Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Zugvögel richten Schäden an Landwirt in Oberneuland klagt: Machtlos gegen gefräßige Gänse

Sie fressen Gras und Saaten und hinterlassen jede Menge Kot – Nicht nur auf den Feldern von Ladwirt Jürgen Drewes in Oberneuland richten Gänse, die auf der Durchreise sind, große Schäden an.
19.03.2023, 06:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Jörn Hildebrandt

„Ich habe versucht, die Gänse mit Böllern oder flatternden gelben Säcken zu vergrämen, doch das hat alles nichts genützt“, sagt Jürgen Drewes, Landwirt in Oberneuland. „Die Gänse kommen Anfang November und bleiben bis Ende März – in dieser Zeit fressen sie Gras im Grünland und Wintersaat auf den Äckern“, sagt er. Die Schäden sind nach Jürgen Drewes so stark, dass er nicht weiß, wie er seine Milchkühe ernähren soll. Denn sowohl Grünlandaufwuchs wie Getreide dienen den Tieren als Futter.

Dass nordische Gänse über Wochen auch in Bremer Gebieten rasten, ist nicht neu. Doch seit einigen Jahren hat sich das Problem verschärft: Denn immer mehr Nonnengänse lassen sich auf landwirtschaftlichen Flächen Bremens nieder. „Das Gras und die Saaten werden von den Gänsen so kurz abgefressen, dass die Wurzeln bei Bodenfrost keinen Schutz mehr haben“, führt Jürgen Drewes aus. Ihm bleibe nichts anderes übrig, als Reparatursaaten auszubringen oder Mais zu säen. Außer den Fraßschäden hinterlassen die Gänse auf den Agrarflächen jedoch auch große Mengen Kot, der ins Futter gelangen kann und Krankheitskeime einschleppen könnte, so Drewes.

Nonnengänse in der Wümmeniederung

„Besonders in der Wümmeniederung haben die Nonnengänse stark zugenommen“, sagt Rebeka Lemb, Geschäftsführerin der Stiftung Nordwestnatur, die sich um die Natur-und Landschaftsschutzgebiete in der Bremischen Wümmeniederung kümmert. Oft mit der Blessgans vergesellschaftet, brütet die Nonnengans, auch Weißwangengans genannt, hoch im Norden Europas und verbringt die kalte Jahreszeit vor allem in Gebieten der Niederlande und Norddeutschlands. „In der Dämmerung fliegen die Gänse in die großen Wasserflächen der Wümmeniederung, um dort zu schlafen, und am nächsten Morgen lassen sie sich wieder bevorzugt auf den weiten Grünland- oder Ackerflächen nieder“, sagt Rebekka Lemb.

Für die starke Zunahme der Nonnengänse seien mehrere Faktoren verantwortlich, so Lemb: „Früher hielten sie sich vor allem in den Salzwiesen der Nordseeküste auf, doch weil diese heute weniger landwirtschaftlich genutzt werden, sind sie für die Gänse nicht mehr attraktiv. Deshalb hat sich der Schwerpunkt der Vögel ins Binnenland verlagert“, sagt sie. „Gleichzeitig findet eine Verschiebung der Abflugzeiten statt: Bedingt durch den Klimawandel bleiben die Gänse rund vier Wochen länger in den Flächen, und die Schäden sind dementsprechend größer.“ Der Klimawandel führe auch dazu, dass Gänse in den milden Wintern weniger starke Verluste erleiden, so Rebekka Lemb. So kommen mehrere Ursachen zusammen, aus denen sich die starken Zunahmen der Nonnengänse erklären.

Schäden sollen dokumentiert werden

Vergrämungsaktionen hatten bisher nur geringen Erfolg, und auch das Jagen der Tiere würde wenig bringen. „Denn angesichts der Mengen von Gänsen hat es wenig Effekt, wenn Jäger einige Tiere herausschießen“, sagt sie. Sie empfiehlt den Landwirten, die entstandenen Schäden möglichst genau zu dokumentieren, zum Beispiel, indem Kästen mit Draht aufgestellt werden, unter denen die Fläche nicht von Gänsen geschädigt wird, und mit den abgefressenen Flächen zu vergleichen. Wie groß die Schäden wirklich sind, hänge im Grünland zum Beispiel auch vom Mähzeitpunkten ab, so Lemb.

Anders als in Niedersachsen werden in Bremen bei Gänseschäden keine Kompensationszahlungen an Landwirte geleistet. „Denn es ist schwierig, die Schäden zu beziffern“, sagt Henrich Klugkist von der Bremer Naturschutzbehörde, „und das Verteilungsmuster ist innerhalb Bremens differenziert: Im Niedervieland treten zum Beispiel weit mehr Graugänse auf als in der Wümmeniederung.“

Verantwortung für die Gastvögel

Während die Landwirte erhebliche finanzielle Einbußen hinnehmen müssen, hat der Naturschutz eine besondere Verantwortung für die Gastvögel aus dem hohen Norden, die auf große Flächen zum Überwintern angewiesen sind. „Wir schaffen durch die großen Wasserflächen in den Wümmewiesen in Nachbarschaft zu den Agrarflächen natürlich auch attraktive Gebiete für die Gänse“, sagt Rebekka Lemb, „doch die Überschwemmungsflächen stellen zugleich auch wichtige Retentionsräume für Niederschläge dar und dienen damit dem Schutz des Menschen“.

„Das Nonplusultra für eine Lösung des Problems wurde bisher nicht gefunden“, sagt Franziska Kruse von der Landwirtschaftskammer in Bremen, „wir sind auf die Mithilfe der Landwirte angewiesen, die ihre Ertragsausfälle erst noch messen müssen“. Die Schäden, die für Landwirt Jürgen Drewes durchaus existenzbedrohend sind, bilden keinen Einzelfall: „Die anderen Landwirte in Oberneuland, aber zum Beispiel auch im Niedervieland, die Milchviehhaltung betreiben, haben das gleiche Problem – und trockene Sommer lassen das Futter noch knapper werden. Und von Ausgleichszahlungen allein werden meine Kühe auch nicht satt“, sagt Jürgen Drewes.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)