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Übergangswohnheim statt Park Neue Idee für Brachfläche

Eine Brachfläche in Hemelingen soll zu einem Park umgebaut werden, dem stehen Antikorruptionsvorgaben der Stadt entgegen. Nun könnte dort vorerst ein Containerdorf entstehen.
25.06.2021, 16:39 Uhr
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Neue Idee für Brachfläche
Von Christian Hasemann

Für manche Hemelinger schläft sie schon länger als Dornröschen: die Brachfläche an der Diedrich-Wilkens-Straße zwischen Coffein Compagnie, Tamra-Hemelingen-Park und Bahngleisen. Seit Jahren liegt sie stumm und verlassen da und sorgt doch immer wieder für Gesprächsstoff. Viele sähen an der Stelle gerne einen Park. Nach dem Sommer könnte nun Bewegung in die Sache kommen. Allerdings anders als gedacht.

Um im Märchen zu bleiben: Schon vor fast vier Jahren deutete sich an, dass ein Prinz die Schlafende, um die herum tatsächlich Dornengebüsch wächst, wach küssen könnte. Damals bot Bernd Schopf, als Eduscho-Erbe ähnlich vermögend wie ein Prinz, der Stadt an, sich an dem Umbau der Brachfläche zu einem Park zu beteiligen. 

Spenden werden geprüft

Dieser Kuss blieb allerdings bisher aus. Das lag nun nicht an einem Drachen oder einem Riesen, der dem Prinzen auflauerte, sondern an einem ganz anderen Widersacher: Der Bürokratie – für manche durchaus auch ein vielköpfiges Monster wie die Hydra aus der griechischen Sagenwelt. Tatsächlich hat dies aber einen durchaus ernsten Hintergrund:  Bei größeren Spenden und Schenkungen an die Stadt muss geprüft werden, ob diese in Einklang zu bringen sind mit den Antikorruptionsvorgaben. Sprich: Es muss ausgeschlossen sein, dass sich Privatleute, Unternehmen oder Stiftungen durch eine Schenkung Vorteile oder Gefälligkeiten erkaufen.

Offenbar geht es um einen höheren sechsstelligen Betrag – das jedenfalls besagen nicht zu bestätigende Gerüchte. Unrealistisch ist diese Summe für die Anlage eines Parks indessen nicht, insbesondere vor dem Hintergrund, dass weite Teile des Geländes mit Sand aufgeschüttet wurden, der abgetragen und durch Mutterboden aufgefüllt werden müsste. 

Spenden an die Stadt oder ihre Einrichtungen sind nicht ungewöhnlich. In jedem Jahr gibt das Finanzressort den "Bericht über die Annahme und Verwendung von Beträgen aus Sponsoring, Werbung, Spenden und mäzenatischen Schenkungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben der Freien Hansestadt Bremen" heraus. Die größten Empfänger von Spenden und Schenkungen sind dabei die Hochschulen und die Universität. Insgesamt kam 2020 eine Summe von 5,7 Millionen Euro zusammen. Demnach wäre eine Beteiligung Schopfs in der mutmaßlichen Dimension eher außergewöhnlich. Die Prüfung des Angebots dauert wohl auch deswegen noch an.

Nach Auskunft des Innenressorts wurde die Prüfung in der Zentralen Antikorruptionsstelle bereits im August 2020 abgeschlossen, seitdem liegt der Vorgang zur weiteren Prüfung im Bauressort. Das Innenressort sehe das Angebot als Spende an, heißt es in der Antwort. Diese Annahme sei dann zulässig, wenn eine Beeinflussung des Verwaltungshandelns ausgeschlossen sei. Diese Frage sei vom zuständigen Ressort zu prüfen. Damit liegt der Ball also im Feld der Baubehörde.

Nach dem Sommer könne mit einer Entscheidung gerechnet werden, teilte auf Nachfrage Jens Tittmann, Pressesprecher des Bauressorts mit. In welche Richtung das Pendel der Antikorruptionsbeauftragten in Baubehörde und Innenressort derzeit ausschlägt, ist nicht absehbar.

Den Stadtteilpolitikern in Hemelingen dauert das Verfahren jedenfalls viel zu lange. "Die Stadt schläft in diesen Dingen", ärgert sich Gerhard Scherer (CDU), Sprecher des Bauausschusses. "Das kann es nicht sein, der eine schiebt es auf den anderen." Auch Hans-Peter Hölscher (SPD), Sprecher des Stadtteilentwicklungsausschusses, hat wenig Verständnis. "Man kann es nicht nachvollziehen, dass die Prüfung so lange dauert."

Neuer Mitspieler

Inzwischen hat die Brachfläche auch das Interesse eines anderen Senatsressorts geweckt. Man möchte sagen, der Prinz muss sich beeilen, sonst freit womöglich ein Konkurrent die Schlafende. So lässt die Sozialbehörde prüfen, ob das Gelände für das Rote Dorf geeignet ist. Das Rote Dorf ist ein Übergangswohnheim aus Containern, das in der Überseestadt stand, derzeit aber eingelagert ist.

Bernd Schneider, Pressesprecher des Sozialressorts, bestätigt die Suche nach geeigneten Flächen. "Wir haben Interesse daran, das Dorf wieder aufzubauen, haben aber dafür noch keine Gelände." Ein geplanter Umzug des Dorfes nach Woltmershausen scheiterte bereits.

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Zum Ende des Jahres würden einige Flüchtlings-Einrichtungen im Land Bremen schließen. "Und so müssen Plätze ersetzt werden", so Schneider. Während der Corona-Krise hatte das Sozialressort neue Standorte aufgebaut, um die engen Wohnverhältnisse unter anderem in der Zentralen Aufnahmestelle zu entzerren. "Immer nur knappe Kapazitäten bereitzuhalten, kann sich rächen", so Schneider. Im Sozialressort sei man froh, dass man die Kapazitäten nicht radikal heruntergefahren habe. "Es ist Dynamik im System", sagt Schneider. Die Container des Roten Dorfes seien reine Wohnmodule. Für Kitas oder Schulen eigneten sie sich daher eher nicht, so Schneider weiter. 

Grundsätzlich ist sowohl für Scherer als auch für Hölscher ein Übergangswohnheim auf der Brachfläche denkbar. "Ich kann mir alles vorstellen, wenn die Stadt die Fläche braucht", so Scherer. Aber man müsse schauen, ob die Menschen dort im Abseits stehen würden. "Das muss ja auch passen und muss organisiert werden." Generell müsse vorab mit dem Beirat gesprochen werden. 

"Wir haben immer geholfen in Hemelingen", sagt Hölscher. Er könne sich das Rote Dorf durchaus in Hemelingen vorstellen. "Aber die Bedingungen müssen stimmen", sagt auch er. Sollte es mit dem Engagement von Schopf nicht klappen, sei vielleicht ein Deal mit der Stadt vorstellbar, bei dem das Rote Dorf für zwei, drei Jahre in Hemelingen aufgebaut werde und die Stadt im Anschluss den Park finanziere.

Zur Sache

Stifter, Spender, Mäzenen

In den vergangenen Jahren bewegte sich die Summe der Spenden und Schenkungen in Bremen auf einem Niveau von etwa 5,5 Millionen Euro. In den jährlichen Berichten des Finanzressorts werden alle Spenden über 5000 Euro aufgelistet. Für 2020 weist der Bericht Leistungen Privater in einer Gesamthöhe von 5,7 Millionen Euro aus, davon 5,4 Millionen Euro Spenden, Sponsoringleistungen in Höhe von 277,364 Euro und mäzenatische Schenkungen in Höhe von 17,205 Euro. Alleine 3,4 Millionen Euro an Geldspenden bekam die Universität Bremen. Spender waren unter anderem die Daimler AG, OHB System AG, Volkswagen und Google. Bei Spenden und Zuwendungen über 500,000 Euro oder wenn die Folgekosten mehr als 100,000 Euro pro Jahr übersteigen, muss die Zustimmung des Senats eingeholt werden. Ab 5000 Euro müssen Spenden vertraglich festgehalten werden. 

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