Für Ortsamtsleiterin Cornelia Wiedemeyer und einen großen Teil des Gröpelinger Beirats war es eine Premiere: Vor der Sommerpause hatte das Stadtteilparlament eine Planungskonferenz einberufen, bei der sich die Ortspolitiker mit Vertreterinnen und Vertretern mehrerer Ressorts dazu austauschen wollten, wie ihr Stadtteil zukünftige Herausforderungen meistern soll. Das Ortsgesetz über Beiräte und Ortsämter ermöglicht seit 15 Jahren sogenannte Planungskonferenzen, um die Zusammenarbeit zwischen Beiräten und Behörden zu verbessern. Laut Beirätegesetz soll mindestens einmal pro Wahlperiode eine Planungskonferenz abgehalten werden, auf der „die fachlich zuständigen senatorischen Behörden gemeinsam ihre Planung für den Beiratsbereich rechtzeitig vorstellen.“ In Gröpelingen fand 2010 die erste Planungskonferenz mit Vertretern aus dem Bildungs- und dem Sozialressort statt, 2014 und 2018 gab es zur Schulstandortplanung gemeinsame West-Planungskonferenzen mit den Beiräten Walle und Findorff. Bei Planungskonferenzen 2010 und 2012 ging es in Gröpelingen außerdem um die Schwerpunkte Stadtentwicklung, Verkehr, Bau und Umwelt.
Fünf Stunden und ein umfangreicher Fragenkatalog
Nun war es also wieder so weit – ganze fünf Stunden Zeit hatte sich der Gröpelinger Beirat Ende Juni genommen und Vertreter aus gleich fünf Ressorts ins Nachbarschaftshaus Helene Kaisen eingeladen, um mit ihnen einen umfangreichen Fragenkatalog durchzugehen. So wollten die Ortspolitiker vor allem erfahren, wie die Stadt soziale Teilhabe durch Arbeit und angemessenen Wohnraum sichern, medizinische Versorgung gewährleisten, Armut und Kriminalität bekämpfen und beim Thema Bildung die Chancengleichheit verbessern will.
„Es war ein interessantes Format und eine Gelegenheit zum Austausch mit den Ressorts – so was ist ja nichts, was man mal eben im Fachausschuss oder im Beirat macht“, so das Fazit von Ortsamtsleiterin Cornelia Wiedemeyer nach fünf Stunden Frage-Antwort-Spiel. In Sachen Erkenntnisgewinn war Wiedemeyer dabei aber keinesfalls hundertprozentig zufrieden. „Wir haben unsere Fragen sehr detailliert gestellt und den Fragenkatalog den Ressorts auch schon sieben bis acht Wochen vor der Veranstaltung zukommen lassen“, sagt sie, „die Antworten waren aber nicht so detailliert, wie wir es uns erhofft hatten. Da werden wir an der einen oder anderen Stelle sicher noch einmal nachhaken. Wichtig war uns, dass wir überhaupt die Gelegenheit zu solch einem Austausch haben. Und wir wollten auch zum Ausdruck bringen, dass wir Themen haben, die ressortübergreifend angegangen werden müssen.“
„Ein bisschen unkonkret“ und „alles ziemlich vage“, fand Beirats- und Bildungsausschusssprecher Martin Reinekehr (SPD) die Aussagen einiger Behördenvertreter. Enttäuscht zeigte er sich dabei vor allem vom Themenkomplex Kinder und Bildung – auch wenn hier einige Gäste in ihren Aussagen klar, ehrlich und informativ gewesen seien: „Ansonsten muss man aber sagen: Im Westen nichts Neues. Es gab die üblichen Zahlen zu Bauvorhaben im Kitabereich – aber wo das Personal herkommen soll? Keine Angaben!“
Von der Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration wiederum hätten die Ortspolitiker gerne einmal konkrete Zahlen dazu gesehen, wie viele Stellen auf dem zweiten Arbeitsmarkt in Gröpelingen gestrichen wurden beziehungsweise werden. Gemeint sind damit sogenannte Arbeitsgelegenheiten (AGH, früher: Ein-Euro-Jobs) sowie 16e- und 16i-Stellen – 16e und 16i sind zwei Paragrafen im Sozialgesetzbuch, die die Förderung von Arbeitsplätzen für Langzeitarbeitslose regeln – und seit neuestem auch ESF-Stellen. Diese werden über Gelder finanziert, die Bremen aus dem Europäischen Sozialfonds erhält – und die früher als erwartet ausgeschöpft wurden. Entsprechende Zahlen nannte der zu diesem Punkt eingeladene Abschnittsleiter Steffen Hagemann aus dem Sozialressort nicht – versicherte aber: „Wir versuchen da, kurz- bis mittelfristige Perspektiven zu schaffen. Wir kennen unsere Projekte und haben die Laufzeiten im Blick.“ Bislang konnten demnach etwa 300 16i/16e-Stellen bis zum 31. Dezember verlängert werden. Und dann? „Es ist wichtig, den Leuten noch in diesem Jahr eine Perspektive zu geben. Was im Dezember erstmal weg ist, wird im März dann nicht einfach so wieder da sein“, unterstreicht Ortsamtsleiterin Cornelia Wiedemeyer und Kristin Blank (SPD), Sprecherin des Fachausschusses Arbeit, Wirtschaft und Soziales, unterstreicht‘: „Es geht dabei ja auch um die Teilhabe von armutsbetroffenen Menschen und es wäre gut, in die Politik zu transportieren, dass nicht alle am ersten Arbeitsmarkt standhalten können.“
Ortsamt will übrig gebliebene Fragen sortieren
Wenn demnächst das Angebot „Sprungbrett“ an der Holsteiner Straße in Walle wegfalle, habe dies fatale Folgen, warnt Dieter Winke (Linke): „Die Leute fallen zurück in Suchtverhalten, werden auffällig und müssen in Einrichtungen.“ Dies werde Gröpelingen stärker treffen als etwa Schwachhausen oder Oberneuland, ist Ortsamtsleiterin Wiedemeyer überzeugt, die von den Behördenvertretern deshalb gerne wissen wollte: „Was ist da die Strategie der Ressorts?“ Über ihr Ressort sei durchaus viel Geld im System, sagt dazu Abteilungsleiterin Petra Kodré aus dem Sozialressort: „Wir versuchen schon, wichtige Projekte zu erhalten.“ Es wird aber Einsparungen geben, so viel ist klar – „und da sollten Sie unbedingt hier vor Ort rechtzeitig auch mit dem Beirat das Gespräch suchen“, so Wiedemeyer, die sich vorgenommen hat: „Wir werden im Ortsamt jetzt die Zeit nutzen, um die einzelnen Punkte zu sortieren und zu gucken, welche Fragen da noch übrig geblieben sind.“