Wie berichtet, soll die Schnoor-Destille, eine fast 50 Jahre alte Gaststätte in Bremens historischem Schnoor-Viertel, möglicherweise abgerissen werden. Die Kneipe liegt in einem kleinen Anbau eines Bürohauses am Tiefer 2-4, welches der Immobilieneigentümer neu vermieten will. Dem Eigentümer liegt schon eine Baugenehmigung vor, um das Hauptgebäude als Studentenwohnheim zu nutzen. Nun will er nach Angaben des Bauressorts einen zweiten Bauantrag einreichen, der die Nutzung als Polizeirevier ermöglichen würde. Sofern die Baugenehmigung erteilt wird, würde sie den Abriss der Schnoor-Destille explizit enthalten. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke für die Fragestunde der Stadtbürgerschaft hervor.
Zwei Nutzungsoptionen im Gespräch
Laut Senatsantwort habe es Gespräche zwischen Immobilieninhaber und Bauaufsichtsbehörde gegeben. "Die Planung, die den Abbruch der Destille zugunsten von drei zwingend erforderlichen Stellplätzen für Einsatzfahrzeuge vorsieht, wurde dabei vorgestellt. Es besteht für das Gebäude kein Denkmalschutz", heißt es dort. Drei Parkplätze sollen dafür entstehen. "Ein Polizeikommissariat benötigt Außenstellplätze für Einsatzfahrzeuge, die direkt am Wachbereich angeordnet sein müssen, sodass ein sofortiges Ausrücken gewährleistet wird." Wie aus der Senatsantwort hervorgeht, wurde das Studierendenwohnheim genehmigt, ohne den Abriss der Schnoor-Destille festzuschreiben.
Max Zeitz, Geschäftsführer der vom Eigentümer beauftragten 2P Projektentwicklung GmbH, sagte auf Nachfrage, dass weiterhin beide Optionen im Rennen seien. Der zweite Bauantrag sei der nächste logische Planungsschritt.
Laut dem Bremer Bauressort gelten dann formal beide Baugenehmigungen, "wenn die erste nicht zurückgezogen wird. Der Bauherr kann also wählen, welche genutzt wird", sagt Sprecher Aygün Kilincsoy. Ihm zufolge behält eine Baugenehmigung drei Jahre lang ihre Gültigkeit. Ob die Polizei wirklich in den Schnoor umzieht, ist laut Innenressort-Sprecher René Möller nicht spruchreif. Es liefen diverse Abstimmungen, "die alle noch nicht konkretisiert sind".
Petition für Erhalt der Destille
Unterdessen haben Anwohner eine Bürgerschaftspetition eingereicht, die von bislang rund 1140 Personen unterstützt wird und bis zum 28. Mai unterzeichnet werden kann. Zur Organisationsgruppe gehört unter anderem Kerstin Wieloch-Knipper. Als Stammgast der Schnoor-Destille und Anwohnerin sei es ihr wichtig, das historische Bild des Schnoors zu erhalten: "Obwohl die Destille als Einzelgebäude nicht denkmalgeschützt ist, ist es Teil eines denkmalgeschützten Gebäude-Ensembles, zu dem unter anderem das Packhaustheater gehört", sagt sie.
Die Petenten verweisen auf eine Statute von 1959 zum Schutz des Schnoor-Viertels: "Alle in diesem Gebiet zu errichtenden, zu verändernden und zu ergänzenden Bauwerke haben sich in Maßstab und Baustoffen ihrer Umgebung so einzufügen, dass sie das Ortsbild nicht beeinflussen." Die Kneipe gegen einen Parkplatz "mit all seinen Unannehmlichkeiten" einzutauschen, stehe ihrem Verständnis nach der Statute entgegen. Sie fordern "Bestandsschutz und Unantastbarkeit für eines der größten denkmalgeschützten Quartiere Deutschlands".
Kneipenpächter Rainer Schnepf zeigte sich erfreut, dass die Mindestanzahl von 50 Unterschriften mit der Bürgerschaftspetition längst überschritten ist. "Der Worst Case wäre für uns, dass bis Ende August, wenn unser Mietvertrag ausläuft, nichts politisch entschieden ist, wir dann die Kneipe ausräumen und nach Monaten des Leerstands doch ein Studentenwohnheim daraus wird", so Schnepf.
Fraktion die Linke präferiert die Nutzung als Wohnheim
Die Fraktion Die Linke spricht sich dafür aus, dass an der Nutzung als Wohnheim festgehalten werden müsse, heißt es in einer Mitteilung. Den Abriss der Kneipe für den Bau von Parkplätzen ohne zwingende Notwendigkeit lehne die Fraktion ab. Dass die Polizei einen neuen Standort suche, sei verständlich, da die Situation Am Wall alles andere als optimal sei, schreibt der verkehrspolitische Sprecher Tim Sültenfuß. Den Standort im Schnoor hält er jedoch für ungeeignet: "Eine schnelle Ausfahrt der Einsatzfahrzeuge vonseiten der Straße Hinter der Holzpforte auf den Tiefer ist nicht gegeben: Die Stelle ist unübersichtlich und der Geh- und Radweg an der Stelle sehr schmal, Fahrradfahrende und Touristen kreuzen den Ausfahrtbereich. Eine Ausfahrt über die Materburg hoch zur Ostertorstraße ist nahezu ausgeschlossen.“