Ihre 70 Jahre sind Ilse Wehrmann nicht anzumerken. Sie sprüht nur so vor Ideen, wenn es um das Wohl und die Zukunftschancen von Kindern geht. Die Erziehungsexpertin brennt für ihre Mission, nicht umsonst hat sie allein 70 Kitas für die Evangelische Kirche aufgebaut. Dieser Beruf ist für sie zur Berufung geworden. Und so zitiert sie bei dem Pressegespräch anlässlich der Einweihung der Erweiterung der Kita Walljunioren ein Wort von Nelson Mandela: „Eine Gesellschaft offenbart sich darin, wie sie mit ihren Kindern umgeht“. Gemessen daran ist es um Bremen alles andere als rosig bestellt, findet sie.
Und das lässt Ilse Wehrmann keine Ruhe. Rund 2000 Kita-Plätze fehlen in der Hansestadt immer noch. Das sei schon vor vier Jahren so gewesen, betonen die Wirtschaftsjunioren Sebastian Schmitt und Fabian Markmann, als sie einen Termin mit Senatorin Claudia Bogedan in der Bildungsbehörde hatten, um vehement diesen eklatanten Mangel zu kritisieren. Ihre Antwort damals: „Na, dann werden Sie doch selbst aktiv!“ Gesagt, getan. Sie holten für ihr Vorhaben die Erziehungsexpertin Ilse Wehrmann mit ins Boot, die in Sachen Kita-Planung überall in der Republik erfolgreich unterwegs ist. Den Kampf gegen die Windmühlenflügel der Bürokratie sei sie in Bremen gewöhnt, sagt sie.

Sebastian Schmitt und Fabian Markmann (hinten) sind stolz auf die Kita Walljunioren.
Was die jungen Unternehmer vor vier Jahren noch nicht ahnen konnten: Der Weg zur Kita Walljunioren mit 100 Plätzen würde ein einziger Hindernislauf werden. „Insgesamt vier Jahre haben die zähen Verhandlungen gedauert, die Bauzeit dauerte gerade mal vier bis fünf Monate“, so Schmitt. Nur dank der Interventionen von Handelskammer-Präses Harald Emigholz und seiner Nachfolgerin Janina Marahrens-Hashagen habe das Projekt realisiert werden können. Ort ist das ehemalige Möbelhaus Ullmann am Wall. Egal, welchen Standort sie der Behörde auch zuvor präsentiert hätten, ob in der Neustadt oder in Woltmershausen, immer seien die Reaktionen negativ gewesen, erzählt Schmitt. Als der Umbau des Gebäudes am Wall schließlich begonnen habe, seien sie mit immer neuen Auflagen überzogen worden. Die Wirtschaftsjunioren betonen, dass es sich bei der Kita am Wall keinesfalls um eine private Einrichtung handele, sondern dass vielmehr Kinder jeglicher Herkunft, ob nun mit oder ohne Beeinträchtigung, willkommen seien. Betrieben wird sie von der Pme-Familienservice, die bundesweit 70 Kitas betreibt.
Der Verdacht einer Kita mit elitärem Touch werde allerdings offenbar seitens der Bremer Behörden gehegt, mutmaßen die Wirtschaftsjunioren. Die Konsequenz: Sobald Unternehmen für ihre Mitarbeiter einen Kita-Platz kaufen wollten, setze es Strafzahlungen. So verlangten die Behörden von diesen Unternehmen 600 Euro pro Monat, also das Doppelte der sonst üblichen Summe. „Wir wissen nicht, wo dieses Strafzahlungen versickern, den Kindern kommen sie jedenfalls nicht zu Gute“, betont Markmann. Der Mangel an Kita-Plätzen sei ganz klar ein Standort-Nachteil, sagt er. Die Kita am Wall ist von sieben bis 17 Uhr und darüber hinaus fast das ganze Jahr über geöffnet.

Hier soll schon bald Werder-Atmosphäre entstehen: der Bolzplatz im Untergeschoss.
Es ist der Kita Walljunioren anzumerken, dass ihr Ilse Wehrmann viel Liebe zum Detail hat angedeihen lassen. Erzogen wird zweisprachig und digital. Im Kita-Restaurant gibt es ein Aquarium. Gleich daneben eine Frischküche. Ab dem 17. Februar sollen die Kleinen hier nach Herzenslust mitkochen und dabei spielerisch lernen können, sich gesund zu ernähren, sagt Kita-Leiterin Hilke Land. Im Untergeschoss gibt es einen Bolzplatz mit zwei Toren und einem Tipi. Für die originale Stadion-Atmosphäre sollen bald Poster aus dem Weserstadion sorgen. Der kleine Béla übt nach Herzenslust Kicken, zuvor hat er mit Hannah in einer Fülle türkis-grüner Bälle getobt.
Jetzt sind sie gerade in den Klettertürmen unterwegs, die mit verschiedenen Strukturen und Materialien gestaltet sind. Ein Highlight für die Kids, das allerdings auch seinen Preis hat. Rund 90 000 Euro haben beide Klettertürme zusammen gekostet, wie Sebastian Schmitt erläutert. „Finanziert haben wir sie ausschließlich über Spendengelder“, fügt er hinzu. Gleich am Eingang der Kita steht eine Popcorn-Maschine. Und auch eine Außenspielfläche in den Wallanlagen soll es geben, sofern denn die Genehmigung seitens der Behörde vorliegen sollte. Für das neue Kita-Jahr, das im August beginnt, suchen die Walljunioren schon jetzt fünf zusätzliche Erziehende. Angesprochen auf die hohe Fluktuation des Personals, versichert Nils Hofert vom Pme-Familienservice, dass das lediglich in der Startphase das Problem gewesen sein mag: „Wenn Sie in der angespannten Situation, in der wir uns befinden, nicht sofort zugreifen und die Leute einstellen, dann ist der Markt plötzlich wie leer gefegt“. Erst in der Probezeit kristallisiere sich dann heraus, ob die Chemie tatsächlich stimme. Außerdem habe so manche Erzieherin die Kita verlassen, weil sie ein Kind erwartete, sagt er.