Zwischen 800 und 1000 Pflegekräfte fehlen in Bremen laut der Gewerkschaft Verdi. Welche Auswirkungen das auf den Arbeitsalltag hat, berichten eine Krankenschwester und eine Pflegeleitung aus dem Klinikum Links der Weser.
Krankenschwester Annette Schumacher
"Seit 31 Jahren bin ich im Klinikum Links der Weser und die Versorgung der Patienten wird immer schlechter. Es ist zu wenig Fachpersonal im Dienst, immer öfter arbeiten wir mit Hilfs- und Leiharbeitern. Für 30 Patienten und zwölf Monitorbetten in der Kardiologie und Thoraxchirurgie bin ich dann alleine verantwortlich. Patienten, die am Herzen operiert worden sind oder einen Herzinfarkt hatten, brauchen besondere Aufmerksamkeit, Zuwendung und Gespräche. Dafür fehlt oft die Zeit. Viele von uns Kollegen schaffen es gar nicht mehr die Dinge, die wir gelernt haben und die die Grundkrankenpflege beinhaltet, umzusetzen. Zum Teil ist das gefährlich.

Krankenschwester Annette Schuhmacher (57)
Ich habe einen sehr hohen Anspruch an mich selbst und möchte in erster Linie, dass die Patienten gut versorgt sind. Es gibt aber auch die Organisation rund um den Patienten, wie die Apothekenbestellung oder Bettenplanung, die nebenher noch gemacht werden muss. Dadurch geht viel Zeit am Patienten verloren. Die Patienten werden immer älter und dadurch oft auch langsamer. Ihnen dann zu sagen, dass sie sich beeilen müssen, ist für mich schwer zu ertragen. Seit der Geburt meiner Kinder habe ich nicht mehr Vollzeit gearbeitet, aber ich bin im Schichtdienst. In vielen Diensten springen Aushilfskollegen aus anderen Fachrichtungen aus, die sich weder im Haus noch mit den speziellen Anforderungen, zum Beispiel den Monitoren auskennen. In den Nachtdiensten wird besonders deutlich, welche Verantwortung wir Kollegen vom Stamm tragen. Wenn ich nicht arbeite, ist es schwer, abzuschalten, da ich fast täglich gefragt werde, ob ich einspringen kann. Trotz all dieser Anforderungen und Umstände übe ich meinen Beruf immer noch sehr gerne aus. Mir hilft es sehr, nur halbtags zu arbeiten."
Pflegeleitung der Intensivstation Thomas Kavermann (57)
„Wir haben es bereits mit einer Rationierung im Gesundheitssystem zu tun. Gesellschaftlich und politisch müssen wir uns fragen, ob die Leistungen, die gefordert werden, noch erbringen können. Der Pflegenotstand ist da, er ist groß und er bringt uns dazu, OPs immer wieder zu verschieben. Die Fallpauschalen schaffen den Anreiz, möglichst viele Fälle zu generieren. Die Verweildauer der Patienten auf der Intensivstation ist deutlich kürzer geworden, da stehen wir unter Druck. Außerdem steigen die Ansprüche: Es werden immer komplexere und schwierige Behandlungen und Operationen durchgeführt, die deutlich arbeitsintensiver sind.

Intensivpflegeleitung Thomas Kavermann (57)
Dazu kommen mehr Patienten mit multiresistenten Keimen, die isoliert werden müssen. Das macht im Arbeitsalltag richtig viel aus, und das hat sich dramatisch gesteigert in den vergangenen 30 Jahren. Gleichzeitig ist es schwieriger geworden, an Nachwuchs in der Pflege zu gelangen. Je mehr Pflegende ich auf Station habe, umso zufriedener kommen wir unserem pflegerischen Alltag nach und umso mehr Leistungen können wir erbringen. Wie wir uns dahin bewegen, ist nicht ausschließlich tariflich zu lösen: Es fängt an in der Ausbildung bis hin zu der Frage, wie ich gesund alt werde in diesem Job. Die Pflegenden sind auf dem Arbeitsmarkt nicht da und die kommen auch nicht nur durch fünf Prozent tarifliche Erhöhung. Das ist etwas, dass sich in den nächsten zwölf bis 20 Jahren ergeben kann. Bis dahin gibt es viel zu tun und wir müssen überlegen, wie man sich bis dahin über Wasser hält. Wenn die Bedingungen gut sind, macht diese Arbeit unglaublich viel Spaß und ist ein wertgeschätzter Beruf.“