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Klimakonferenz Gröpelingen Steigende Kosten treffen vor allem Ärmere

In Bremen-Gröpelingen wollen vier Initiativen das Bewusstsein für die sozialen Auswirkungen des Klimawandels stärken. Sie warnen: "Die Klimakrise ist Brandbeschleuniger für die Armutsentwicklung."
23.01.2025, 05:00 Uhr
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Steigende Kosten treffen vor allem Ärmere
Von Anne Gerling

Haben Menschen in benachteiligten Quartieren weniger Umweltbewusstsein als besser situierte? „Das wird immer unterstellt“, sagt der Gröpelinger Soziologe Lutz Liffers. Dabei sei zum Beispiel Gröpelingen klimapolitisch sogar ein Vorbild, wenn auch vielleicht eher unfreiwillig. Schließlich nutzten die Menschen dort im Schnitt weniger Wohnraum, unternähmen weniger Fernreisen und besäßen weniger Pkw. „In Gröpelingen wird auch ganz viel repariert, anstatt es wegzuwerfen, und Fahrräder ‚durchwandern‘ ganze Familien. Wenn ganz Europa so sparsam leben würde wie die Gröpelingerinnen und Gröpelinger, dann wäre die EU ihren Klimazielen sehr nahe.“

Belohnt werde der Stadtteil allerdings nicht dafür, dass dort wesentlich weniger Ressourcen verbraucht werden als in anderen Stadtteilen. „Im Gegenteil“, so Liffers, der sich ehrenamtlich beim Verein Kultur vor Ort engagiert: „Die Klimakrise verschärft die soziale Spaltung der Stadt und benachteiligt ausgerechnet diejenigen, die am wenigsten zur Klimakrise beitragen.“ Denn Folgen der Klimakrise –  etwa steigende Lebensmittelpreise, Mieten und Energiekosten  – treffen einkommensschwache Menschen besonders hart. Liffers: „Gerade von Rechtsaußen wird das Klima-Thema gerne als eine Art Hobby von woken Mittelschichtsangehörigen markiert, das mit den Problemen der ‚kleinen Leute‘ nichts zu tun hat. Aber: Gerade in ärmeren Quartieren schlagen die Veränderungen, die die Klimakrise mit sich bringt, voll durch. Die Klimakrise wirkt sozusagen wie ein Brandbeschleuniger für die Armutsentwicklung. Gerade mit den ärmeren Menschen hat die Klimakrise also zu tun. Deswegen können wir es uns gar nicht leisten, das Thema Klima außen vor zu lassen, wenn wir über Armut sprechen.“

Thema im Stadtteil verankern

Das Thema treibt Liffers und seine Mitstreiter seit Längerem um. „Auf Stadtteilebene gehen die Bemühungen der Kommune in Sachen Klimawandel sehr stark von der Städtebauförderung aus, etwa mit dem Klimaschutz-Modellquartier. Ein Aspekt bleibt dabei aber völlig unbeleuchtet, nämlich der soziale Aspekt.“ Vor etwa einem Jahr sei deshalb die Idee entstanden, dazu bei einer Veranstaltung mit Menschen und Akteuren aus dem Stadtteil ins Gespräch zu kommen und sie für das Thema zu gewinnen. Nun ist es so weit: Für Mittwoch, 29. Januar, laden Kultur vor Ort, das Quartiersbildungszentrum (QBZ) Morgenland, die Volkshochschule (VHS) West und die Bibliothek zu einer Klimakonferenz ein. Dort wollen sie sich mit Bürgerinnen und Bürgern ebenso wie mit Vertretern von Einrichtungen darüber austauschen, wie der Kampf gegen die Klimakrise mit dem Kampf gegen Armut verbunden werden kann, was die Einrichtungen vor Ort dazu beitragen können und wie eine soziale Klimapolitik aussieht. „Mit der Veranstaltung wollen wir vor allem die Institutionen im Stadtteil gewinnen und erreichen, dass die Verantwortlichen erkennen, dass sie das Thema nicht links liegen lassen können. Aber natürlich ist die Tür offen für alle, die sich für das Thema interessieren. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie das Thema im Stadtteil besser verankert werden kann, und wir wollen auch darüber reden, wie wir dafür Bildungs- und Lobbyarbeit machen können“, sagt Liffers.

Bewusst keine Wahlveranstaltung

Für Denkanstöße werden bei der Veranstaltung Peter Gerhardt und Yara Behrens mit zwei Impulsvorträgen sorgen. Gerhardt ist Geschäftsführer der gemeinnützigen Organisation Denkhausbremen, die sich für eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Zukunft engagiert. Yara Behrens ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Deutschen Klimastiftung. Auf Referenten aus der Politik haben die Organisatoren bewusst verzichtet. Denn, so Liffers: „Wir wollen daraus keine wahlpolitische Veranstaltung machen, darum geht es uns nicht –  auch wenn Politik zu dem Thema viel zu sagen hat.“

Die Organisatoren von QBZ, VHS, Bibliothek und Kultur vor Ort wollen auch weiterhin an dem Thema dran bleiben. „Alle haben auf dem Schirm, dass etwas getan werden muss – aber das macht man nicht von heute auf morgen“, sagt Liffers. Wie es nach der Klimakonferenz konkret weitergeht, sei noch nicht klar: „Wenn sich daraus ergibt, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ball bleiben wollen, dann wollen wir da mithelfen.“ Rund 70 Anmeldungen sind Liffers zufolge bislang eingegangen: „Darunter auch viele aus anderen Stadtteilen. Das zeigt mir, dass das ein bremenweites Thema ist.“

Info

Die Stadtteilkonferenz „Klima, Armut, Gröpelingen – Wie mit sozialer Klimapolitik Armut bekämpft werden kann“ findet am Mittwoch, 29. Januar, von 14 bis 18 Uhr in der Stadtbibliothek West, Gröpelinger Bibliotheksplatz, statt. Der Eintritt ist frei, um Anmeldung wird gebeten unter: https://forms.office.com/e/jHBi2WzkPP.
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