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Steuerausfälle durch Corona-Krise Bremen fehlen 568 Millionen Euro

Das Bremer Finanzressort hat eine erste Schätzung zu den Einnahmeausfällen abgegeben, die durch die coronabedingte Wirtschaftskrise zu erwarten sind. Das Loch im Haushalt von Land und Stadt ist gewaltig.
16.05.2020, 05:00 Uhr
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Bremen fehlen 568 Millionen Euro
Von Jürgen Theiner

Die Haushalte von Land und Stadt Bremen werden im laufenden Jahr rund 568 Millionen Euro weniger einnehmen, als noch im November 2019 prognostiziert. Auch Bremerhaven verliert, dort sind es rund 49 Millionen Euro. Damit schlagen die Auswirkungen der Corona-Krise nun mit voller Wucht auf die bremischen Finanzen durch. Die 568 Millionen Euro entsprechen ungefähr einem Zehntel des gesamten Haushaltsvolumens. Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) kündigte am Freitag bei der Vorlage der Zahlen an, nicht gegen die Entwicklung ansparen zu wollen. „Es hätte angesichts der aktuellen Krise verheerende Folgen, die Ausgaben drastisch zu senken, wenn zusätzliche staatliche Hilfen zur Krisenbewältigung in ganz vielen Bereichen dringend benötigt werden“, sagte Bremens Kassenwart. Das Loch in den Haushalten des Landes und der beiden Kommunen werde deshalb mit Krediten gestopft.

Überall starke Einbrüche

Laut Strehl gibt es kaum eine wichtige Einnahmequelle, die noch sprudelt. Gewerbesteuer, Einkommenssteuer, Umsatzsteuer – überall sind starke Einbrüche zu verzeichnen. Beispiel Gewerbesteuer: Diese Einnahme, die allein den Kommunen zufließt, wird in der Stadtgemeinde Bremen voraussichtlich von 539 Millionen Euro in 2019 auf 406 Millionen Euro in 2020 sinken. Die nachlassende unternehmerische Tätigkeit macht sich hier besonders bemerkbar. Rund 8300 Anträge von Firmen auf Steuerstundung liegen der Finanzbehörde bereits vor. Dietmar Strehl sieht den Stadtstaat von der Krise härter betroffen als die Flächenländer. Auch die Abhängigkeit des Hafenstandortes vom Exportgeschehen wirke sich negativ aus.

Im Finanzressort rechnet man nicht damit, dass sich die Einnahmen schnell wieder auf früherem Niveau stabilisieren. Für 2021 wird von einem Rückgang gegenüber früheren Prognosen von 145 Millionen (Land) beziehungsweise 84 Millionen (Stadt) ausgegangen. Bis 2024, so kalkulieren die Fachleute, könnten sich die Verluste für den gesamten Stadtstaat Bremen – also einschließlich Bremerhaven – auf rund 1,5 Milliarden Euro summieren. Angesichts solcher Horrorszenarien setzt Strehl auch auf Hilfen aus Brüssel und Berlin.

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Die aktuellen Zahlen werden nicht ohne Auswirkung auf die bevorstehenden Haushaltsberatungen der Bürgerschaft bleiben, die am Mittwoch nächster Woche beginnen. Ursprünglich plante der Senat, einen Doppeletat für 2020/21 ins Parlament einzubringen, der dann kurz vor der Sommerpause beschlossen werden sollte. Von diesem Fahrplan rückt Strehl nun ab. Nach seinen Vorstellungen soll das Paket aufgeschnürt werden. Demnach würde die Bürgerschaft vor den Ferien nur den 20er-Haushalt beschließen. Beim Etat für 2021 soll eine zwischen Bund und Ländern vereinbarte Sonder-Steuerschätzung im September abgewartet werden. Die Beschlussfassung im Parlament könnte dann im Herbst erfolgen. Strehl kündigte an, diesen Vorschlag mit den Bürgerschaftsfraktionen kurzfristig erörtern zu wollen.

FDP fordert Impulse für die Wirtschaft

In einer ersten Reaktion auf die Steuereinbrüche stellte sich der SPD-Finanzexperte Arno Gottschalk hinter die Absicht des Senators, das Loch im Haushalt mit Krediten zu stopfen. „Es wäre illusorisch, einer Krise dieses Ausmaßes hinterhersparen zu wollen“, sagte der Bürgerschaftsabgeordnete. Das sei im Übrigen auch die Position des Sachverständigenrates der Bundesregierung. FDP-Haushälter Thore Schäck forderte Impulse für die Wirtschaft. „Dadurch entstehen Arbeitsplätze, und die Einnahmen des Staates werden mittelfristig wieder ansteigen“, sagte Schäck. Steuererhöhungen, wie sie von Teilen der Politik bereits gefordert werden, würden die notwendige wirtschaftliche Erholung nach Ansicht des Liberalen sofort wieder abwürgen. „Wir brauchen stattdessen eine Entbürokratisierungs-Offensive und Entlastungen für die Menschen“, so Schäck.

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