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Projekt in Gröpelingen „Es ist toll, wie alle an einem Strang ziehen“

Studierende als Rollenvorbilder in Gröpelingen: Warum sich die Gröpelingen-Beauftragte Nele Klein dafür eingesetzt hat, dass das Projekt "Study Friends" ausgeweitet wird.
19.02.2024, 08:00 Uhr
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„Es ist toll, wie alle an einem Strang ziehen“
Von Anne Gerling

Frau Klein, auf Initiative der Senatskanzlei wird das Projekt „Study Friends“ ausgeweitet. Was ist für Sie das Besondere an diesem Projekt?

Nele Klein: Study Friends vereint mehrere positive Aspekte. Es bringt Verstärkung an die Schulen, Unterstützung für Schülerinnen und Schüler und leistet einen Beitrag zur Quartiersstabilisierung, indem Studierende in den Stadtteil kommen, die nochmal ganz anders aufgestellt sind als die Menschen, die dort ansonsten leben. Die Studierenden wiederum machen über das Projekt wichtige Selbstwirksamkeitserfahrungen – und für die Gröpelinger Schülerinnen und Schüler sind sie wirklichkeitsnahe Rollenvorbilder, an denen sie sich orientieren können. Die Jugendlichen sehen: Die Study Friends sind hier, die wohnen in meinem Quartier.

Inwiefern kann das Projekt zur Quartiersaufwertung beitragen?

Ein Projektteilnehmer hat mir vor einiger Zeit erzählt, wie wertvoll die Erfahrungen für ihn sind, die er als Study Friend in Gröpelingen macht – dass man rausgeht und sieht: Man ist mittendrin in etwas Echtem. Ich hoffe, dass die Study Friends auch ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen erzählen, wie toll es in Gröpelingen für sie ist. Das größte Problem für sie ist aktuell wohl, dass die Uni – gefühlt – so weit weg ist. Ich glaube aber, dass es angesichts der Wohnraumknappheit immer interessanter wird, in Gröpelingen zu wohnen. Bislang fährt man als Studierender nicht einfach so mal nach Gröpelingen, was vor allem an Gröpelingens schlechtem Image liegt. Das ändert sich hoffentlich durch das Projekt. Ich hoffe, dass dadurch mehr Studierende Gröpelingen kennenlernen und auch Lust entwickeln, da zu wohnen.

Warum war es Ihnen wichtig, neben der Gewoba noch weitere Wohnungsbaugesellschaften mit ins Boot zu holen?

Mittlerweile sind wir in einer Zeit der Wohnungsknappheit, in der auch die Wohnungsbaugesellschaften keine freien Wohnungen mehr haben. Das Budget, das die Deutsche Kindergeldstiftung zur Verfügung stellt, wird zwar angehoben, davon kriegt man aber trotzdem keinen Wohnraum finanziert. Die Bausenatorin hat die Ausweitung positiv begleitet. Die Brebau wollte schon vor Längerem mit einsteigen, die Vonovia hatte bereits ein ähnliches Projekt in Wohlers Eichen und bei der Espabau ist es nochmal etwas komplexer, weil dort Genossenschaftsanteile erworben werden müssen. Alle beteiligten Wohnungsgesellschaften sind bereit, auf die Kaltmiete – also auf ihren Gewinn – zu verzichten. Das ist ein Riesen-Schritt und eine Willenserklärung zu diesem Projekt. Jedes Unternehmen stellt zwei Wohnungen zur Verfügung. Auf diese Weise ist das Projekt auf mehrere Schultern verteilt und für die einzelnen Akteure leichter zu stemmen. Alle sind bereit, es kann jetzt nach und nach losgehen und das Projekt schrittweise ausgeweitet werden. Ich finde es toll, was da im Stadtteil gerade an Vernetzung stattfindet.

Und mussten Sie bei den Schulen viel Überzeugungsarbeit leisten, um sie für das Projekt zu begeistern?

Im September saßen wir mit den Schulleitungen zusammen und alle wollten mitmachen. Das Bildungsressort hat sofort finanzielle Unterstützung zugesagt. Die Grundschulen hätten auch gerne mitgemacht – aber irgendwo muss man anfangen. Und bei dem Projekt geht es ja auch um Rollenvorbilder bei der Frage, ob ich mal Abitur machen möchte und was danach kommt. Deshalb haben wir uns jetzt erst einmal auf die Oberschulen konzentriert, wo die Study Friends in der Regel in den Klassenstufen 5 und 6 eingesetzt werden. Für die Oberschulen war dann auch ein Thema, wie man das Ganze finanziert. Bislang ist das Projekt ja gewissermaßen „nebenbei“ von Kultur vor Ort mit betreut worden, ohne dass es dafür ein extra Stundenkontingent gab. Das hat Kultur vor Ort auch sehr gut gemacht. Ich bin aber trotzdem sehr froh, dass die Trägerschaft und die Koordination der Zusammenarbeit mit den Schulen jetzt durch die Vermittlung von Kultur vor Ort an den Verein Natur-Kultur gegangen ist, der im Lichthaus sitzt und sich mit 25 Stunden im Monat um die Study Friends kümmert. Der Verein übernimmt auch die pädagogische Begleitung der Studierenden, mietet die Wohnungen an und überlässt sie per Vertrag den WG-Mitgliedern. Er ist also Ansprechpartner für alle Beteiligten – das ist eine große Aufgabe.

Und wie wird nun die Projektkoordination finanziert?

Über das neue Bund-Länder-Programm „Startchancen“, das dieses Jahr startet und bei der Senatorin für Kinder und Bildung angesiedelt ist. Das Engagement der beiden Senatorinnen für Bildung und Bau hinterlegt das Projekt jetzt noch mal mit einer ganz anderen Wertigkeit. Es ist toll, wie alle an einem Strang ziehen und gemeinsam nach Möglichkeiten und Wegen gesucht haben, wie wir das Projekt ausweiten können!

Das Gespräch führte Anne Gerling.

Zur Person

Nele Klein (26)

kümmert sich seit Dezember 2022 als erste Gröpelingen-Beauftragte in der Senatskanzlei im Rathaus speziell um stadtteil- und quartiersbezogene Angelegenheiten in Gröpelingen.

Zur Sache

Was sind die Study Friends?

Das Projekt „Study Friends“ bietet fünf Studierenden mietfreie WG-Zimmer in Gröpelingen, die dafür jeweils 20 Stunden pro Monat an der Neuen Oberschule Gröpelingen (NOG) arbeiten. Es wurde im Rahmen des Integrierten Entwicklungskonzepts (IEK) von der Baubehörde initiiert und seit 2021 von der Deutschen Kindergeldstiftung, der Gewoba, Kultur vor Ort, dem Quartiersbildungszentrum (QBZ) Morgenland und der Neuen Oberschule Gröpelingen (NOG) gemeinsam umgesetzt. Nun sollen weitere zwölf Studierende hinzukommen, die auch an den Oberschulen Ohlenhof und im Park sowie an der Gesamtschule West (GSW) Schülerinnen und Schüler unterstützen. Das Projekt soll bis mindestens 2026 mit insgesamt vier Study Friends pro Oberschule fortgeführt werden. Weitere Informationen unter www.gröpelingen-bildet.de/studyfriends.

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