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Jubiläum in der Neustadt Wenn afrikanische Christen feiern

Die einen tanzen und singen lautstark im Gottesdienst, die anderen feiern ihn eher still und nüchtern: Seit 30 Jahren kooperieren afrikanische Pfingstler und evangelische Christen in der Neustadt.
11.09.2018, 17:47 Uhr
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Wenn afrikanische Christen feiern
Von Karin Mörtel

Wenn Pastor George Okoro mit seiner afrikanischen Pfingstgemeinde im Gemeindezentrum Zion an der Kornstraße Gottesdienst feiert, ist das unüberhörbar. Die Frauen und Männer der „Living Word Ministries Bremen“ singen, tanzen, trommeln, spielen Schlagzeug und E-Klavier. Am vergangenen Wochenende ging es besonders lebhaft zu, denn es gab einen besondern Anlass zu feiern: Die Christen aus Afrika haben vor 30 Jahren einen Vertrag mit der Neustädter Gemeinde Zion unterzeichnet.

Zusammenarbeit auf Augenhöhe

„Damals war es deutschlandweit einmalig, dass sich eine evangelische Gemeinde einer afrikanischen öffnet und sogar einen Vertrag abschließt“, erinnert sich Hans-Günter Sanders, der damals der aktive Pastor in der Zion-Gemeinde war. Ein Mann habe vor der Tür gestanden und gefragt, ob er denn nicht an der Kornstraße Gottesdienst feiern und beten dürfe. „Wir ließen uns darauf ein und vereinbarten schriftlich Bedingungen, wie die Zusammenarbeit aussehen kann“, sagt Sanders weiter. Der zentrale Punkt schon damals für beide Seiten: Es sollte eine Kooperation auf Augenhöhe sein mit wöchentlichen Gesprächen über die Bibel und offene Fragen. Keine Mieter, sondern Glaubensschwestern und -brüder sollten es sein – auch in den schwierigen Momenten.

Als „tägliches miteinander Ringen“ beschreibt Sanders das, was die Neustädter Gemeinde fortan erlebte. „Zu Beginn feierten die Afrikaner noch Gottesdienste in weißen Gewändern und barfuß, das war für Zion schon sehr befremdlich“, erklärt der Pastor im Ruhestand.

„Es gab und gibt immer wieder Konflikte“, bestätigt Okoro, der seit 2009 die afrikanische Gemeinde leitet. Er findet das allerdings nicht schlimm, sondern sogar positiv, „wenn man darüber spricht und gemeinsam einen Weg findet, mit dem alle leben können“, sagt Okoro. „Vielen sind die Afrikaner immer noch zu laut, wir wiederum sind ihnen mit unserer nordischen, konservativen Art im Gottesdienst zu leise und zu wenig emotional – ich glaube, wir können voneinander noch immer viel lernen“, ist Sanders überzeugt.

Ihm und auch seinem Nachfolger Thomas Lieberum von der Vereinigten evangelischen Gemeinde Bremen-Neustadt ginge es darum, die Gemeinsamkeiten herauszustellen anstatt die Unterschiede zu betonen. „Auch wenn wir es unterschiedlich tun, so beten wir doch alle zu dem gleichen Herrn, das ist das Wichtigste“, sagt Sanders und Okoro pflichtet ihm bei.

Besonders beeindruckt hat Sanders die Art, wie die afrikanische Gemeinde ihren 30. Jahrestag zelebriert hat: Neben einem feierlichen Gottesdienst gab es für die Mitglieder beider Gemeinden ein opulentes Festmahl mit Ehrengästen aus dem „Bremer Treff“. Dieser dient im Stadtzentrum als kirchliche Begegnungsstätte für Menschen in materiellen, körperlichen oder seelischen Notlagen. „Nicht die gekrönten Häupter dieser Stadt einzuladen, sondern Menschen, die Zuwendung brauchen, das ist eine tolle Art, seine Dankbarkeit zu zeigen“, sagt Sanders.

Feier während der Integrationswoche

Für Okoro ist das selbstverständlich gewesen. „Das ist unsere Botschaft: Wir dienen den Menschen, die Hilfe benötigen.“ Außerdem sei es ihm wichtig gewesen, den runden Jahrestag der Vertragsunterzeichnung während der Bremer Integrationswoche zu feiern. „Denn das ist doch der Kern der Integration, wenn wir versuchen, uns gegenseitig zu verstehen und aufeinander zugehen“, so der Geistliche.

Jeden Sonntag um 12 Uhr feiert die afrikanische Gemeinde auch weiterhin tanzend und singend ihren Gottesdienst in englischer Sprache. Meistens in einem Saal an der Kornstraße 31, dessen Name ebenfalls widerspiegelt, was die Zusammenarbeit der beiden Gemeinden seit 30 Jahren ausmacht: „Solidarität“.

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