Welche Folgen die Corona-Pandemie für Menschen haben wird, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, ist unklar. Bremen hat sich breiter aufgestellt, was Zufluchtsorte und Beratungsangebote angeht: Ende April sind 31 zusätzliche Plätze in Frauenhäusern geschaffen worden, auch um in den stets überlasteten Einrichtungen den Infektionsschutz zu wahren.
Aus einer Antwort des Senats auf eine Grünen-Anfrage geht hervor, dass sich die Frauenhäuser in Bremen und Bremerhaven unterschiedlich auf die Pandemie eingestellt haben. Ein Haus biete ohnehin ausschließlich Einzelzimmer für Frauen an, die dort mit ihren Kindern unterkommen können. Die anderen Einrichtungen hätten ihre Belegung pro Zimmer auf zwei bis drei Personen reduziert; Frauen werden nur dann gemeinsam untergebracht, wenn sie auch schon vor der Pandemie zusammen in einem Zimmer gelebt haben. Masken und Desinfektionsmittel werden von den Häusern zur Verfügung gestellt.
Aufnahmestopp durch Corona-Fall
Dennoch hatte es in einem Frauenhaus einen Corona-Fall gegeben, es folgte ein vorübergehender Aufnahmestopp. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde ist dieser inzwischen aufgehoben, die Lücke sei durch die zusätzlichen Kapazitäten gut aufgefangen worden. „Sie reichen aktuell auch aus, um den Bedarf zu decken“, erklärt der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Lukas Fuhrmann. „Sollte das nicht mehr so sein, würden wir natürlich über eine Ausweitung der Kapazitäten nachdenken.“
Zuletzt hatten verschiedene Frauenhäuser in Bremen gemeldet, dass bisher kein Anstieg der Nachfragen zu verzeichnen sei. Es gibt Befürchtungen, dass sich Übergriffe zu Hause mehren könnten und Frauen und Kinder wegen der Corona-Maßnahmen keine Möglichkeit hätten, Frauenhäuser aufzusuchen.
Auch Beratungsstellen für Opfer von häuslicher Gewalt bieten weiterhin ihre Hilfe uneingeschränkt an, das geht aus den Antworten des Senats auf die Grünen-Anfrage hervor. Das betreffe die Initiativen Neue Wege – Wege aus der Beziehungsgewalt, Männer gegen Männergewalt, Notruf, Schattenriss sowie das Mädchenhaus und das Jungenbüro.
Die Beratungsstellen haben der Antwort zufolge ihre Telefonzeiten erweitert oder bieten Videokonferenzen sowie Chats an. Weil aber aus Sicht der Mitarbeiter der direkte Kontakt gerade bei Erstgesprächen wichtig sei, werden mitunter auch Spaziergänge im Freien angeboten, um die Betroffenen kennenzulernen. Andere haben in ihren Beratungsstellen Schichtsysteme eingeführt, um auf diese Weise den Infektionsschutz weitgehend zu wahren.
Nach Einschätzung von Bärbel Reimann, stellvertretende Landesfrauenbeauftragte, könnte der Druck steigen: „Die Frauenhäuser sind voll, die Auslastung ist seit Jahren sehr hoch“, betont sie. Eine Beratungsstelle habe bereits vermehrt Anfragen gemeldet. Ob dies nur ein vorübergehendes Phänomen sei oder Anzeichen für mehr Fälle von Partnerschaftsgewalt, sei unklar. „Fakt ist, dass die Frauenhäuser seit Jahren am Limit arbeiten und nun mehr denn je Unterstützung brauchen“, erklärt Reimann.
Zuletzt hatte die Bremer FDP-Fraktion gefordert, Hilfsangebote für Frauen und Kinder, die von Gewalt betroffen sind, deutlich auszubauen. In dem Antrag hatten die Liberalen gefordert, das vom Bund im Februar aufgelegte Investitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ zu nutzen, um damit Angebote in Bremen zu unterstützen und mit den Mitteln Frauenhäuser oder Beratungsstellen zu sanieren. Mit der Unterzeichnung einer entsprechenden Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund könne Bremen „einen Grundstein für besseren Schutz für von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern“ legen, hieß es im entsprechenden Antrag der FDP-Fraktion.