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Kanalsanierung vor Straßenbahnbau Kahlschlag an Stresemannstraße geplant

In der Bennigsenstraße und Stresemannstraße stehen mehr als hundert Bäume wegen des Baus einer Straßenbahntrasse vor der Fällung. Anwohner wollen die Bäume retten.
12.08.2021, 05:00 Uhr
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Kahlschlag an Stresemannstraße geplant
Von Christian Hasemann

Diese Nachricht sorgt für Aufregung in Hastedt: Für Kanalbauarbeiten sollen entlang der Stresemannstraße und der Bennigsenstraße Bäume gefällt werden. Die Sanierung der Abwasserleitungen ist ein Vorgriff auf die geplante Straßenbahnverbindung, der sogenannten Querverbindung zwischen der Östlichen Vorstadt und der Vahr. 

Derzeit befindet sich das Verfahren zur Kanalsanierung in der Phase in der die sogenannten Träger öffentlicher Belange (TÖB) angehört werden müssen. Gemeint sind damit Verwaltungen, Behörden, aber auch Unternehmen, deren Dienste von den Bauarbeiten betroffen sein könnten. Dazu zählen zum Beispiel das Amt für Straßen und Verkehr (ASV), der Umweltbetrieb Bremen (UBB) und die Feuerwehr Bremen. Angehört wird außerdem der Hemelinger Beirat. Dort ist man mit dem Informationsfluss nicht zufrieden.

"Die Informationen reichen uns nicht", sagt Gerhard Scherer (CDU), Sprecher des Bauausschusses des Beirats. "Wir lassen uns nicht unter Druck setzen und wollen uns das erst genauer vorstellen lassen", nimmt er Bezug auf die Frist für den Beirat, sich bis Mitte August zu äußern. Für ihn seien die Pläne überraschend gekommen. "Offenbar will man vollendete Tatsachen schaffen, obwohl noch eine Klage läuft", mutmaßt er. Scherer spielt damit darauf an, dass derzeit ein Klage gegen das Projekt Querverbindung läuft.

Tatsächlich habe sich an dem laufenden Klageverfahren nichts geändert, teilt ein Vertreter des klagenden Unternehmers auf Nachfrage des Stadtteil-Kurier mit. Weder stehe eine Lösung in Aussicht noch sei ein Gerichtstermin absehbar.

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Ungeklärt sind für Scherer noch weitere Fragen: "Die Bauphase, die Straßenführung. Was ist mit der Zufahrt zur Recyclingstation? Wie kommt die Feuerwehr raus? Das ist alles nicht geklärt und nicht mit dem Beirat besprochen", so Scherer, der nun auf weitere Informationen in einer kommenden Ausschusssitzung pocht.

Uwe Janko (FDP), Beiratsmitglied in Hemelingen, ist Gegner des Projekts. Er sieht keine Notwendigkeit für das Abholzen. "Es ist absolut nicht notwendig, die Bäume zu fällen." Die Abwasserrohre könnten doch unter die Fahrbahn "Man will Fakten schaffen, denn wenn die Bäume weg sind, ist auch der Widerstand gebrochen", vermutet auch er.

Der stellvertretende Beiratssprecher Heinz Hoffhenke (CDU) wohnt in unmittelbarer Nähe zur zukünftigen Baustelle an der Stresemannstraße/Bennigsenstraße. "Man muss sich vor Augen führen, wie lange dort die Bauarbeiten dauern werden." Es sei Wahnsinn, wenn man nach Klimaschutz schreie, aber dann jemand mit der Säge dabei gehe und über 150 Bäume fälle.

Schwarzer Peter für Hansewasser

Den Schwarzen Peter bekommt derzeit das Unternehmen Hansewasser zugeschoben. Das Unternehmen ist zuständig für die Abwasserentsorgung in Bremen. In der Bennigsenstraße und in der Stresemannstraße liegen teilweise mehr als hundert Jahre alte Abwasserrohre, die nach Angaben des Unternehmens zum Teil schadhaft sind und saniert werden müssen. Im Zuge der Umbauarbeiten für die Querverbindung müssen diese Arbeiten als erstes abgeschlossen sein – bevor die Arbeiter die neuen Gleise, die neuen Fahrbahnen und die Geh- und Radwege anlegen. 

Der Ärger über die in einer Mitteilung von Hansewasser genannten notwendigen Fällungen für den Kanalbau trifft nun das Unternehmen. "Wenn die BSAG dort nicht baut, hätten wir genügend Platz für einen noch größeren Kanal, ohne dass Bäume gefällt werden müssten", stellt Arne Schmüser Bereichsleiter Ingenieurdienste bei Hansewasser klar. "Es wird ein separiertes Gleis für die Straßenbahn geben und dann werden die Straßenanlage und neue Wege für Rad- und Fußwege angelegt. Das ist der Grund, warum die Bäume gefällt werden", erklärt der Ingenieur. Ähnlich ist es in der Bennigsenstraße: Auch dort muss Platz für die Straßenbahntrasse geschaffen werden. Dort soll ein Großteil der Bäume fallen. Insgesamt sehen die Planungen in beiden Straßen die Fällung von insgesamt über 150 Bäumen vor.

Straße wird breiter

Letztlich sind also nicht die Kanalarbeiten an sich ursächlich für den voraussichtlich anstehenden Kahlschlag im kommenden Winterhalbjahr, sondern die Gesamtplanung für die Querverbindung, die eine deutliche Verbreiterung der Stresemannstraße vorsieht. Je zwei Fahrbahnen stadtein- wie stadtauswärts, in der Mitte die Straßenbahntrasse sowie neue Nebenanlagen, jeweils auf der nördlichen und südlichen Seite ungefähr auf Höhe der ersten Baumreihen. 

Die neuen Kanalrohre sollen ungefähr dort verlegt werden, wo zukünftig die neuen Fahrbahnen entstehen. Der Raum unter den Straßenbahngleisen ist hingegen nicht für das Abwassersystem geeignet. "Da würden die unter einer Betondecke und den Gleisen liegen, da würde man nie wieder rankommen", so Schmüser. Sollte das Klageverfahren zu einer Beerdigung des Projekts Querverbindung führen, würde Hansewasser hingegen in der bisherigen Kanaltrasse bleiben, Baumfällungen seien dann nicht notwendig. 

Nötig ist die Sanierung nach Auskunft von Hansewasser aber in jedem Fall. "Das sind gemauerte Ei-Profile, die vor hundert Jahren gebaut wurden. In der Mitte gibt es schon schadensbedingte Notwendigkeiten." Sinnvoll sei der Ausbau des Kanals allein schon aus hydraulischen Gründen und wegen des Klimawandels. "Damit wir dort mehr Stauraum haben, zum Beispiel bei Starkregen", erklärt Schmüser.

Blockaden angekündigt

Für die Trassengegner bleibt der Umgang mit den Bäumen hingegen die Kardinalfrage. "Was ist, wenn die Querspange doch nicht kommt? Heißt es dann April, April?", fragt Tierärztin Alexandra Dörnath, die ihre Praxis an der Bennigsenstraße hat und seit 2014 für den Erhalt der Bäume kämpft. "Es blutet einem das Herz, wenn man in die Kronen der Bäume guckt und weiß, dass sie gefällt werden sollen." Bäume seien wichtig für das Klima. "Ohne Bäume wird es bei uns heiß in der Stadt", fügt sie an. Dörnath kündigt außerdem an, die Abholzung zu blockieren – notfalls indem sie die Bäume besetze.

Zur Sache

Querverbindung Ost

Die Querverbindung Ost soll künftig die Vahr besser an die Innenstadt anbinden. Geplant sind eine Verlängerung der Trasse von der Steubenstraße über die Stresemannstraße und Bennigsenstraße und der Anschluss an die Trasse der Linien 2 und 10. Während das Projekt im Beirat Vahr auf große Zustimmung stößt, gibt es in Hemelingen auch ablehnende Stimmen. Der Grund: Eine der beiden Linien würde zukünftig nicht mehr nach Sebaldsbrück fahren, sondern in die Vahr abbiegen. Daneben sehen viele Menschen im Stadtteil die Baumfällungen kritisch.

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