In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Raubüberfälle auf Straßen, Wegen und Plätzen in Gröpelingen und Oslebshausen kontinuierlich von 42 im Jahr 2017 auf 19 im Jahr 2020 gesunken: Dies geht aus den Zahlen zur Kriminalstatistik 2020 für Findorff, Walle, Gröpelingen und Oslebshausen hervor, die Ende vorigen Jahres den Stadtteilbeiräten von Vertretern der Polizei präsentiert worden sind. Auch im Gebiet Walle / Findorff sind die Zahlen von 47 Delikten im Jahr 2017 auf 15 im Jahr 2020 zurückgegangen – eine positive Entwicklung also.
Doch seit dem 8. Januar sorgt eine brutale Attacke in Gröpelingen und in den sozialen Netzwerken für Gesprächsstoff und Empörung: Kurz nach Ladenschluss um 20 Uhr hatten sich vier maskierte junge Personen aus dem Dunklen heraus auf zwei Mitarbeiterinnen des Nahkauf-Marktes an der Seewenjestraße sowie auf den Ehemann einer der Frauen gestürzt.
Die Angreifer warfen ihre Opfer zu Boden, malträtierten sie mit Fußtritten, versprühten Pfefferspray und entrissen schließlich einer der Frauen die Handtasche. Anschließend flüchteten die Täter, bislang noch unerkannt. Die drei Gröpelinger, die sich bisher in ihrem Stadtteil stets wohl und sicher gefühlt hatten, wurden bei dem Überfall erheblich verletzt.
Die Polizei hatte nach dem Überfall unter anderem über den WESER-KURIER Zeugen dazu aufgerufen, Beobachtungen und Hinweise zu dem Verbrechen mitzuteilen. Und nun? Dazu gibt es im Stadtteil ganz unterschiedliche Ansichten. Einige Akteure aus dem Stadtteil – Einzelpersonen, Geschäftsleute aus dem Handwerk, der Dienstleistungsbranche, dem Einzelhandel, dem Verkauf und Verantwortliche verschiedener sozialer und Bildungseinrichtungen – haben beschlossen, dass sie nicht einfach zur Tagesordnung übergehen wollen. Sie haben eine Belohnung in Höhe von insgesamt 10.000 Euro für die- oder denjenigen ausgesetzt, dessen sachdienliche Hinweise zur Festnahme der Täter führen. Damit möchten die Unterstützer der Initiative ein klares Signal setzen: „Wir dulden keine Raubüberfälle in unserem Stadtteil.“
Gerne möchte die Initiative, die ihr Vorgehen mit Polizei und Staatsanwaltschaft abgestimmt hat, weitere Bürgerinnen und Bürger aus dem Stadtteil dazu animieren, es ihr gleich zu tun und das Spendenkonto DE15 2905 0101 0083 2376 02 (Verwendungszweck: Spende Vorgang Nahkauf) bei der Sparkasse Bremen weiter aufzufüllen. „Jeder Euro ist ein Ausdruck der Solidarität, des Mitgefühls und der Abscheu gegenüber diesem Überfall auf wehrlose Menschen. Und jeder Euro erhöht gleichzeitig die Chance auf die Ergreifung der Täter“, heißt es in einem Aufruf, mit dem sich die Akteure an die Presse gewandt haben. Sollte es nicht gelingen, die Täter zu ermitteln, will die Initiative die gespendete Summe an die Opferschutzorganisation Weißer Ring Bremen weitergeben. Bei dem Verein engagieren sich etwa 2900 ehrenamtliche Opferhelferinnen und Opferhelfer in mehr als 400 Außenstellen.
Die Täter, die am 8. Januar in Gröpelingen zuschlugen, seien wahrscheinlich noch sehr jung, vermuten die Akteure, die sich nun mit ihrer privaten Initiative hinter die überfallenen Supermarkt-Mitarbeiterinnen gestellt haben. Neben ihrer Solidarität mit den Opfern möchten sie einem Sprecher zufolge mit ihrer Aktion auch eine Botschaft an die Täter zum Ausdruck bringen: „Ihr seid auf dem falschen Weg! Ihr fügt anderen Menschen einen erheblichen körperlichen und psychischen Schaden zu und verpatzt Euer eigenes Leben. Kehrt jetzt schnell um, stellt Euch und macht das wieder gut! Dann könnt Ihr vielleicht auf Milde hoffen und auf Unterstützung bei der Gestaltung Eures weiteren Lebensweges. Andernfalls landet Ihr früher oder später hinter Gittern!“
Auch im Präventionsrat Bremen-West, der sich 2008 beim Gesundheitstreffpunkt West (GTP) gegründet hat, um die Lebensqualität und das Miteinander im Stadtteil zu stärken, ist der Überfall ein Thema. Die Unterarbeitsgruppe „Zukunft Gröpelingen“ werde sich bei ihrem nächsten Treffen über das weitere Vorgehen austauschen, sagt GTP-Mitarbeiterin Wilma Warbel, die aktuell im Begriff ist, die Koordination des Präventionsrats in die Hände von Kim Isabel Rathjen zu übergeben: „Wir werden über Aktionen für mehr Zivilcourage und Zusammenhalt im Stadtteil nachdenken, und auch Opferschutz wird dabei sicher ein Thema sein.“