Wummernde Musikboxen, bunt verkleidete Menschen und reichlich Bonschen für die Schaulustigen: An diesem Sonnabend verwandelt der Freimarktsumzug die Neustadt und die Innenstadt wieder in eine große Partymeile. Für viele Freimarkt-Freunde ist das der Höhepunkt der "Fünften Jahreszeit". Diesen Stellenwert hat der Umzug all den Gruppen zu verdanken, die sich monatelang auf diesen Tag vorbereiten. Wer mit besonders kreativen Leistungen auf sich aufmerksam macht, wird im Bayernzelt ausgezeichnet – der krönende Abschluss für all die Mühe.
Die "Bremen Unicycler" schafften es seit ihrer Premiere im Jahr 2011 schon oft aufs Treppchen. Bei neun Teilnahmen landeten die Einradfahrer vier Mal auf dem ersten Platz. Zwei Mal reichte es für Platz zwei, einmal für Platz drei. Unter den laufenden Gruppen haben sie sich damit den Ruf erarbeitet, den Schaulustigen immer etwas Besonderes zu bieten. Im vergangenen Jahr rollten sie zum Beispiel als Hummer und Fischerboote durch die Stadt.
"Bei einigen von uns hat sich durch den Erfolg schon ein gewisser Ehrgeiz entwickelt", sagt Michael Kusch. Mit seiner Frau Dagmar zählt er zum harten Kern der Gruppe. Sechs Einradfahrer waren seit 2011 fast immer dabei. "Wichtiger als die Platzierung ist für uns aber die Interaktion mit dem Publikum", erläutert Kusch. Ein besonderes Augenmerk liege in jedem Jahr darauf, die Kinder zu erreichen. Als die Unicycler sich als Ufos verkleideten, waren es zum Beispiel Alien-Handpuppen, die den Kindern Bonschen überreichten.
In diesem Jahr braucht es wahrscheinlich keine besonderen Tricks, um für leuchtende Kinderaugen zu sorgen. Denn auf den Einrädern werden zehn Clowns durch die Stadt rollen, die jonglieren oder Seifenblasen in die Menge pusten. "Mit großen Clownsfüßen ist das auf den Rädern eine besondere Herausforderung", sagt Ingo Reiners. Wie das Ehepaar Kusch ist auch er seit der ersten Stunde mit dabei. In die Pedale treten muss er allerdings nicht: Er nutzt ein elektrisch angetriebenes Rad, das auch als "Monowheel" bekannt ist.
An dem Umzug mit einem Einrad teilzunehmen, ist für die Gruppe aus mehreren Gründen anspruchsvoll. "Wir fahren fast die gesamte Zeit über Straßen mit Straßenbahnschienen", erläutert Dagmar Kusch. Schon mit einem gewöhnlichen Fahrrad sei es gefährlich, mit einem Reifen in die Schienen zu kommen. "Und der Umzug ist langsam unterwegs, manchmal bewegt er sich auch gar nicht", sagt Kusch. Die Einräder müssten aber immer in Bewegung bleiben. "Deshalb fahren wir die ganze Zeit vor und zurück."
In den Tagen vorm Freimarktsumzug blicken die Einradfahrer regelmäßig auf die Wettervorhersage. "Vor ein paar Tagen hieß es dort: ein Grad und Schnee", sagt Ingo Reiners. Inzwischen sehe es besser aus. Die Laune lasse sich die Gruppe nie vom Wetter vermiesen. "Aber es ist wichtig, dass unsere Kostüme wetterfest sind", so Reiners. In Ganderkesee habe man beim Fasching auch schon einen Umzug im Dauerregen miterlebt.
Ein harter Einschnitt war für die Unicycler die dreijährige Corona-Pause. "Vorher waren wir in der Spitze mit 30 Teilnehmern unterwegs. Jetzt sind es zehn", sagt Dagmar Kusch. Von den Organisatoren des Freimarktumzugs ist zu hören, dass es bei vielen Gruppen ähnliche Probleme gibt. Nach Corona verzeichnet der Umzug deutlich weniger Bewerber als 2019. Die unter den Wagenbauern sehr erfolgreichen "Adelheider" haben sich nach der Pandemie zum Beispiel nicht mehr am Freimarktsumzug beteiligt.