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Fachbereich umgezogen Die Bremer Uni erobert den Domshof

Aus der alten Kassenhalle der Landesbank soll ein Treffpunkt werden, Kaffeetrinken inklusive. So lief am Montag die Eröffnung des Uni-Gebäudes am Domshof ab.
08.10.2024, 05:47 Uhr
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Die Bremer Uni erobert den Domshof
Von Jürgen Hinrichs

Der Bürgermeister kommt zu spät. Eine Viertelstunde, und das passt. Denn hier, an der Universität, gibt es das sogenannte akademische Viertel, wenn Lehrveranstaltungen entsprechend später anfangen. Andreas Bovenschulte (SPD) weiß das, er hat selbst studiert. Doch ob nun deswegen oder wegen anderer Termine – er ist zu spät, ergattert sich dann aber mit Charme und wohlgesetzter freier Rede nicht wenig Sympathie, wenn man das am Beifall bemessen kann. Die Erstsemester danken für die Begrüßung, aber das ist es an diesem Montag nicht allein. Bovenschulte schaut auch deshalb vorbei, weil ein Projekt vollendet ist, für das er jahrelang geworben hat: Umzug der Uni in die Innenstadt. Mit dem Fachbereich Rechtswissenschaft trifft das vorerst zwar nur auf einen relativ kleinen Teil zu, rund 1500 Studierende und 150 Mitarbeitende sind es aber doch.

Die Kassenhalle der ehemaligen Landesbank ist gut gefüllt. Rund 250 "Erstis" haben sich versammelt, um Witterung aufzunehmen: Mit wem geht was, wer sind die anderen, die ihr Studium aufnehmen? Angefangen hat das am Vormittag mit einer Veranstaltung im kleinen Saal der Glocke, der als provisorischer Hörsaal dient. Und nun geht es dort weiter, wo die Seminare stattfinden werden, die Bibliothek untergebracht ist und ganz oben im Haus auch die Mensa. Das ziemlich neue Landesbankgebäude am Domshof als Ort von Lehre und Forschung. "Herzlich willkommen!", ruft der Bürgermeister den jungen Leuten zu.

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Zwei Gründe aus seiner Sicht, die aus dem Umzug vom Campus in Horn in die City eine "Win-win-Situation" machen: "Wir zeigen unseren Anspruch, dass Universität und Gesellschaft stark miteinander verzahnt sein sollten." Durch eine Präsenz, die direkt am Weltkulturerbe Rathaus ins Auge sticht. "Und wir brauchen die jungen Menschen, um mehr Drive und Dynamik in die Innenstadt zu holen", ergänzt Bovenschulte.

Den gleichen Plan gab es vor vier Jahren, damals mit dem früheren Sparkassengelände am Brill als neuen Uni-Standort. Der Bürgermeister sprach von bis zu 8000 Studierenden. Doch daraus wurde nichts. Stattdessen gibt es jetzt eine deutlich kleinere Lösung.

"Es ist ein Privileg, in so einem schönen Haus studieren zu dürfen", schwärmt Jura-Dekan Gralf-Peter Calliess vor den Erstsemestern. "Bisher hatten wir das älteste Gebäude der Uni, jetzt haben wir das neueste." Seine Fakultät sei in der Innenstadt hoffentlich nur die Vorhut. Andere Abteilungen der Uni, heißt das, dürfen gerne folgen.

Der Uni stehen am Domshof nach eigenen Angaben rund 15.000 Quadratmeter zur Verfügung. Vermieter ist BLB-Immobilien, eine Tochter der Nord/LB. Neben den Juristen werden auch eine Beratungsstelle und zwei Institute anderer Fachrichtungen untergebracht. Im 1. Obergeschoss breitet sich die juristische Bibliothek aus, umkränzt von Arbeitsräumen. Der Umbau hat ein Jahr gedauert. Kaum Aufwand gab es in der Hinsicht in den beiden Untergeschossen, sie bleiben dem Parken vorbehalten: 240 Plätze für Fahrräder, 43 für Autos.

Schlüsselübergabe war am 1. Oktober, seitdem wird fleißig eingeräumt. Überall im Gebäude stehen Umzugskartons, wissenschaftliche Mitarbeiter basteln ihre Möbel zusammen, und auf den Fensterbänken recken sich Grünpflanzen zum Licht. In der Mensa, die in ein paar Wochen in Betrieb geht, stehen drei junge Männer und gucken sich um.

"Ich hätte es besser gefunden, wenn wir in Horn geblieben wären", sagt Malte, 19 Jahre alt und im dritten Semester. "Total bescheuert", dass er jetzt von seinem Wohnheim direkt an der Uni in die Stadt fahren müsse. Außerdem seien sie jetzt abgesondert von den anderen, "es fehlt das Campus-Gefühl". Max beklagt ebenfalls, dass er nun einen weiteren Weg zu den Veranstaltungen habe, ärgerlich auch, meint er, dass es keinen richtigen Hörsaal gibt. Beim Campus aber widerspricht der 21-Jährige: "Abgespalten waren wir vorher doch auch." Leon schließlich, mit 19 Jahren bereits im fünften Semester – "ein Überflieger", sagen seine beiden Studienkumpels. Leon sieht den Aspekt, dass mehr Leben in die Innenstadt kommt. "Gut finde ich auch die Nähe zur Stadtbibliothek und den Buchhandlungen."

Die "Erstis" glucken in Gruppen zusammen. Sie haben sich nach Nummern geordnet in verschiedene Teams aufgeteilt. Nun ist nicht jeder Tag der erste im Studium, aber was sich vor und nach der Begrüßung durch den Bürgermeister vor dem Landesbankgebäude und auf dem Domshof zusammenballt, könnte trotzdem einen Vorgeschmack geben: der Jugend die Zukunft – auch und gerade in der Bremer Innenstadt.

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