Der Streit hatte im Juli 2017 mit einer eigentlich harmlosen Verkehrskontrolle in der Bremerhavener Goethestraße begonnen. Die Beamten wollten die Personalien eines Mannes überprüfen, weil er nicht angeschnallt Auto gefahren war. Daraufhin entwickelte sich eine Auseinandersetzung, in die sich mehrere Mitglieder der Familie des Mannes einmischten und die Beamten angriffen.
Insgesamt wurden bei dem Handgemenge damals acht Menschen verletzt, darunter auch ein Kind. Seit Montag müssen sich fünf Geschwister der Familie, die nach eigenen Angaben Anfang der 80er-Jahre aus dem Libanon geflohen war, wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor dem Bremer Landgericht verantworten.
Die Geschehnisse bei dem Angriff in Bremerhaven waren aber nicht die einzigen Straftaten, die beim Prozessauftakt Thema waren: Neben der Hauptanklage gegen die vier Männer und eine Frau zwischen 27 und 38 Jahren erhob die Staatsanwaltschaft vier weitere Anklagen ebenfalls wegen Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bei verschiedenen Auseinandersetzungen in den Jahren 2016 und 2017. Abgesehen davon sitzt einer der angeklagten Männer derzeit wegen eines anderen Verfahrens in Untersuchungshaft, in einem anderen Fall wird noch ermittelt.
Während des Streits um die Personenkontrolle hatten zwei der Angeklagten laut Staatsanwaltschaft die Beamten unter anderem mit zerborstenen Bierflaschen bedroht. Als ein Beamter Pfefferspray einsetzte, um die Lage zu beruhigen, wehrte sich einer der Angeklagten ebenfalls mit Pfefferspray. Mehrere Polizisten erlitten durch die Angriffe der Familienmitglieder unter anderem Schürfwunden, Prellungen an der Schulter, am Kiefer und am Unterschenkel, heißt es in der Anklage. Keiner der Angeklagten wollte sich am ersten Verhandlungstag zu den Vorwürfen äußern.
Ärger in der Bremer Politik
Im Vorfeld des Prozessauftakts hatte die Kammer um Richterin Gesa Kasper versucht, das Verfahren durch eine Verständigung zwischen allen Parteien abzukürzen. Der Vorschlag von Gericht und Staatsanwaltschaft: unterschiedlich lange Haftstrafen bis zu einer Dauer von zwei Jahren und drei Monaten für die angeklagten Männer und eine Geldstrafe für die Frau. Grundsätzlich sind aufgrund der Anklagepunkte bis zu zehn Jahre Haft möglich.
Die Anwälte hatten eine Einigung zunächst unter anderem mit dem Hinweis auf die seit der Tat hinzugekommenen Verfahren abgelehnt. Lorenz Hünnemeyer, der den in Untersuchungshaft sitzenden Angeklagten vertritt, sagte allerdings, dass man eine Einigung nicht grundsätzlich ablehne. „Vielleicht kann man sich auf eine Gesamtlösung verständigen“, sagte er.
Ebenfalls nicht einverstanden waren die Verteidiger mit dem Vorschlag der Richterin, gemeinsam ein Video des Geschehens in Bremerhaven anzuschauen. Sie halten es für ausreichend, die Bilder, die auch im Internet verfügbar sind, im Rahmen der Zeugenbefragungen anzusehen. Der Prozess wird nun am 15. Oktober ab 9 Uhr fortgesetzt.
Für Ärger in der Bremer Politik hatte der Fall im November 2017 gesorgt. Damals hatten vier der jetzt Angeklagten erfolgreich gegen ihre Untersuchungshaft geklagt. Sie hatten vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) Recht bekommen, weil zwischen der Festnahme und dem Beginn des Prozesses mehr als die maximal erlaubten sechs Monate lagen.