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Erfolgreiche Bremer Designerin Audienz bei Karl Lagerfeld

Die Bremer Designerin Sigrid Schumacher ist seit 30 Jahren im internationalen Modegeschäft. Bei einem Frühstück gewährt sie Einblicke hinter die Kulissen - und erzählt von Begegnungen mit Promis.
17.08.2023, 05:00 Uhr
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Audienz bei Karl Lagerfeld
Von Sigrid Schuer

Auf Versace-Tellerchen liegen Butter-Croissants, daneben sind Aprikosenmarmelade, Weintrauben und Pfirsiche drapiert. Crémant perlt in Champagnerkelchen. Der Espresso dampft in goldgeflügelten Tässchen. Ein petit déjeuner, also ein kleines Frühstück, wie es in Paris üblich ist. Für Sigrid Schumacher ist das eigentlich schon zu üppig, normalerweise reicht ihr eine Tasse frisch gepresster Kaffee. Für die neue Reihe im Stadtteil-Kurier macht sie eine Ausnahme, da lässt sie sich schon mal auf den Teller gucken. Oder wenn sie in einem Straßencafé in Paris sitzt: "Dann darf es auch schon mal Baguette mit französischem Käse und einem Café Crème sein", erzählt die Designerin, die auf einem barocken Sessel Platz genommen hat, dessen weinrote Polsterung perfekt mit ihrer Haarfarbe harmoniert. Stumme Frühstücksgäste sind Schaufensterpuppen, die Super-Models wie Naomi Campbell oder Sayoko Yamaguchi täuschend ähnlich nachempfunden sind.

Wir sitzen im Salon von Sigrid Schumacher im Fedelhören, umgeben von funkelnden Preziosen und farbenfrohen Designerkleidern. Die Bremer Modedesignerin ist seit 30 Jahren, seit sie ihr Label "Prototype" gründete, zu Hause auf den Laufstegen der Welt. So zeigte sie ihre raffinierten Kreationen bereits auf den Catwalks der Fashion weeks, also Modewochen, in New York, Paris, Berlin und Wien.

Traumstadt Paris

Apropos Paris, Stadt der Träume und der Lichter. Für die Diplomdesignerin, die 1983 an der Hochschule für Künste ihr Studium mit Auszeichnung absolvierte, ist die Metropole nach wie vor eine der größten Inspirationen. Anfang der 80er-Jahre hatte sie das Glück, eineinhalb Jahre in der französischen Hauptstadt leben und im Modeviertel Sentier arbeiten zu können. "Meine Freundin Ulla, die ich von der Hochschule in Bremen her kannte und die damals ein Studien-Stipendium bekommen hatte, fragte mich, ob ich zu ihr nach Paris ziehen wollte. Natürlich wollte ich", blickt sie zurück. Schumacher erinnert sich mit einem Schmunzeln daran, wie sie alles versuchte, um einen der heiß begehrten Plätze für die Haute Couture-Schauen des japanischen Star-Designers Kenzo Takada zu ergattern. Oder für die Chanel-Schau. "Einmal habe ich sogar zwei Eintrittskarten gefunden", erinnert sich die Modedesignerin. Eine glückliche Fügung, wie so oft in ihrem Leben, findet sie.

Der Modezar behielt recht

So gewährte ihr auch Karl Lagerfeld, 1983 gerade frisch zum Kreativ-Direktor des Hauses Chanel berufen, in Paris eine Audienz und begutachtete wohlwollend ihre Entwürfe, die sie unter anderem für seine damalige Muse, Spitzenmodel Inès de la Fressange, gezeichnet hatte. "Er war sehr höflich, konzentriert und sehr aufmerksam, nicht die Spur arrogant", erinnert Schumacher sich an die Begegnung mit dem 2019 verstorbenen Modezaren. Seine Prophezeiung, sie werde so manches Mal mit Theatern zusammenarbeiten, ließ sie zunächst etwas ratlos zurück. Doch sie sollte sich Anfang der 2000er-Jahre bewahrheiten: Schumacher präsentierte ihre Mode nicht nur in Schauen in Bremer Museen, in der Bremer Landesvertretung in Berlin und in der Dresdner Semperoper, sondern auch in einer eigens von ihr entwickelten Inszenierung, einer Art Gesamtkunstwerk, im Theater Bremen. Ein ausgesprochenes Faible hat Sigrid Schumacher, die in jungen Jahren asiatische Kampfkunst-Techniken erlernte, für Japan. Die Mode der japanischen Designer Kenzo, Miyake und Yamamoto habe sie von jeher fasziniert, sagt sie.

Mode als Leidenschaft

Die gebürtige Bremerin, die aus der Neuen Vahr stammt und in Findorff wohnt, wo sie auch ihr Atelier hat, verlor im schnelllebigen Modebusiness nie die Bodenhaftung: Sie weiß, wie es ist, wenn Mode-Designer zwischen 80 und 90 Stunden pro Woche arbeiten müssen, um eine Kollektion über die Bühne zu bringen.

Mode ist dennoch nach wie vor die Leidenschaft von Sigrid Schumacher, auch wenn sie sich während der Corona-Pandemie gezwungen sah, dieser Leidenschaft einen Großteil ihrer Altersersparnisse zu opfern: "Viele Geschäftsleute mussten ja schließen, Miete und Wareneinkauf liefen aber weiter." Andererseits seien von der Politik großzügig Ausnahmen gemacht worden. Gerade auch im Hinblick auf die Leerstände in der City hält sie eine Risikoteilung je zur Hälfte zwischen Gewerbe-Mietern und Vermietern in Krisensituationen für ein probates Mittel. Nachdem sich die Kundinnen unmittelbar nach der Pandemie bewusst etwas Schönes und Qualitatives gegönnt hätten, sei jetzt eine Verunsicherung durch die massive Einbruchs- und Diebstahlsserie zu spüren, die nicht nur das Viertel, sondern mittlerweile auch das Fedelhören beeinträchtige, sagt sie. Spektakulärster Fall vor einigen Monaten: Ein Auto fuhr direkt in das Fenster des Goldhändlers "Ophirum". Schumacher selbst hat ihr Schaufenster mit Panzerglas geschützt.

Meine Kreationen sind Kunst und Kommunikation gleichermaßen.
Modedesignerin Sigrid Schumacher

Zurück zur Mode: Die Designerin betont, dass ihr Label seit der Gründung 1993 auf Nachhaltigkeit und eine gute Öko-Bilanz setze. Damit ist sie eine Pionierin in diesem Bereich. Produziert in Bremen mit schadstofffreien Stoffen aus Italien und Garnen aus Deutschland hielten ihre Kreationen mindestens 25 Jahre. "Meine Kreationen haben nichts mit Kommerz zu tun, sie sind Kunst und Kommunikation gleichermaßen", betont Schumacher, die selbst schneidert. Das sehen offenbar auch ihre prominenten Kundinnen so: Schauspielerinnen wie Corinna Harfouch, Sonja Kirchberger und Diane Kruger, Sarah Connor, Helen Schneider oder Gabriela Maria Schmeide. Auch Gattinnen der Schaffer auf dem traditionsreichen Schaffermahl zeigten sich in Schumacher-Roben.

Vor einigen Wochen war die Direktorin des Bremerhavener Alfred-Wegener-Institutes für Meeresforschung und Meeresbiologin, Antje Boetius, bei einer Modenschau in der Prototype-Boutique am Fedelhören zu Gast. Zu sehen gab's unter anderem eine Neu-Interpretation von Audrey Hepburns ikonischem "Frühstück bei Tiffany"-Look.

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