Ökologisch soll er sein. Attraktiv und sauber natürlich. Eine soziale Komponente darf nicht fehlen. Und er muss ausgebaut werden. Wenn es um den öffentlichen Nahverkehr geht, sind die Wünsche zahlreich und vielfältig. Das zeigte auch die Debatte über einen Antrag der Linken-Fraktion, den die Bremische Bürgerschaft am Donnerstagnachmittag im Landtag allerdings ablehnte.
„Jetzt in den kostenlosen öffentlichen Nahverkehr einsteigen“, ist der Antrag des Linken-Abgeordneten Nelson Janßen überschrieben. Er fordert eine Verkehrswende, die soziale und ökologische Faktoren beinhaltet. „Deswegen hat mich die Initiative der Bundesregierung überrascht, die ein Modellprojekt für einen kostenlosen Nahverkehr in fünf deutschen Städten erwägt, in denen die Luftverschmutzung hoch ist“, sagte Janßen.
Seine Forderung sieht auf das Projekt aufbauend vor, dass sich alle Kommunen beziehungsweise Verkehrsverbünde um eine Förderung bewerben können. Kommunen, in denen die Grenzwerte für die Luftreinhaltung überschritten wurden, sollten vorrangig gefördert werden. „Uns ist klar, dass dadurch die Auslastung des Nahverkehrs steigt“, sagte Janßen. Dafür müssten das vorhandene Netz ausgebaut, neue Fahrzeuge angeschafft und die Kapazitäten erhöht werden. Es müsse eine Debatte darüber geben, wie das finanziert werden kann, so der Linken-Abgeordnete.
Er führte weiter aus, dass der motorisierte Individualverkehr („das Auto“) vom Staat bislang hoch subventioniert werde. Allein für den Steuernachlass für Dieselkraftstoff gebe der Bund 9,5 Milliarden Euro pro Jahr aus. Die Streichung der Dieselsubvention würde den kostenlosen ÖPNV bereits zu einem guten Teil gegenfinanzieren.
Gute Ideen sah der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Ralph Saxe, in dem Linken-Antrag. Das Ziel, weniger Autoverkehr zu erreichen, sei das gleiche. Doch das Modellprojekt sei dafür nicht der richtige Weg. „Der Umweltverbund ist chronisch unterfinanziert, da müssen wir schauen, wie wir mehr Geld ins System bekommen“, sagte Saxe. Es könne nicht sein, dass laut einer Studie der Uni Kassel in Bremen der Autoverkehr um ein Vielfaches höher subventioniert werde als der Radverkehr.
Der Antrag der Linken denke den Fuß- und Radverkehr nicht mit, den es allerdings vorwiegend zu fördern gelte. Wenn der öffentlichen Nahverkehr kostenlos werde, würden hauptsächlich die Fußgänger und Radfahrer auf Busse und Bahnen umsteigen und nicht die Autofahrer, so Saxe. Zudem sei eine soziale Lenkungswirkung gleich null, wenn der ÖPNV für alle kostenlos sei. Saxe plädierte für Vergünstigungen für Auszubildende, Schüler, Hartz-IV- oder Sozialhilfeempfänger. Und für ein 365-Euro-Ticket für ÖPNV-Nutzer.
"Erst ganz stark ausbauen"
Ähnlich sah es auch Heike Sprehe (SPD), die durch einen kostenlosen Nahverkehr ein erhöhtes Fahrgastaufkommen prognostizierte, welches die derzeitigen Kapazitäten in Bremen sprengen würde. „Die Bürger haben kein Interesse in überfüllten Bussen und Bahnen zu sitzen“, so Sprehe. Dafür müsste unter anderem das Straßenbahnnetz ausgebaut werden. Aber klar sei, dass es Vergünstigungen geben müsse. Entsprechende Konzepte, wie das finanziert werden kann, wolle die SPD demnächst präsentieren.
„Bevor wir den öffentlichen Nahverkehr kostenlos machen, müssen wir ihn erst ganz stark ausbauen“, sagte Heiko Strohmann (CDU). Doch das habe die Regierung 13 Jahre lang nicht gemacht. An den „eigenartigen Subventionsberechnungen“ von Grünen und Linken wolle sich die CDU nicht beteiligen. Wichtig sei der Ausbau des ÖPNV, und dafür müsse man auch mal die Bürgerinitiativen „sanft überzeugen“. Einen ganz anderen Aspekt brachte Magnus Buhlert (FDP) in die Diskussion: „Wir müssen den Verkehr insgesamt ganz neu denken und nicht wie in den 60-ern.“ Es müsse vielmehr über nachhaltige Antriebe und Verkehrsmittel und über autonomes Fahren gesprochen werden.