Die Geschäftsführerin der Gesundheit Nord (Geno), Jutta Dernedde, hat am Mittwoch in der Gesundheitsdeputation einen Plan vorgestellt, wie der wirtschaftlich schwer angeschlagene Klinikverbund in den nächsten drei bis fünf Jahren eine schwarze Null erreichen will. „Reorganisationsphase mit schrittweiser Ergebnisverbesserung“ sind diese Maßnahmen in dem Plan überschrieben, den Dernedde den Deputierten präsentierte.
„Einiges muss auf den Prüfstand, wir sind gerade dabei, defizitäre Bereiche und Abläufe in den Kliniken Mitte, Ost, Nord und Links der Weser zu identifizieren“, kündigte die Geno-Geschäftsführerin an. Als konkretes Beispiel nannte Dernedde das Vorhalten von OP-Teams in den einzelnen Kliniken rund um die Uhr. „Wenn diese Vorhaltungskosten nicht durch ausreichende Erlöse gedeckt sind, muss man sich die Frage stellen, ob es nicht wirtschaftlicher wäre, eine OP-Bereitschaft in den Nachtstunden etwa nur noch am größten Standort Mitte vorzuhalten.“ OP-Teams rund um die Uhr an allen vier Standorten vorzuhalten, das sei angesichts der Zahlen „nicht ansatzweise finanzierbar“.
Um zusätzliche Erlöse zu generieren, will der Klinikverbund künftig stärker als bisher auf die Ambulantisierung medizinischer Leistungen setzen. Dernedde: „Wir brauchen mehr ambulante Versorgungsstrukturen.“ Dafür sollen unter anderem frei werdende Arztsitze von der Kassenärztlichen Vereinigung aufgekauft werden. Hochspezialisierte Leistungen an den vier Standorten, die auch aufgrund des steigenden Bedarfs besonders erlösträchtig sind, sollen ausgebaut werden. Als Beispiel nannte Dernedde das Herzzentrum am Klinikum Links der Weser und das Lungenzentrum am Klinikum Ost. Außerdem will der Klinikverbund ein Angebot für Krankenhaus-Patienten aufbauen, die zwar nicht
mehr stationär versorgt werden müssen, aber noch eine Kurzzeit-Versorgung benötigen. Erste Gespräche gebe es dazu mit der Bremer Heimstiftung als möglichem Kooperationspartner. Dernedde: „Zur Not bauen wir das auch in Eigenregie auf.“ Nach Auskunft der Geschäftsführerin machen vor allem auch gesetzliche Vorgaben zum Personalschlüssel dem Klinikverbund zu schaffen: Weil die festgelegten Personaluntergrenzen aufgrund des Fachkräftemangels in der Pflege nicht jederzeit eingehalten werden könnten, müssten immer wieder Betten gesperrt werden.
So seien unter anderem aus diesem Grund durchschnittlich 400 bis 500 Betten weniger im Betrieb. In 50 Prozent der Fälle seien medizinische Gründe ausschlaggebend, etwa wenn Patienten mit multiresistenten Keimen zunächst allein in einem Zimmer untergebracht werden müssten. Die andere Hälfte entfalle auf Bettensperrungen, weil nicht ausreichend Personal da sei. Dernedde: „Das summiert sich.“
Millionen-Hilfe aufgebraucht
Wie der WESER-KURIER in der vergangenen Woche berichtete, hat sich die wirtschaftliche Lage des kommunalen Klinikverbunds noch einmal drastisch verschärft: Einem Papier, über das der Senat ebenfalls in der vergangenen Woche beraten hat, ist demnach zu entnehmen, dass die Geno spätestens 2021 zahlungsunfähig ist, wenn die Stadt kein weiteres Geld zuschießt. Erst im Sommer vergangenen Jahres hatte die Bürgerschaft für die Geno außerplanmäßig 205 Millionen Euro locker gemacht; damit sollten vor allem Kredite für den Neubau am Klinikum Mitte abgelöst werden, ein Betrag von 63 Millionen Euro war als Liquiditätshilfe vorgesehen.
Die Deputierten wollten wissen, warum diese Millionen-Hilfen so schnell „geschmolzen“ waren und warum sich der kommunale Klinikverbund in einer noch angespannteren wirtschaftlichen Situation befinde. Dernedde verwies auch auf Gründe wie gesetzliche Personal- und Tarifvorgaben sowie den kontinuierlichen Rückgang vollstationärer Behandlungen. Diese Entwicklungen träfen aber auch andere Bremer Kliniken und Betreiber bundesweit, wie die Deputierten bemerkten. Dernedde räumte ein: „Es war eine falsche Annahme, dass wir kurzfristig die Null-Linie, sprich: ein ausgeglichenes Ergebnis, erreichen können. Wir hatten uns mehr Stabilität im Gesamtsystem erhofft.“ In einer Aufsichtsratssitzung im Dezember sollen konkrete und aktuelle Maßnahmen benannt werden.
Der Neubau am Klinikum Mitte beschäftigte als weiteres Hauptthema die Sitzung der Deputierten: Klaus Beekmann, in der Geno-Geschäftsführung zuständig für Infrastruktur und Technologien, und Klaus Vinke, Leiter „Besonderes Projektmanagement“, informierten über den Zeitplan. Die CDU hatte einen Bericht angefordert, nachdem im Sommer Probleme mit der Klimatechnik in einem besonders sensiblen Bereich auftraten. Zwei Krebspatienten mussten aus dem Neubau zurückverlegt werden.
Beekmann betonte: „Diese technischen Probleme hätten vorher erkannt werden können, darüber sind wir in der Auseinandersetzung mit dem Generalplaner. Die Mehrkosten in Höhe von rund 500.000 Euro sind durch das Budget gedeckt.“ Vinke: „Das sind technische Ruckeleien, die gut in den Griff zu bekommen sind.“ Der Zeitplan für die Umzüge und die Fertigstellung des Neubaus sei dadurch nicht gefährdet. „Ende des ersten Quartals 2021 wird der Teilersatzneubau inklusive des neuen Eltern-Kind-Zentrums vollständig in Betrieb sein. Das können wir hier heute bestätigen“, betonte Beekmann.
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