Es klingt nach Bewegung, was sich da im Bremer Süden laut Berechnung des Statistischen Landesamtes so alles bis zum Jahr 2027 tun soll: Menschen wandern ab und zu, bauen, bekommen Kinder, wechseln den Stadtteil und sorgen mit all dem schließlich dafür, dass die Bevölkerung in den einzelnen Wohnquartieren entweder wächst oder schrumpft. Dabei folgt der Stadtbezirk Süd prinzipiell dem bremenweiten Trend mit einer nahezu stabilen Bevölkerungszahl (wir berichteten im Hauptteil). Dennoch macht ein genauerer Blick auf die einzelnen Ortsteile klar, dass an einigen Stellen von Stillstand keine Rede sein kann. Immer vorausgesetzt, die Entwicklung nimmt tatsächlich den Verlauf, den die Statistiker errechnet haben.
Aktuell wohnen in den Ortsteilen links der Weser etwa 128 800 Menschen und stellen damit knapp 23 Prozent aller Stadtbewohner Bremens. Nur 124 Frauen und Männer weniger werden es 2027 laut der Vorausberechnung sein. Die stärksten Zuwächse bis zum Jahr 2027 werden für die Ortsteile Huckelriede (plus 19 Prozent) und Strom angenommen (siehe Grafik). In Letzterem sollen dann sogar knapp 25 Prozent mehr Menschen wohnen als noch 2018. Unterm Strich wären das zwar nur etwa 100 Bewohner mehr, doch für das 435-Seelen-Dorf ist das ein bemerkenswerter Zulauf, den Ortsamtsleiter Wilfried Frerichs ausdrücklich begrüßt.
„Wenn sich die potenziellen Investoren, Eigentümer und Stadt im Neubaugebiet Stellfeldsweg nach den langen Jahren, die wir auf den heutigen Stand warten mussten, einigen können, sind die Zahlen realistisch und erfreulich für Strom“, so Frerichs. Für den dörflichen Ortsteil sei der Zuwachs wichtig, „um unsere Infrastruktur wie Schule und Sportverein zu erhalten, aber auch um neue wie den Breitbandausbau vorantreiben zu können“, sagt der Ortsamtsleiter.
In Huckelriede sorgen zwei Großbauprojekte für reichlich Bewegung in der Bevölkerungzahl. Allein in der Gartenstadt Werdersee werden im Laufe der kommenden fünf Jahre 1400 zusätzliche Bewohner erwartet. Zusätzlich geht die Baubehörde davon aus, dass am Werdersee neben der Scharnhostkaserne zwischen 2021 und 2026 290 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern bezogen werden können. 1475 Menschen mehr als noch 2018 werden für Huckelriede daher im Jahr 2027 errechnet – nach Abzug wie beispielsweise der angenommenen Wegzüge sowie der Menschen, die laut der durchschnittlichen Lebenserwartung sterben könnten.
Ob in die Neubaugebiete jedoch tatsächlich die angenommene Zahl an Bewohnern einziehen werde, sei schwierig vorherzusagen, heißt es dazu aus dem Statistischen Landesamt. Das hänge ganz davon ab, ob auch alle Wohnungen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bezogen würden. Und ob tatsächlich Familien in größere Wohnungen ziehen würden oder weniger Personen als angenommen.
Neue Bewohner im Tabakquartier
In anderen Quartieren links der Weser machen sich Neubaugebiete im vorgelegten Zahlenwerk wesentlich weniger bemerkbar. So fällt die Planung des Tabakquartiers in Woltmershausen bis zum Jahr 2027 zunächst kaum ins Gewicht. Der Zuwachs für den Ortsteil wird dort nur mit 200 Personen und damit knapp zwei Prozent mehr als der heutigen Bevölkerung beziffert.
Auch wenn immerhin 400 neue Bewohner in die Berechnung mit eingeflossen sind, die nach Schätzung des Bauressorts bereits ab 2022 in neu errichtete Mehrfamilienhäuser im Tabakquartier einziehen könnten. Auch weitere Wohnungen werden verteilt auf andere Orte im Ortsteil entstehen. Im Statistischen Landesamt ist zu erfahren, dass der Zuwachs durch die Neubaugebiete jedoch nicht voll zum Tragen komme, weil andere Effekte wie Umzüge innerhalb des Stadtgebietes parallel dazu stattfinden würden.
Die höchsten Bevölkerungsverluste in Bezug auf seine Größe muss laut Vorausberechnung der Ortsteil Grolland im Bremer Süden hinnehmen. Rund 7,4 Prozent weniger Bewohner als 2018 könnten dort 2027 leben. Da es aber ein relativ kleiner Ortsteil mit aktuell 3222 Bewohnern ist, schrumpft die Bevölkerung dort voraussichtlich nur um 240 Personen. Auch für die Gartenstadt Süd errechnen die Statistiker einen Verlust von 5,5 Prozent der heutigen Bewohner. Das wären 285 Menschen, die in der Summe fehlen würden.
Für viele Zukunftsaufgaben der Stadt spielt es eine große Rolle, inwieweit sich die Altersstruktur innerhalb der Ortsteile verändern wird: Sind mehr Kleinkinder und Schulkinder zu erwarten, werden neue Kita- Und Schulplätze vor Ort gebraucht. Gibt es deutlich mehr ältere Menschen, müssen für deren Bedürfnisse die Angebote ausgeweitet werden.
Insoweit werden sich wohl insbesondere die Fachleute der Senatorin für Kinder und Bildung sowie der Sozialsenatorin das Zahlenwerk aufmerksam anschauen. Aber auch alle anderen Fachressorts Bremens werden vom Bremer Senat aufgefordert, die aktualisierten Vorausberechnungen zur Bevölkerungsentwicklung zu berücksichtigen und in ihre Fachplanung mit einzubeziehen.
Bremenweit verzeichnet besonders die Altersgruppe der Sechs- bis Zehnjährigen starke Zuwächse (etwa 9,1 Prozent) bis 2027. Direkt dahinter folgen die Zehn- bis 16-Jährigen (plus 8,5 Prozent) und die Menschen, die älter als 80 Jahre alt sind (plus 7,4 Prozent). Stärkere Abweichungen zu diesem Trend in der Stadt, zeigen sich insbesondere in der Alten Neustadt, die prozentual weit überdurchschnittlich viele Kleinkinder und Jugendliche hinzubekommen wird. Auf mehr als 30 Prozent Zuwachs in der Gruppe der Über-80-Jährigen müssen sich außerdem die Ortsteile Neustadt, Buntentor und Kattenturm einstellen.