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Urlauber am Bremer Airport "Wir fühlen uns auf Mallorca willkommen"

Gut 20.000 Insulaner haben auf Mallorca an der Demo gegen den Tourismus teilgenommen. Fühlen sich die Urlauber auf dem Weg zur Balearen-Insel jetzt noch willkommen? Was sie dazu am Bremer Airport gesagt haben.
23.07.2024, 05:00 Uhr
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Von Florian Schwiegershausen

Die Demonstrationen der Einheimischen auf der Ferieninsel Mallorca reißen nicht ab. Am Sonntag waren laut Polizeiangaben 20.000 Menschen auf der Straße, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Sie hielten Plakate in die Luft mit Aufschriften wie „Your luxury, our misery“ (auf deutsch: Euer Luxus ist unser Elend) oder „Wir wollen nicht die Vorreiter beim Anstieg der Wohnkosten sein“. Auf einem anderen Schild wurden Billigflieger kritisiert. Was macht das mit Touristen, die auf dem Weg in den Urlaub auf der Insel sind?

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Montagmittag gegen 13 Uhr am Bremer Airport. Für den Ryanair-Flug nach Mallorca knapp zwei Stunden später haben die Schalter für den Gepäck-Check-In geöffnet. Für Nina Kley und ihre Familie soll es ins Hinterland von Mallorca gehen. Nachdem sie ihr Gepäck am Check-In-Schalter abgegeben haben, ist die Stimmung gut, es wird direkt das erste Foto gemacht, das alle von Oma bis zu den Enkelkindern abbildet. Aber fühlt sich Nina Kley auf Mallorca noch willkommen? Für sie ist es – im Gegensatz zur Oma – der erste Aufenthalt auf der Insel.

Kein Bedürfnis nach einem Bummel auf der Schinkenstraße

Kley hat von Demos der Einheimischen auf der Balearen-Insel gehört, trotzdem freuten sich alle Familienmitglieder auch weiterhin auf den Urlaub. "Wenn man die Menge an Touristen rund um den Ballermann sieht, kann ich es nachvollziehen, dass die Einheimischen protestieren", sagt Kley, "da werde ich aber bestimmt nicht sein." Ganz im Gegensatz zu den jüngeren Mitgliedern ihrer Reisegruppe: Diese besteht aus insgesamt zehn Personen und wird eine Miet-Finca in der Stadt Inca im Inselzentrum bewohnen. Von dort aus ließe sich theoretisch mit dem Zug nach Palma fahren. "Ich kann mir vorstellen, dass die Jüngeren unserer Gruppe dort zumindest mal in die Schinkenstraße schauen wollen", sagt Kley.

Kurz nach Nina Kley und ihrer Familie steht Tjark Seidenberg aus Hagen im Bremischen am Gepäckschalter. Für seinen Freundeskreis und ihn, darunter einige kleine Kinder, geht es für neun Tage nach Mallorca. Entsprechend müssen sie jetzt noch darauf warten, dass alle Kinderbuggys beim Sperrgepäck eingecheckt werden.

Die Reisegruppe hat sich im Hinterland in Campos ebenfalls eine Finca gemietet, die Urlauber zeigen Verständnis für die Einheimischen. "Auf Mallorca haben sich in den letzten Jahren vielleicht schon einige Menschen mit entsprechendem Geldbeutel auf der Insel eingekauft", sagt Seidenberg, und diese hätten ihr Eigentum dann wiederum zu hohen Preisen weitervermietet, vermutet er. Für die befreundeten Pärchen mit Kindern und ihn sei es der erste Mallorca-Urlaub in dieser Konstellation, jeder für sich sei schon mehrere Male auf der Insel gewesen.

"Nichts von Protesten mitbekommen"

Eine Mutter mit Kindern im Jugendalter sagt auf dem Weg zur Sicherheitskontrolle: "Von den Protesten habe ich nichts mitbekommen." So geht es auch einem jungen Pärchen mit Tochter: "Wir fühlen uns weiter willkommen auf Mallorca, von den Protesten haben wir nichts gehört." Für die dreiköpfige Familie geht es in den Nordosten der Insel.

All diese Binnen- und Butenbremer tragen mit ihrem Urlaub zu Mallorcas wirtschaftlicher Entwicklung bei. Die Tourismusbranche steht für 45 Prozent der Wirtschaftsleistung der Insel. Und eben diese Branche warnt davor, an dem Ast zu sägen, auf dem viele sitzen: Gut 20 Milliarden Euro ließen die Insel-Besucher in die Kassen Mallorcas fließen.

Gehälter zu niedrig für Wohnkosten

Die Demonstranten beklagen dagegen, dass nur eine Minderheit profitiere, während die große Mehrheit der Insulaner Jobs mit niedrigen Gehältern in der Tourismusbranche bekomme. Diese reichten nicht aus, um die immer teureren Wohnungen auf der Insel zu bezahlen. Zudem zerren Staus, Lärm und Schmutz an den Nerven der Einheimischen.

Zur Kundgebung am Sonntag hatte eine Gruppierung namens „Weniger Tourismus, mehr Leben“ aufgerufen. Nach Angaben von Marga Ramis, einer der verantwortlichen Menschen hinter der Bewegung, haben sich 100 Vereine und Organisationen angeschlossen, wie die „Mallorca Zeitung“ berichtete.

Bereits vor acht Wochen hatten bis zu 25.000 Menschen in Palma unter dem Motto „Sagen wir Basta!“ und „Mallorca steht nicht zum Verkauf!“ demonstriert. Urlauber, an denen die Demonstranten vorbeizogen, seien beeindruckt gewesen, schrieb die „Mallorca Zeitung“.

Auf jeden Einheimischen kommen 15 Urlauber

Auf Mallorca leben knapp 1,2 Millionen Einheimische. Im vergangenen Jahr wurden sie von 18 Millionen Urlaubern, davon 4,6 Millionen aus Deutschland und 3,4 Millionen aus Großbritannien, besucht. Zum Vergleich: Im Jahr 2019, also dem Jahr vor der Pandemie, zählten die Behörden noch knapp 14 Millionen Touristen.

Marga Prohens, die konservative Regierungschefin der Balearen, sagte der "Mallorca Zeitung": „Ich habe Verständnis für das Unbehagen vieler Bewohner, bitte aber darum, dass solche Demonstrationen nicht, wie in Barcelona geschehen, in Vandalismus gegenüber Urlaubern und Einwohnern ausarten.“ So sollen Touristen weiterhin willkommen sein, aber die Mieten nicht durch Privatunterkünfte in die Höhe getrieben werden.

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