Keine Frage, Norman Aksoy ist ein kontaktfreudiger Typ. Zum Gespräch mit dem neuen „Ansprechpartner für Integration und Migration“ der Bremer Polizei gehört ein Foto, das von ihm auf dem Marktplatz geschossen werden soll. Gelegenheit für den 44-Jährigen zu einem kurzen Plausch mit einem Markthändler („Ich leg’ mal eben meine Jacke bei euch hin“) und zum Flachsen mit Passanten („Nein, ist nicht für Germany’s next Topmodel. Wieso, meinen Sie, ich hätte da Chancen?“). „Die Verbindung der Polizei zum Bürger liegt mir am Herzen“, wird Norman Aksoy später sagen. „Es ist wichtig, dass wir da Brücken schlagen.“
Aksoy ist 44 Jahre alt. Ein Urbremer, wie er sagt. Vater Türke, Mutter Deutsche, aufgewachsen in Gröpelingen, wo er bis heute wohnt. „Zweisprachig aufgewachsen und groß geworden in einer ...“, kurz stockt Aksoy, lächelt dann, „... bunten Community“. Nicht die schlechtesten Voraussetzungen für seine neue Aufgabe, die er Anfang Juli offiziell übernommen hat.
Dabei hätte es auch ganz anders kommen können. „Ich hatte eine etwas längere Orientierungsphase“, erzählt er. Dazu gehörte auch ein Jura-Studium, Schwerpunkt Strafrecht. Aber Anwalt werden? Klienten rauspauken, „auch wenn sie schuldig sind wie die Nacht ....?“ Nein, irgendwann habe er gemerkt, dass er sich da auf der falschen Seite gefühlt hätte. Gut und wichtig, dass es Anwälte gibt – „aber mit mir wäre das schwer zu vereinbaren gewesen“.
Auf der richtigen Seite
Vor 16 Jahren hat er bei der Bremer Polizei angefangen. Nach der Ausbildung ging’s – wie üblich – zur Bereitschaftspolizei. Dann zehn Jahre im Innenstadtrevier, die letzten fünf im Kontaktbüro, das Schaufenster bei Karstadt in der Obernstraße. Und nun also Integrationsbeauftragter. Nicht ganz neu für ihn, wegen seiner türkischen Herkunft und seiner Sprachkenntnisse wurde Aksoy auch zuvor schon häufig hinzugezogen, wenn es zum Beispiel Konflikte in der türkischen Gemeinschaft gab. „Dabei habe ich gemerkt, dass ich gut kann mit Leuten“, sagt er. „Und, dass es Spaß macht, mit verschiedenen Kulturen, Ethnien oder Religionen umzugehen.“
Genau das ist jetzt seine Aufgabe. Kontakte knüpfen, Ansprechpartner sein für die großen und kleinen migrantischen Gemeinschaften in Bremen, für Vereine und Verbände oder auch für die Schulen. Mit ihnen zusammenarbeiten, ein offenes Ohr haben für Sorgen und Nöte, Schwingungen aufnehmen. „Wo können wir besser werden?“ Und all dies dann natürlich auch innerhalb der Polizei kommunizieren. Nicht zuletzt sei er ja auch nach innen, für die Kollegen, ein Ansprechpartner, betont Aksoy. Derzeit ist der 44-Jährige viel unterwegs. „Ich gehe in die Communitys und stelle mich vor.“ Unlängst hat er zum Beispiel die Bremer Hindu-Gemeinde besucht, und auch bei den Sikhs war er schon zu Gast. „Das ist wirklich spannend, ich lerne unglaublich viel Neues kennen“, erzählt er mit ansteckender Begeisterung. Und die Resonanz sei sehr positiv: „Die freuen sich über das Interesse an ihrer Religion, sind angetan, dass mal jemand auf sie zukommt.“ Wobei Norman Aksoy auch gerne die Gelegenheit nutzt, um die Arbeit der Polizei zu erklären. „Was wir machen ist ja oft nicht transparent und führt dann leicht zu Missverständnissen.“
Misstrauen abbauen und Vertrauen aufbauen ist ein wichtiger Bestandteil seiner Tätigkeit. Insbesondere gegenüber Migranten, die aus Ländern kommen, in denen ein ganz anderes Bild von der Polizei herrscht, wie etwa in vielen Staaten Afrikas. „Denen muss man erst mal klar machen, das sie hier nicht beschimpft, geschlagen oder weggeschickt werden.“ Die Folgen davon gehörten zum Alltag jedes Polizisten. Man komme mit guten Intentionen irgendwo hin, stoße aber trotzdem auf Ablehnung. „Daran muss man als Polizei arbeiten. Um auch zu diesen Menschen einen Zugang zu finden.“
Das beginne damit, dass man mit ihnen im normalen, anständigen Ton rede, „damit sie sich als Menschen fühlen“. Dass dies nicht jedem seiner Kollegen gelingt, weiß Aksoy. Er sieht die Bremer Polizei insgesamt aber auf einem guten Weg. „Durch die letzten starken Eingangsjahrgänge sind wir ja selbst unglaublich bunt geworden.“ Hinzu kämen interne Schulungen, etwa zur interkulturellen Kompetenz oder zum Racial Profiling. Gerade die jüngeren Kollegen seien beim Thema Diskriminierung aber ohnehin sehr sensibel. Was dazu führe, dass die Kollegen ihr Verhalten auch untereinander kritischer sähen. Für Aksoy ein Zeichen der Zeit. „Die Altersstruktur innerhalb der Polizei verändert sich. Das ist doch gelebte Diversität, die da kommt.“
Und was macht ein Oberkommissar, wenn er nicht in Sachen Integration unterwegs ist? Herumwerkeln. Alte Dinge restaurieren, Möbel zum Beispiel. Oder einen Oldtimer. „Das ist der kreative Teil meines Lebens. Ich muss immer beschäftigt sein.“
Und im ständigen Kontakt bleiben mit seiner Umwelt. Als ihm am Ende des Treffens im Café beim Aufstehen ein Kugelschreiber aus der Tasche auf den Boden fällt, macht ihn ein älteres Pärchen am Nachbartisch darauf aufmerksam. Aksoy bedankt sich mit einem launigen Spruch, und wenig später sind die drei Personen in ein munteres Gespräch über Sicherheit, Polizeiarbeit und die Parkplatzsituation in Bremen vertieft – wie das eben so ist, wenn Bürger auf einen Polizisten treffen, dem der Kontakt zu ihnen wichtig ist.