Ini Friedrichs: Ihre Welt gerät ins Wanken. Sie müssen auf vieles verzichten, was sonst zu ihrem Leben gehört: Verabredungen mit Freundinnen und Freunden, Schule, Kita, Vereine. Dazu kommen Ängste vor der Erkrankung und um liebe Menschen wie Oma und Opa. Schulunterricht zu Hause ist zudem für viele eine große Herausforderung. Und familiäre Belastungen, die bereits vor der Krise da waren, können jetzt größer werden. Wohl die größte Belastung für Kinder sind der Stress und die Sorgen der Eltern. Manche Kinder fühlen sich zurzeit häufig gar nicht be- sondern entlastet. Sie genießen es, weniger Anforderungen von außen und mehr Zeit daheim zu haben.
Wie erkenne ich Belastungsreaktionen bei meinem Kind?Wenn Sie hinsehen und in Beziehung bleiben. Kinder reagieren sehr unterschiedlich. Hier ein paar fiktive Beispiele: Hanna hat mehr Wutanfälle, Derya ist stiller geworden. Tom schläft schlechter, Malik kommt gar nicht mehr aus seinem Zimmer. Und Klara wirkt so wie immer. All das kann mit der aktuellen Situation zu tun haben – muss es aber nicht. Wenn Eltern mit ihren Kindern im Kontakt bleiben, bekommen sie ein Gefühl dafür, ob und wodurch diese belastet sind. Eltern können regelmäßig schöne Zeit mit ihren Kindern verbringen, Gespräche anbieten und auch mal von sich erzählen – dann bekommen sie auch mit, dass Klara zurzeit viele Ängste hat, diese den Eltern aber nicht auch noch zumuten wollte. Und dass Tom nicht schlafen kann, weil er sich verliebt hat.
Grundsätzlich dann, wenn Eltern Veränderungen an ihrem Kind wahrnehmen, die sie beunruhigen oder wenn bei dem Kind ein eigener Leidensdruck sichtbar wird.
Was kann ich tun, um meinem Kind zu helfen und es zu stärken?Bleiben Sie zuversichtlich und erklären Sie ihrem Kind altersgerecht, was passiert und dass die Erwachsenen sich darum kümmern. Und fragen Sie, was es zurzeit besonders schwierig findet. Wenn es vor allem Kontakte vermisst, bieten sie Spaziergänge mit kurzen „Fenstergesprächen“ an, schreiben Sie Briefe oder organisieren Sie Videomeetings. Wenn es durch Schule belastet ist, helfen Sie ihm, sich zu organisieren, halten Sie Rücksprache mit den Lehrerkräften und nehmen Sie den Druck raus. Sorgen Sie für gute Momente in der Familie. Stärken Sie sich als Eltern auch selbst, dann können Sie Ihren Kindern am besten Halt und Geborgenheit geben und sind gleichzeitig Vorbild im Umgang mit Belastungen.
Ab wann sollte ich professionelle Hilfe in Anspruch nehmen?Wenn Sie sich Sorgen um Ihr Kind machen und nicht weiter wissen. Melden Sie sich lieber früher als später. Manchmal hilft es schon, sich in einem Gespräch mit jemandem zu sortieren, um eine Idee zu entwickeln, was der nächste Schritt in Richtung Entlastung sein könnte.
Das Gespräch führte Elena Matera.Ini Friedrichs
arbeitet als Psychologin in der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien Mitte/West und ist Mutter zweier Kinder.
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Die Bremer Erziehungsberatungsstellen sind von Montag bis Freitag, 10 bis 14 Uhr, telefonisch erreichbar. Informationen dazu gibt es unter: www.amtfuersozialedienste.bremen.de/familien/erziehungsberatung-12306