Er kam Mitte 1974 aus der großen Nachbarstadt und war sich keinesfalls sicher, dass er im Hinblick auf seinen neuen Wohnort die richtige Wahl getroffen hatte. "Ich hatte schon etwas Bammel, von Hamburg nach Bremen zu ziehen", blickt Jürgen Ferber zurück. Bereut hat der 79-Jährige das bis heute nicht. "Atmosphärisch ist es hier besser, die Menschen sind verlässlich, umgänglich, wenn auch etwas zurückhaltend, tauen aber schnell auf, wenn man offen auf sie zugeht", sagt der für seine Musikvorträge an der Weser bekannte Ferber.
Er muss es wissen: Alles in allem 250 Vorträge und Saalveranstaltungen hat er allein für das Nachbarschaftshaus Helene Kaisen und das Begegnungszentrum Gröpelingen in den vergangenen 20 Jahren organisiert und durchgezogen, nicht mitgezählt die vielen Einsätze in anderen Bürgerhäusern, Senioreneinrichtungen und Altenheimen.
Jürgen Ferber ist Per Zufall in Kattenturm gelandet
Im Bremer Westen fühlt er sich zu Hause, wenn es um Musik und Beruf geht. Im Südosten, in der Gartenstadt Vahr, kann er bei seiner Lebensgefährtin bestens regenerieren, aber sein Herz – das schlägt für Kattenturm. Jürgen Ferber muss nicht lange überlegen, wenn man ihn fragt, warum es ihn 1994, nach Stationen in Schwachhausen und Habenhausen, in dieses Quartier zog, dessen Ruf als sozialer Brennpunkt vor beinahe 30 Jahren nicht der Beste war. Er weiß es nicht. Ein Zufall sei das gewesen, jemand habe ihm hier die Wohnung besorgt, in der er noch heute wohnt. Inzwischen schon lange aus Überzeugung.
"Erstens und vor allem, weil es ein sehr grüner Ortsteil ist", sagt Ferber, der ein Natur liebender Mensch ist, seit er denken kann. Der gebürtige Chemnitzer, in Osnabrück aufgewachsen, hält es genau wie der "Blumenmann" von Jürgen von der Lippe: "Guckt die erste Primel raus, ists mit der Beherrschung aus." Der "Naturfreund durch und durch", wie er sich selbst bezeichnet, liebt ausgedehnte Spaziergänge. Die startet er gern in seiner Lieblingsgrünanlage: Vom Wolfskuhlenpark an der Kattenturmer Heerstraße sei es ja nur ein Katzensprung zu den Ochtumwiesen mit ihren "unendlichen Weiten".
Vielfalt ist ein weiterer Pluspunkt, den Färber für den Bremer Süden anführt. Beeindruckend findet er vor allem "das sehr gute Mit- und Nebeneinander" der rund 100 Nationen, die allein in Kattenturm vertreten sind. "Mir ist das woanders noch nie so aufgefallen: Hier bekomme ich mein Lächeln ganz oft zurück", bringt Färber das familiäre Gemeinschaftsgefühl des Quartiers auf den Punkt. Jedenfalls habe er sich seinerzeit "sehr, sehr schnell an diesen Stadtteil gewöhnt", zu dem außer Kattenturm ja auch noch Kattenesch, Arsten und Habenhausen gehören.
Grün einerseits, andererseits dennoch gut erschlossen: Jürgen Ferber schätzt die Infrastruktur seines Wohnorts, vor allem, weil der Rentner oft unterwegs ist. Meistens in Sachen Musik. Auch so eine Leidenschaft, die ihn seit seiner Kindheit begleitet. Mit 16 konnte er alle Sinfonien Beethovens daherträllern, bis heute kommt Klassik auf den Plattenteller, wenn ihm nach Entspannung ist. Der legendäre 2013 verstorbene Radiomoderator und Schlagersänger Chris Howland, besser bekannt als "Mr. Pumpernickel", öffnete das Zeitentor auch in Ferbers persönlichem Musikuniversum für englischsprachige Titel wie den Guy Mitchell-Gassenhauer "Heartaches by the number" vom Ende der 50er-Jahre. "Heute ist das schon viel zu alt selbst für die über 80-jährigen Zuhörer bei meinen Vorträgen", sinniert der Moderator und Experte bei einer Tasse Tee über den Lauf der Dinge.
Platten, CDs und eine Sammlung auf dem PC
Das Publikum will lieber die Beatles hören. Auch gut, denn die Pilzköpfe aus Liverpool gehören zu Ferbers Lieblingsbands, ebenso wie die Kinks, die Hollies, Creedence Clearwater Revival. Und Deep Purple natürlich, von den englischen Rockern hat er beinahe die ganze Diskografie. Oder oder oder ... Sein mit unzähligen Vinylscheiben, Tausenden von CDs und inzwischen auch schon einer stattlichen mp3-Sammlung auf dem Computer bestückter musikalischer Fundus gibt für beinahe jeden Geschmack etwas her.
Auch Stücke ohne Oldie-Patina und Gitarren: "Wenn ich Captain Jack oder Haddaway spiele, dann drängen meistens alle auf die Tanzfläche", erzählt Ferber. Was er so gar nicht mag? Da überlegt der nach eigener Einschätzung "Musikverrückte" schon deutlich länger: "Hip Hop kann ich noch akzeptieren, aber bei Rap hört es für mich persönlich auf."
Treues Publikum
Von Haus aus ist Jürgen Ferber mal Zeitungsredakteur gewesen, dann wechselte er ins Marketing-Fach. Als Pressesprecher kam er 1974 zu den Meistermarken-Werken nach Bremen, war dann einige Jahre unter anderem als Marketing-Berater selbstständig und heuerte 1998 beim Nachbarschaftshaus in Gröpelingen an. Dort war er ab Anfang 2000 zusätzlich zur Pressearbeit für die inhaltliche Leitung der Begegnungsstätte des Hauses zuständig. 2002 rief er die Musikvorträge ins Leben, die so viel Zuspruch bekamen, dass sie sich zu einem inzwischen 20 Jahre währenden Dauerbrenner entwickelt haben. "Viele meiner Zuhörerinnen und Zuhörer begleiten mich schon Jahrzehnte, einige sogar von Anfang an", sagt Jürgen Ferber nicht ohne eine Spur Stolz in der Stimme.