In Gröpelingen trifft man sich jetzt am Bürgermeister-Koschnick-Platz. Am Freitag wurde das zentrale Stückchen Gröpelingen im Eingangsbereich der Straße Am Ohlenhof eingeweiht. Mit der Benennung solle nicht nur „die bedeutendste Persönlichkeit der Bremer Nachkriegsgeschichte“ geehrt werden, sagte einer von Koschnicks Amtsnachfolgern, der amtierende Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte, anlässlich der Einweihung. Der Platz solle vor allem an einen echten „Gröpelinger Jung“ erinnern. Denn bei all seinen Verdiensten, Auszeichnungen und Ehrungen habe Koschnick „nie vergessen, woher er kommt.“ Daher sei er sich auch sicher, so der Bürgermeister: „Obwohl Koschnick kein Gewese um seine Person mochte – diese Feier hätte ihm bestimmt gefallen.“
Seine frühen Jahre hatte der kleine Hans nur einen Spaziergang entfernt im Haus seiner Großeltern an der Geeststraße verbracht, denn die Eltern hatte man ihm jahrelang genommen. Der Vater, kommunistischer Gewerkschaftsfunktionär, war am 1. Mai 1933 verhaftet und wegen Hochverrats verurteilt worden. 1934 wurde auch die Mutter von der Gestapo abgeholt und für ein Jahr inhaftiert. Die frühen Erfahrungen des Arbeiterjungen – die wirtschaftliche Not, die politische Drangsalierung – haben Koschnick lebenslang geprägt, sagte Bovenschulte. Diese Erfahrungen erklärten auch „seine Solidarität mit den Ärmeren der Gesellschaft, seinen Kampf gegen Not und Elend, die konsequent antifaschistische Grundhaltung und sein Bestreben, Brücken zu bauen.“
In Koschnicks Amtszeit als Bürgermeister in den Jahren 1967 bis 1985 fiel die Gründung der Bremer Universität, und mit ihr wechselte 1971 ein junger frisch promovierter Wirtschaftswissenschaftler namens Rudolf Hickel aus Tübingen in die Hansestadt. Koschnicks entscheidender Beitrag an der Gründung der Hochschule sei nicht zu unterschätzen, betonte Hickel in Gröpelingen. Er hatte sich dafür eingesetzt aus „Sehnsucht, den weit und breit diskriminierten Arbeiterkindern den Zugang zur Universität zu erleichtern.“

Auch Rudolf Hickel war zur Platzeinweihung gekommen. Der Wirtschaftswissenschaftler und Hans Koschnick waren lange Zeit Weggefährten.
Jahrzehntelang waren der Professor und der, so Hickel, „hochintelligente Bürgermeister“ Weggefährten. Als Augenzeuge habe er auch den bittersten Tag in Koschnicks Amtszeit miterlebt, erzählte der 81-Jährige: Es war der Tag im September 1983, als Koschnick dem Betriebsrat der AG Weser mitteilen musste, dass alle Verhandlungen gescheitert waren und die Werft nicht mehr zu retten war. Ein Fernsehteam habe damals den Moment aufgenommen, als deutlich eine Träne im Gesicht des Bürgermeisters zu sehen war.
Nicht alle wollten Koschnick damals die ehrlichen Gefühle abnehmen, erzählte Hickel. „Doch er war tief, tief betroffen.“ Bis zum Schluss habe er für „use Akschen“ und für seine Leute gekämpft. Doch gegen die Kapitalinteressen sei er chancenlos gewesen. „In Gesprächen hat er immer wieder gesagt: Das waren die schlimmsten Stunden meines Lebens.“ Die Tatsache, dass die Nachwirkungen der Werftschließung weniger verheerend waren als befürchtet, sei ebenfalls ein Verdienst Koschnicks, so der Wirtschaftswissenschaftler: Er hatte gegen große Widerstände für die Ansiedlung des Daimler-Werks in Sebaldsbrück gekämpft, in dem später viele ehemalige Werftarbeiter neue Arbeit fanden.
Politisches Vorbild
Für sie sei Hans Koschnick immer das politische Vorbild gewesen, erklärte die Gröpelinger Beiratssprecherin Barbara Wulff (SPD). Wenige Wochen nach Koschnicks Tod am 29. April 2016 hatte der Gröpelinger Beirat beschlossen, den Platz nach dem großen Gröpelinger zu benennen. „Er hätte es schon zu Lebzeiten verdient“, so die Beiratssprecherin.
Der Zustand des Areals im Kreuzungsbereich Heerstraße, Ohlenhof und Lindenhofstraße hatte den Beirat noch länger beschäftigt. Jahrelang war das Areal durch die zunehmend verwahrloste Ruine des ehemaligen Modehauses C.A. Klein geprägt. Im Rahmen des Integrierten Entwicklungskonzepts Gröpelingen und mit Mitteln in Höhe von 560.000 Euro aus dem Städtebauförderungsprogramm wurde der Platz saniert und aufgemöbelt, wie Bausenatorin Maike Schaefer erklärte. Geschwungene Sitzbänke laden nun zum Ausruhen und Plauschen ein, ein Trinkwasserbrunnen ist geplant.
Sechs robuste junge Blasen-Eschen sollen Aufenthaltsqualität und Stadtklima verbessern. „Das wird der Platz für Begegnung und Austausch in Gröpelingen“, prophezeite die Senatorin. Zusätzlicher Frequenzbringer soll die Sparkasse Bremen sein, die in absehbarer Zeit ihre Filiale im neuen Ohlenhof-
Carree beziehen wird.

Vier von fünf Koschnick-Nachfolgern (von links): Klaus Wedemeier, Henning Scherf, Andreas Bovenschulte und Carsten Sieling. Jens Böhrnsen hätte die Reihe komplett gemacht.
Die Bremer Straßenbahn-AG hat schnell und unbürokratisch ihren Teil dazu beigetragen, dass sich der neue Name stadtweit etabliert, berichtete die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Petra Krümpfer: Die Haltestelle vor dem Platz heißt jetzt Lindenhofstraße/Bürgermeister-Koschnick-Platz.
Ortsamtsleiterin Ulrike Pala hatte in ihrer Begrüßung eine lange Liste an Gästen zu bedenken, darunter Frank Imhoff, Präsident der Bremischen Bürgerschaft, sowie die drei ehemaligen Bremer Bürgermeister Henning Scherf, Klaus Wedemeier und Carsten Sieling. Vor Ort waren auch ehemalige Senatoren aus Koschnicks Senat, Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft und des Gröpelinger Beirats sowie Vertreter der Botschaft Bosnien-Herzegowinas.
Einen Gast hätte man besonders gerne begrüßt: Christine Koschnick, Witwe des Geehrten, hatte mit Bedauern und aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Barbara Wulff hatte wenige Tage vor der Veranstaltung mit der 96-Jährigen telefoniert und durfte ihre Grüße ausrichten. „Sie sagte, sie freut sich sehr, dass ihr Hans in Gröpelingen nicht vergessen wird.“