Das schmeckt nur zusammen mit Mostarda“, erklärt Stefan Glück vorab. Ich folge seinem Rat, nehme die Bifana genannte portugiesische Spezialität aus einem rustikalen, mit Schweinenacken belegten Brötchen in die Hand und verteile eine großzügige Portion vom angepriesenen Senf. „In Lissabon gibt es Bars, die nur das hier verkaufen“, erzählt der Deutsche, dessen Liebesbeziehung mit der Iberischen Halbinsel vor mehr als 20 Jahren aufflammte, als er gerade in einem Hotel in der Schweiz angestellt war und die Bekanntschaft mit einer portugiesischen Kollegin machte: Ana Paula.
Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt: Sie verliebten sich, folgten dem Angebot eines Bremer Hotels, zogen nach Bremen, gründeten eine Familie und haben heute vier Kinder: eine 20- und eine 18-jährige Tochter, einen zwölfjährigen Sohn sowie ihr 13-jähriges Baby, die Casa Olala. Wer hierher in die Pappelstraße kommt, soll von Tostas und Tapas bis hin zu Bocadillos und Natas alles vorfinden, wofür die Glücks zuvor stets nach Hamburg fahren mussten: ein bisschen Portugal und Spanien. Dazu eine erlesene Auswahl mit mehr als 100 Weinen, die für zu Hause gekauft oder direkt auf einem der 26 Plätze ausgeschenkt werden können.
Das tue ich nun mit einem Glas Weißwein, den Glück als „fruchtiges Gegenstück zur spanischen Esmeralda“ beschreibt. Ein Etikett, das mir als Laien, dem die Notiz des frischen und süßen Charakters zur schlichten Freude gereicht, zu hoch ist. Wofür mein Verständnis allerdings reicht, ist die Notiz, dass sich für diesen deftigen, in Butter-Weißwein-Soße geschmorten und vom rustikalen Brot umhüllten Schweinenacken zusammen mit der süßlich-strengen, für sich allein zu penetranten, aber gerade hier sinnvoll zersetzend wirkenden Mostarda dann doch ein anderer Ausschank viel besser eignet. „Bier“, vollendet mein Gegenüber trefflich.
Ihm persönlich schmecke das in Lissabon servierte Original zwar besser, gibt der Sachkenner zu, aber seine Bifana (4,90 Euro) käme dem Klassiker schon sehr nahe. „Vielleicht liegt das aber auch am Urlaubsgefühl“, merkt der 45-Jährige zwinkernd an. Ich kann mir nicht helfen und finde diese auf dem Teller so profan anmutende Kombination als verdienten Snack nach getaner Arbeit schon irgendwie genial, gerade in Vorstellung mit Bier. Aber jetzt geht’s erst mal mit Wein weiter – und den nächsten Speisen.
Probiert und empfohlen: Zur Tortilla (4,50 Euro) muss nicht viel gesagt werden. Das spanische Omelett aus Eiern, Kartoffeln und Zwiebeln ist saftig, locker und für den Experten, der täglich derer drei im Angebot hat, gar „optimal“. Wenn man hier ist, sollte man den Hausklassiker unbedingt probieren. Das gilt nicht unbedingt für die nächste Kostprobe: Pan con Ajo (3,80 Euro). Die mit Knoblauch bestrichene, mit Serranoschinken und Tomaten belegte Brotscheibe schmeckt sehr gewöhnlich. „Es gibt besseren Schinken als diesen“, gesteht der Chef.
Von den beliebten Tapas werden hier im wöchentlichen Wechsel bis zu 20 Varianten angeboten, welche aus der Vitrinenauslage beliebig gewählt werden können. Unsere Fünfer-Auswahl (10,90 Euro) besteht aus Bacalhau, Linsen, Albondigas, Tintenfischsalat sowie einer Art Rindergulasch. Der Bacalhau genannte, typisch portugiesische Stockfisch kommt als klassisches Gratin. Er hat eine Strenge, die in der Kombination mit der Béchamelsoße und den Kartoffeln jedoch sehr gut ausbalanciert wird. Das Geschick für gute Arrangements kommt vor allem bei den Linsen zum Tragen, die mit einem Allerlei aus Rosinen, Granatäpfeln, Frühlingszwiebeln sowie gerösteten Mandeln gespickt, mit Weißweinessig mariniert und mit orientalischen Gewürzen wie Kumin gewürzt sind. „Die Kombination von Süßem mit Saurem macht Spaß“, notiert der Chef – und trifft auf Gegenliebe.
Bei der Albondiga scheiden sich jedoch unsere Geister. Er selbst mag das Experiment aus Ingwer und Lauch noch so gelungen finden, gegen die Trockenheit des Fleisches scheint mir kein Kraut gewachsen zu sein. Dass der gelernte Koch Rind besser auftischen kann, beweist er bei der nächsten Tapa, einem „ein bisschen zu zäh“ gewordenen Gulasch, wie der Chef selbst einräumt. Das vermag dank der Soße jedoch ignoriert werden, die dank des Honigs angenehm süßlich und des großzügig verwendeten Rotweins wunderbar tiefgründig schmeckt. Der Gruß aus der Küche: „Wo wir alle gerne hingehen, ist das Symposion am Buntentorsteinweg. Ist ja quasi das griechische Gegenstück zu uns, aber auch sehr gut.“
Temi Tesfay hat Hunger auf Bremen. Auf seinen wöchentlichen Streifzügen durch die heimische Gastroszene hat er schon viele Küchen, Köche und kulinarische Schätze der Stadt kennengelernt. Unter dem Titel „Ein Bisschen Bremen“ schreibt er außerdem einen Foodblog.
Weitere Informationen
Casa Olala, Pappelstraße 111, 28199 Bremen, Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 8 bis
20 Uhr, Sonnabend von 8.30 bis 16 Uhr, Sonntag geschlossen, barrierefrei.