollzugs hat die FDP-Fraktion in der Bürgerschaft vorgeschlagen, über einen kompletten Neubau "auf der grünen Wiese" nachzudenken. Dafür könne man dann mit einem oder mehreren Bundesländern kooperieren – infrage kämen wohl vor allem Niedersachsen und vielleicht auch Hamburg. Zudem regen die Liberalen an, die Sanierung oder auch einen Neubau im Rahmen eines PPP-Projekts durchzuführen. Solche gibt es in Niedersachsen auch bei Gefängnissen: Die JVA Bremervörde wurde so mit einem Projektvolumen von 286 Millionen Euro errichtet - vor 13 Jahren.

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