"Das Karussell dreht sich", sagt Heike Hemmersbach. Sowieso und fast jeden Monat an der Bremer Universität, wenn auf dem Campus in Horn-Lehe und dem angrenzenden Technologiepark mal wieder Umzüge anstehen. Doch nun auch im Speziellen. Auf einen Schlag wird ein ganzer Fachbereich verlegt, und zwar nicht ein paar Häuser weiter, sondern ganz woanders hin: in die Innenstadt.
Seitdem fest steht, dass die juristische Fakultät am Domshof Platz nehmen wird, kommt Hemmersbach eine Sonderaufgabe zu, die sie seit Monaten in Beschlag nimmt. Die 59-Jährige muss sehen, dass sie alle unterbringt, neben den Rechtswissenschaftlern kommen nämlich noch zwei Institute und eine Beratungsstelle in das ehemalige Landesbankgebäude.

Heike Hemmersbach mit den Plänen für das künftige Universitätsgebäude am Domshof. Die 59-Jährige ist Raummanagerin der Uni und direkt der Kanzlerin unterstellt.
Wer sitzt wo, und wer sitzt wie? Das ist delikat und berührt weit mehr als die profane Frage, wie viel Raum in dem imposanten und mit Architekturpreisen bedachten Backsteinbau vorhanden ist. Es gibt wie in jedem Betrieb Empfindlichkeiten, manchmal von ureigenen Bedürfnissen gelenkt, manchmal aber auch davon, ob jemand in Quadratmetern und Fensterkreuzen seinen Status dokumentiert sehen will. Hemmersbach ist an der Uni die Raummanagerin, sie muss genauso aber auch Moderatorin sein.
Rund 1500 Studierende und 150 Mitarbeitende ziehen in die Bremer City
Rund 1500 Studierende und 150 Mitarbeitende wollen ihren Platz bekommen. Die einen in Seminarräumen, an Arbeitsplätzen rund um die Bibliothek und zwei größeren Veranstaltungsräumen. Die anderen in Büros, und dort gibt es Regeln: Handelt es sich um das Sekretariat oder den Arbeitsplatz eines wissenschaftlichen Mitarbeiters werden etwa zehn Quadratmeter zugrunde gelegt, erklärt Hemmersbach. Beim Professor sind es das Doppelte, weil er einen Besprechungstisch benötigt. Und beim Dekan, dem Chef der juristischen Fakultät, kommt noch ein bisschen was obendrauf. Gralf-Peter Calliess wird im 2. Obergeschoss einen 27 Quadratmeter großen Raum belegen. Er ist kreisförmig, eine sogenannte Rotunde, und geht zum Blumenmarkt hinaus. Schöner Blick. Ein echter Ausguck.
"Uns stehen am Domshof 15.000 Quadratmeter zur Verfügung", erklärt Hemmersbach. Einige der Büros, in denen bisher Banker saßen, werden verkleinert, andere zusammengelegt, um Gruppenarbeit zu ermöglichen. Ein Puzzle, das ihr Spaß macht: "Auch deshalb, weil wir so gut mit dem Bauherrn und Vermieter zusammenarbeiten. Wir sind ein eingespieltes Team." Das Gebäude gehört der Nord/LB; entwickelt und verwaltet wird es von dem Tochterunternehmen BLB-Immobilien.

Der Fachbereich Rechtswissenschaft hat es in der Bremer Innenstadt gut getroffen.
Die Aufteilung ist so, dass die Geschosse 2, 3 und 4 den Juristen vorbehalten sind. Sie nutzen dort zum Beispiel ein sogenanntes Gerichtslabor, in dem Verhandlungen simuliert werden. Auf der 5. Ebene werden das Zentrum für Arbeit und Politik, das Institut für Arbeit und Wissenschaft und die Beratungsstelle "Here Ahead" für Studierende aus dem Ausland untergebracht. Eine Etage höher laden die Mensa mit 188 Sitzplätzen und Veranstaltungsräumen ein. Im 1. Obergeschoss breitet sich die Bibliothek aus. Im Erdgeschoss gibt es in der ehemaligen Kassenhalle einen Treffpunkt mit Cafeteria . Und die beiden Untergeschosse sind fürs Parken vorgesehen: 240 Plätze für Fahrräder, 43 für Autos.
Übergeben wird das Gebäude am 1. Oktober, und sofort, mit der ersten Stunde beginnt die heiße Phase des Umzugs. Hemmersbach rechnet mit neun Tagen. Einladen auf dem Campus, ausladen am Domshof. Vieles wird dort zwar schon in den Räumen vorhanden sein. "Wir übernehmen ein möbliertes Gebäude", sagt die Planerin. Gemeint sind die Schreibtische, Schränke und Stühle der Banker. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des juristischen Fachbereichs und der Institute schleppen aber ihre Akten, Bücher und Bilder mit, Pflanzen sicher auch oder das eine oder andere persönliche Möbelstück. Dekan Calliess zum Beispiel hat in seinem Büro heute einen antiken Schreibtisch stehen. Gut möglich, dass der mit umgezogen wird.
Mitte November, so der Plan der Universitätsleitung, soll es am Domshof die offizielle Eröffnung geben. Den Juristen dauert das zu lange. Sie laden bereits für den 7. Oktober in die alte Kassenhalle ein: Begrüßung der Erstsemester. Die Studierenden kommen von überall her, müssen sich in Bremen deshalb zunächst orientieren. Und wer kann ihnen dabei am besten helfen? Genau. Der Bürgermeister, zumal er als Herr im Rathaus direkter Nachbar ist. Andreas Bovenschulte hat zugesagt, er macht bei der Guerrilla-Eröffnung gerne mit, wie die Unileitung den Akt nennt.