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Individuelle Wege durch die Trauer Hilfe mit Empathie

Seit 15 Jahren unterstützt der Hospizdienst Jona Eltern und Kinder, die geliebte Menschen verloren haben. Monika Mörsch und Jutta Phipps erzählen von der Trauerarbeit.
31.05.2021, 05:00 Uhr
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Von Matthias Holthaus

Eine schwere Krankheit, der leidvolle Verlust eines geliebten Menschen, eine belastende Familiensituation: Es gibt viele Gründe, die zu einer Überforderung der beteiligten Personen führen. Hilfe zur Bewältigung dieser vielschichtigen Probleme bietet kostenfrei der Ambulante Kinderhospizdienst Jona an, der in diesem Jahr sein 15-jähriges Bestehen feiern kann.

„Wir begleiten Familien, in denen Kinder erkrankt sind, zu Hause“, erklärt Koordinatorin Monika Mörsch vom Hospizdienst. „Und wir begleiten auch Familien, in denen ein Elternteil erkrankt ist und in denen Kinder leben.“ Der Ambulante Kinderhospizdienst Jona kann dabei auf einen Pool von ehrenamtlichen Mitarbeitern zurückgreifen.

Geschwisterkinder brauchen auch mal eine Auszeit

Neben den erkrankten Kindern oder den Elternteilen kümmern sich die Begleiter auch um Geschwisterkinder: „Die kommen dann häufig zu kurz“, sagt Monika Mörsch. Dann gehe es darum, dass diese Geschwister auch mal Auszeiten bekommen: „Wo sie einfach mal Kind sein dürfen, und keine Last tragen müssen. Wir dürfen die Bedürfnisse von Kindern nie aus den Augen verlieren.“ Einen fest vorgegebenen Ablauf der Betreuung gibt es dabei nicht: „Die Familie gibt den Ton an, wie die Unterstützung aussehen kann.“

In normalen Zeiten engagieren sich 34 Ehrenamtliche im Alter von 20 bis 82 Jahren für den Ambulanten Hospizdienst Jona. Doch normale Zeiten sind durch die Pandemie momentan noch nicht in Sicht, sodass es derzeit 20 Begleiter sind. Durch Corona sei die Lage für Familien noch dramatischer als ohnehin schon, sagt die Koordinatorin Jutta Phipps, „denn die Familien sind ja schon so isoliert.“ Dann falle häufig noch die Schule aus, mitunter herrschen beengte Wohnverhältnisse. Es falle also sehr ins Gewicht, wenn die Ehrenamtlichen nicht in die Familien dürfen.

Betreuung geht auch per Videoplattform weiter

Doch auch in schwierigen Zeiten muss die Betreuung nicht aufgegeben werden: Dann werde schon mal über eine Videokommunikationsplattform gemeinsam ein Kuchen gebacken oder bei den Hausaufgaben geholfen und Nachhilfe gegeben. „Wir haben auch viel telefoniert und Spielepäckchen versendet“, sagt Monika Mörsch. Außerdem verschickten sie Filme oder Links für Spieleplattformen im Internet.

Einmal in der Woche gehen die Begleiter im Durchschnitt in die Familien. Teilweise gehe das über Jahre, erzählt Jutta Phipps, „und es kann damit enden, dass das Kind geheilt ist oder die Familie die Begleitung nicht mehr möchte.“ Und wenn das Kind stirbt, sei das auch für die Ehrenamtlichen einschneidend: „Dann endet die Arbeit der Ehrenamtlichen nicht, sondern sie können auch Trauerbegleiter bleiben. Sie dürfen so lange bleiben, wie die Familie es wünscht.“

Mitarbeiter sollen auch mal kürzer treten

Wenn das Kind verstorben sei und die Begleitung eventuell vorbei, dann sollten die Ehrenamtlichen erst einmal eine Pause einlegen. „Einen Schritt zurücktreten, um das alles zu verarbeiten“, sagt Monika Mörsch. Unterstützung erhalten die Begleiter vom Kinderhospiz: „Wir haben regelmäßige Fortbildungen und Supervision. Außerdem tragen sich die Ehrenamtlichen in der Gruppe und stützen sich. Und wir selbst sind ja auch noch da.“ Denn gerade bei neuen Ehrenamtlichen ist solch eine Stütze wichtig: „Bei der ersten Begleitung rufen wir die Ehrenamtlichen häufiger mal an.“

Neu im Programm des Ambulanten Kinderhospizdienstes Jona ist die Trauerbegleitung für Eltern: „Das gab es bisher sehr wenig, und das wollen wir verändern“, sagt Jutta Phipps. Einzel- und Paarberatung haben sie im Angebot, denn Paare trauern unterschiedlich: „Nicht selten brauchen Paare Unterstützung, um eine Perspektive zu entwickeln.

Es gibt Ratschläge, die nicht weiterhelfen

Und wie gehe ich mit den Kindern um und mit dem Umfeld?“ Häufig gebe es aus diesem Umfeld auch falsche Ratschläge: „Das wird schon wieder“ heißt es dann oft, „Zeit heilt alle Wunden“ oder auch „Ihr könnt ja noch weitere Kinder bekommen“. „Das hilft nicht in der Untröstlichkeit des Verlustes“, sagt Jutta Phipps. Vielmehr möchte die Trauerbegleitung einen eigenen Weg durch die Trauer aufzeigen: „Wie können wir ins Leben zurückfinden, ohne Kind? Da hat jeder seinen eigenen Weg und seine eigene Zeit.“
Wichtig dabei sei auch die Vernetzung. Zu wissen, dass man nicht alleine ist mit seiner Trauer, kann dabei einen Trost bedeuten: „Trauernde Eltern sind sehr an Austausch
interessiert und wollen mit ihrer Trauer
gesehen werden. Aber auch, um zu sehen: Was ist mir bereits gelungen, was tut mir gut?“

Zeigen, dass man da ist

Die Trauerbegleitung möchte den Eltern unaufdringlich eine Hilfe sein: „Es gibt keine tröstenden Worte bei diesem Verlust. Es kommt darauf an zu zeigen, dass man da ist. Und darauf, zu schauen, im Alltag eine Hilfe zu sein.“

Im Juni dieses Jahres wird das Ambulante Kinderhospiz Jona 15 Jahre alt. Am 12. September soll gefeiert werden, das ist jedenfalls der momentane Plan, innerhalb des Sommerfestes der Stiftung Friedehorst in Bremen-Nord. „Es ist wichtig, das zu feiern“, sagt Jutta Phipps. „Wir möchten gerne Events anbieten, die das Leben feiern und die Familien zusammenbringen. Und wir möchten, dass die Leute sehen, dass nicht alles nur todtraurig ist. Es geht auch ums Spaß haben, um das Leben.“

Info

Wer Interesse an einer ehrenamtlichen Mitarbeit hat oder die Hilfe des Ambulanten Kinderhospizdienstes Jona in Anspruch nehmen möchte, kann unter Telefon 6 38 12 69 oder kinderhospiz@friedehorst.de Kontakt aufnehmen. Weitere Informationen sind unter https://www.friedehorst.de/jona erhältlich.

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