Auf fast 80 Prozent von 1000 begutachteten Spielplätzen in Deutschland können Kinder mit Handicap nur zugucken. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Aktion Mensch in Kooperation mit dem Forschungsinstitut für Inklusion durch Bewegung und Sport (FIBS). Die restlichen 20 Prozent sind gemeinhin nicht komplett behindertengerecht, verfügen lediglich über einzelne inklusive Elemente.
In der Hansestadt weisen 180 von 200 Spielplätzen, für die das Sozialressort zuständig ist, mindestens ein barrierefreies Spielelement auf, berichtet Ressortsprecher Bernd Schneider von der jüngsten Bestandsaufnahme. Ferner gibt es in der Stadt über 120 Spielplätze an Schulen und Kitas, die zeitweise öffentlich zugänglich sind, rund 550 von Wohnungsbaugesellschaften errichtete „hausnahe Spielplätze“ sowie etwa 50 Spielpunkte in Grünanlagen, -zügen und auf öffentlichen Plätzen. Dafür ist das Bildungsressort zuständig, für die Verwaltung der Umweltbetrieb Bremen.
„Bei allen neuen Spielplätzen wird auf Barrierefreiheit geachtet“, versichert Schneider in Bezug auf die zum Aufgabenbereich des Sozialressorts zählenden Spielräume. Derzeit überarbeite der Fachdienst Spielraumförderung viele Spielplätze und nehme den Aspekt besonders in den Fokus. Vor Jahren seien gut 300.000 Euro für den Umbau und die Sanierung von Spielplätzen ausgegeben worden, inzwischen seien es 1,8 Millionen Euro, verdeutlicht er.
Auf der Basis des 2019 beschlossenen Spielraumförderkonzepts wurde eine Liste von Kriterien aufgestellt und ein Punktesystem zur Bewertung eingeführt. „Vieles davon würde man als Außenstehender gar nicht unter Barrierefreiheit verbuchen“, bemerkt Schneider. So flössen etwa Kriterien wie vorhandene Sitzplätze für Begleitpersonen oder höhenverstellbare Basketballkörbe, Rampen und Stege im Rollstuhlmaß als zusätzliche Spielelemente in die Beurteilung ein. Ferner müsste mindestens die Hälfte der Eingänge für Rollstuhlfahrer zugänglich sein und Spielgeräte auf befestigtem Grund angefahren werden können.
Als neuere Beispiele von Spielplätzen, zu denen Kinder mit Handicap ohne Erschwernisse Zugang haben, zählten die Plätze an der Johann-Janssen-Straße in Vegesack und der Jadestraße im Gröpelinger Lindenhof-Quartier. Beide haben 4,38 von fünf möglichen Punkten erreicht. Mit 4,06 Punkten sind drei weitere benotet worden: Großer Kurfüst (Vahr), Columbusstraße im Ortsteil Steffensweg (Walle) und Greifswalder Platz (Gröpelingen). Ein verwaltungsinternes Spielplatzkataster existiert laut Schneider bereits. Das soll zur öffentlichen Infoplattform weiterentwickelt werden.
Bei Barrierefreiheit werde gemeinhin nur an Kinder im Rollstuhl gedacht, gibt Frauke Weißkirchen, Ansprechpartnerin für Ambulante Pädagogische Unterstützung bei der Lebenshilfe, zu bedenken. Die meisten ihrer Klienten seien jedoch kognitiv beeinträchtigt und hätten zum Beispiel Orientierungsprobleme. Welche Voraussetzungen für inklusive Spielräume und welcher Mehraufwand nötig sind, hat der Verein Spiellandschaftstadt auf einem Fachtag thematisiert.
Das 2021 in Kraft getretene Ortsgesetz über Kinderspielflächen und die „Grundsätze für Planung, Bau und Unterhaltung der öffentlichen Spielplätze in der Stadtgemeinde Bremen“ regeln die Rahmenbedingungen. Es gibt zwar DIN-Normen als Richtlinien für den Bau inklusiver Spielplätze, ihre Anwendung ist jedoch freiwillig. Ohne ein Gesetz zur verpflichtenden Umsetzung hätten die derzeitigen Rahmenbedingungen keine Durchschlagskraft, bedauert Christina Marx als Sprecherin der Aktion Mensch.