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Digitales Lernen Die Uni startet – aber immer weniger gehen hin?

Studierende der Universität Bremen bleiben immer öfter zu Hause und lernen digital. Ein Trend, der die Universität vor Herausforderungen stellt. Wie kann man die Studierenden wieder auf den Campus locken?
11.09.2025, 05:00 Uhr
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Die Uni startet – aber immer weniger gehen hin?
Von Timo Thalmann

Stell dir vor, das Studium startet und keiner geht hin. Klingt merkwürdig angesichts von immer mehr Studienanfängern. Aber aus der Sicht von Verantwortlichen der Universität Bremen ist das ein reales Problem. "Warum sollte ich zur Uni kommen, wenn ich mir den Inhalt auch digital zu Hause aneignen kann?", beschreibt Betina da Rocha diese Haltung. Seit 24 Jahren ist sie als Studienberaterin an der Uni Bremen aktiv. In dieser Zeit hätten sich viele Dinge bei den Studierenden kaum verändert, aber fehlende Präsenz, wo immer es geht, das sei ein neues Phänomen.

Und es ist zumindest so verbreitet, dass sich deswegen dieses Jahr Studierende und Dozierende zusammengesetzt haben, um herauszufinden, warum immer weniger Menschen zum Lernen auf den Campus kommen. Auch die Frage, welche Anreize geschaffen werden könnten, um den Trend wieder umzukehren, war dabei Thema. Konkrete Ergebnisse gibt es aber bislang nicht.

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Bis dahin kann da Rocha Studierenden nur raten, die Universität auch physisch zu besuchen. Gemeinsam mit Kommilitonen und Kommilitoninnen das Gelernte zu reflektieren und zu hinterfragen, sei mindestens genauso wichtig wie die Studieninhalte an sich. Da Rocha empfiehlt dabei, eine "offene, neugierige Haltung für den neuen Lebensabschnitt" zu haben. Ihr eindringlicher Tipp: "Für die Selbstständigkeit ist es am besten, von zu Hause auszuziehen." Das gilt vor allem für die 40 Prozent Studierende, die direkt aus Bremen stammen und wo die Versuchung groß ist, einfach weiterhin bei den Eltern zu wohnen. Zugleich weiß da Rocha natürlich auch, dass eigener Wohnraum finanziert werden muss und Jobs neben dem Studium zusätzliche Belastungen bedeuten.

Katrin Huhn-Frehers, Studiendekanin des Fachbereichs Geowissenschaften, erlebt die heutigen Erstsemester insgesamt als weniger selbstständig als ihre Vorgänger. Und so sieht es auch Micòl Feuchter, Studiengangskoordinatorin für Sportwissenschaft an der Universität Bremen. "Vielleicht kann man aber auch frühere Studentengenerationen aus der Zeit vor den Bolognareformen nicht mit den heutigen Erstis vergleichen", schränkt sie ein. Seitdem bestünden die Studiengänge aus vielen Modulen, die Organisation sei einerseits deutlich schwieriger geworden, gleichzeitig gebe es viel engere Vorgaben und weniger selbstständige Entscheidungsmöglichkeiten. Das heutige Studium gilt insgesamt als deutlich verschulter als noch vor 30 Jahren.

"Trotzdem hilft es, sich zu fragen, was man sich vom Studium wünscht und erwartet", sagt Huhn-Frehers. Das sei schon deshalb wichtig, um nicht erst nach mehreren Semestern zu bemerken, dass der gewählte Studiengang vielleicht doch nichts für einen ist.

Zugleich versucht die Uni, der Lebenswelt der Studierenden entgegenzukommen, etwa bei dem im vorigen Jahr neu eingerichteten Studiengang Sportwissenschaften. Dass Sport heutzutage öfter im Fitnessstudio oder allein zu Hause mithilfe von Work-out-Videos auf Youtube gemacht werde, gilt als gesetzte Rahmenbedingung. Es werden darum mehr digitale Werkzeuge genutzt, was für die Studienanfänger offenbar die kleinere Hürde ist als der reale Unibesuch.

Da Rocha und Huhn-Frehers bestätigen, dass heutige Erstsemester beim Umgang mit der digitalen Infrastruktur der Universität oder digitalen Medien deutlich kompetenter seien als früher. Auch seien Studierende heutzutage selbstbewusster und Huhn-Frehers hebt hervor, dass die neuen Generationen bei politischen Themen deutlich engagierter seien als Studierende in den Generationen davor.

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Ein paar Sachen allerdings haben sich nach da Rochas Beobachtungen in all den Jahren nie verändert. Die Motivation Studierender hänge zum Beispiel schon immer davon ab, ob die Lehrenden ein attraktives Angebot machten. Und den Hang, beim Lernen ziemlich ökonomisch zu denken, habe es bei Studierenden ebenfalls schon früher gegeben. "Auch vor 20 Jahren wurde oft nur das Nötigste getan, um die gewünschten Noten zu erreichen."

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