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Arbeiten haben begonnen Gesperrte Bürgermeister-Smidt-Brücke in Bremen: So lief der erste Tag

Die Bürgermeister-Smidt-Brücke ist dicht. Wir waren bei der Sperrung dabei und haben Tag eins der Bauarbeiten begleitet.
04.11.2024, 16:05 Uhr
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Gesperrte Bürgermeister-Smidt-Brücke in Bremen: So lief der erste Tag
Von Marc Hagedorn

Die junge Frau hat sich von den beiden großen Durchfahrtsverbotsschildern nicht aufhalten lassen. Und auch an den rot-weiß-gestreiften Absperrbaken, die quer über die Straße gestellt sind, hat sie sich irgendwie vorbeigedrückt. Jetzt radelt die Frau über die Bürgermeister-Smidt-Brücke Richtung Brill, wie sie es vermutlich seit Jahr und Tag macht. Dass sie sich damit an diesem Tag in Gefahr bringt, scheint ihr nicht bewusst zu sein.

Keine fünf Meter entfernt von ihr sind Arbeiter dabei, in der Fahrbahnmitte einen Spanndraht in die Höhe zu hieven. Die Männer bauen die Oberleitungen der Straßenbahn an dieser Stelle ab. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn die Frau das Drahtseil, das jetzt auf Kopfhöhe in der Luft schwebt, streifen würde. „Hallo junge Frau, hallo“, ruft einer der Arbeiter aufgeregt, „hier ist abgesperrt, dies ist eine Baustelle.“ Und zwar nicht irgendeine, sondern für mindestens die nächsten vier Monate auch Bremens prominenteste.

Die Bürgermeister-Smidt-Brücke, die die Neustadt mit dem Brill verbindet, wird saniert. Keine Autos und keine Lkw, keine Busse und keine Bahnen, auch keine Fußgänger und Radfahrer kommen hier in der nächsten Zeit mehr über die Weser. An normalen Tagen sind das sonst 15.000 Pkw. 750 Fahrten von Straßenbahnen und Bussen kommen dazu. Die Bürgermeister-Smidt-Brücke gilt bei der BSAG nach der Wilhelm-Kaisen-Brücke als zweitwichtigste Weserquerung.

Martin Mathea ist einer der Männer, die erklären können, warum es höchste Zeit für diesen Großeinsatz ist. Mathea ist Referatsleiter beim ASV, dem Amt für Straßen und Verkehr. „Kommen Sie mal mit“, sagt er und geht die Treppe zur Schlachte hinunter. Klettert man unter der Brücke sechs, sieben Sprossen einer Leiter hoch, wird das ganze Ausmaß der Schäden sichtbar. „An der 11 kann man es am besten erkennen“, sagt Mathea.

Die „11“ ist einer der 16 durchnummerierten sogenannten Zuganker, die saniert werden müssen. Dabei handelt es sich um Stahlträger, die – vereinfacht gesagt – dafür sorgen, dass die Brücke stabil bleibt, sich nicht nach oben bewegt oder nach unten. Auch ohne Taschenlampe und mit bloßem Auge ist der Riss im Zuganker Nummer 11 erkennbar. Die Brücke, mit mehr als 70 Jahren die älteste Weserbrücke in Bremen, zeigt deutlichen Verschleiß.

Die Reparatur ist eine komplexe Angelegenheit auf engstem Raum. Bevor die Zuganker durchtrennt und erneuert werden können, muss die Brücke mit Gegengewichten in der Waage gehalten werden. „Sie können sich das wie bei einer Wippe vorstellen“, sagt Mathea. Dafür werden in den nächsten Tagen noch Stahlplatten mit einem Gesamtgewicht von 700 Tonnen oben auf der Brücke an strategisch wichtigen Punkten platziert. Danach können sich die Experten unter der Brücke Zuganker für Zuganker vornehmen.

„Das mag für Passanten, die hier entlangkommen, nicht spektakulär aussehen“, sagt Andrea Voth vom ASV, „aber das sind sehr sensible Abläufe.“ So sensibel, dass Fußgänger und Radfahrer nicht sicher wären. „Mit der Vollsperrung sorgen wir für den Schutz von Leib und Leben“, sagt die Sprecherin. Dass trotz der Dringlichkeit an dieser Verkehrsschlagader nicht nachts und auch nicht an den Wochenenden gearbeitet wird, erklärt das ASV mit Lärmschutzgründen.

Laura Krogmann und Marcus Fassl sind an diesem Montag seit fünf Uhr morgens im Dienst. Sie stehen an der Haltestelle Am Brill. Sie tragen neongelbe Sicherheitswesten, Fassl hat auch noch die gefütterte orangefarbene Jacke angezogen. Es ist frisch. Krogmann und Fassl arbeiten für die BSAG. Sie sprechen jeden an, der ein bisschen verloren wirkt. Und das sind um diese Zeit einige Menschen.

„Wer von hier sonst zur Schicht ins Güterverkehrszentrum muss, fährt mit der Linie 63“, sagt Fassl. Die Haltestelle Am Brill fährt der 63er in der nächsten Zeit aber nicht mehr an. Wie gut, dass Fassl und seine Kollegin ihre Umhängetaschen voll mit Faltplänen haben. Auf mehreren Seiten erklärt die BSAG ihren Fahrgästen, welche Umleitungen und zusätzlichen Linien es während der Bauphase gibt. „Im Grunde haben wir ein neues Liniennetz entworfen“, sagt Lars Degen, Verkehrsplaner bei der BSAG.

Alle Beteiligten haben lange auf diesen Tag hingefiebert. Wie würden die Menschen die Sperrung aufnehmen? Wie stark würden die Umleitungen beansprucht, etwa Wilhelm-Kaisen-Brücke und Stephanibrücke, beide sowieso schon stark frequentiert? Vonseiten der Polizei heißt es nach den ersten Stunden der Sperrung: „Keine Auffälligkeiten. Die Verkehrsteilnehmer haben sich offensichtlich auf die geänderte Verkehrsführung eingestellt.“

Für jeden Radfahrer und Fußgänger gilt das an diesem Tag aber noch nicht. Auf der gesperrten Brücke hat die beauftragte Baufirma am frühen Nachmittag extra einen Mitarbeiter abgestellt, der auf Höhe Weserburg kontrolliert, dass nicht doch jemand die Absperrbaken zur Seite schiebt und hindurchschlüpft. „Das ist heute tatsächlich schon ein paar Mal passiert“, sagt der Mann, „vorhin musste ich eine ganze Gruppe Radfahrer und Fußgänger zurückschicken. Die hat es gar nicht interessiert, dass dies hier eine Baustelle ist.“ Womöglich, sinniert er, müsste man die Baken in den nächsten Tagen gegen einen festen Gitterzaun austauschen. „So geht das jedenfalls nicht.“ BSAG und ASV gehen davon aus, dass sich in den nächsten drei, vier Tagen alles eingespielt hat.

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