Bremen, die langweilige Stadt ohne Anziehungskraft für junge Leute? Zu diesem Ergebnis kam jüngst eine Studie. Das sieht Bastian Jonas völlig anders. „Wer sagt, dass Bremen langweilig ist, sollte mal drei Wochen Urlaub in Braunschweig machen. Für mich ist Bremen eine aufregende Großstadt“, sagt der 26-jährige Braunschweiger. Vor kurzem ist er zusammen mit seiner Freundin Zarah in die Hansestadt gezogen, um den Bremern eine Pflanze näherzubringen, die viele für nicht ganz unproblematisch halten: Hanf.
Entsprechend heißt auch die Bar, die Jonas jetzt am Ostertorsteinweg eröffnet hat: Hanf-Bar. Dort kann man Hanf-Samen als Bestandteil von Smoothies trinken, es gibt Tee aus den Blüten, Schokolade, Pesto, Cremes und Nahrungsergänzungsmittel: alles mit Hanf. Nur Joints, die gibt's nicht. Das Konzept der Bar stammt aus Braunschweig, wo Bardia Hatefi zusammen mit einem Geschäftspartner im Jahr 2017 den ersten Laden eröffnet hat, Ableger existieren schon in Berlin und Köln. „Wir sind ein Gesundheitsladen, aber in sexy“, sagt Hatefi. „Der Apple Store der Reformhäuser.“
Jonas hat mal eine Lehre bei Volkswagen gemacht, aber das fand er wenig erfüllend. „Ich möchte lieber etwas machen, bei dem ich den Menschen einen Mehrwert bieten kann“, so beschreibt er, warum er sich für das Franchise entschied. „Hanf ist die nachhaltigste Nutzpflanze der Welt, hat ein gigantisches Potenzial. 90 Prozent der Bestandteile sind nutzbar, die restlichen zehn Prozent gehen als Nährstoffe wieder in den Boden. Wir wollen Hanf aus der Schmuddelecke herausholen“, sagt Bastian Jonas.
Was sie in der Hanfbar verkaufen, sagen die Betreiber, sind ausschließlich Produkte, deren THC-Gehalt - das ist der rauschhaltige Stoff im Hanf - weniger als 0,2 Prozent beträgt. Die rechtliche Lage ist umstritten. Laut Betäubungsmittelgesetz sind Besitz und Handel mit Pflanzen oder Pflanzenteilen der Gattung Cannabis strafbar, Ausnahme sind lediglich medizinische Zwecke. Die Befürworter einer Legalisierung argumentieren mit einer Ausnahme im Gesetz, nach der bis zu 0,2 Prozent THC als Wirkstoff in Produkten enthalten sein dürfen. „Cannabis hat aber noch viel mehr Wirkstoffe als THC“, sagt Hatefi. „Cannabidiol, also CBD, zum Beispiel hat die Weltgesundheitsorganisation als unbedenklich eingestuft. Viele Sportler nutzten das zur Regeneration.“
Durchsuchungen und Beschlagnahmungen
Dass das Sortiment der Hanfbar tatsächlich keine Räusche hervorruft, bezweifelt die Braunschweiger Staatsanwaltschaft. Es gab mehrere Durchsuchungen und Beschlagnahmungen der Polizei, Hatefis Kompagnon landete wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz in Untersuchungshaft. Labortests hätten ergeben, so argumentiert die Staatsanwaltschaft, dass der THC-Wert einiger Produkte oberhalb der erlaubten Grenze gelegen hätte. „Wir haben uns nichts vorzuwerfen“, sagt dagegen Hatefi.
In Bremen hoffen Jonas und Hatefi auf weniger Stress. „Bislang sind wir super aufgenommen worden. Die Zusammenarbeit mit den Behörden ist viel besser, als wir das erwartet hatten“, sagt Jonas. An diesem Mittwoch will sich die Polizei das Café und das Sortiment anschauen. Bislang lägen keine Hinweise auf ein rechtswidriges Verhalten vor, sagt Polizeisprecherin Jana Schmidt. „Grundsätzlich ist das Anbieten und Verkaufen von Lebensmitteln aus Nutzhanf rechtlich nicht unproblematisch.“ Das sieht auch Frank Passade, Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft, so. „Sobald THC in Produkten für den Verzehr enthalten ist, kann es problematisch werden. Wir werden aber erst tätig“, sagt er, „wenn ein Verdacht besteht.“