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Osterholzer Dorfstraße Ringen um Behindertenparkplatz

Ute Claassen pflegt ihren Sohn und ist auf ein Auto angewiesen. Einen Behindertenparkplatz direkt vor der Tür soll sie aber nicht bekommen.
08.05.2023, 05:00 Uhr
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Ringen um Behindertenparkplatz
Von Christian Hasemann

Nur drei Stufen sind es vom Hauseingang bis zum Gehweg. Doch drei Stufen sind mit einem Rollstuhl ein echtes Hindernis, wie der Reporter merkt, als er gemeinsam mit Ute Claassen aus Osterholz ihrem im Rollstuhl sitzenden Sohn Pascal die Stufen hinauf und hinab hilft. Es soll zum Auto gehen, denn auf das sind die beiden angewiesen, doch einen Behindertenparkplatz vor der Haustür bekommen sie nicht.

Früher habe sie ihn einfach tragen können, erzählt Ute Claassen bei einem Spaziergang durch die Osterholzer Dorfstraße. Inzwischen ist Pascal aber 20 Jahre alt. Treppe rauf, Treppe runter, das ist anstrengend geworden. Vor zwei Jahren dann ein Herzinfarkt bei Ute Claassen, eigentlich darf sie sich nicht zu sehr anstrengen. Ein Parkplatz vor der Tür würde zumindest etwas Entlastung bringen. Doch danach sieht es derzeit nicht aus.

Probleme in schmaler Straße

"Die Mitarbeiter der Stadt haben gesagt, dass die Straße zu schmal ist", sagt Claassen über die Bemühungen um einen Parkplatz. Tatsächlich ist die Osterholzer Dorfstraße nicht sehr breit. Anwohner und Gäste eines Cafés um die Ecke parken aufgesetzt auf dem Gehweg. Aufgesetztes Parken ist in Bremen ein derzeit viel diskutiertes Thema, denn eigentlich müsste die Stadt dagegen vorgehen, weil in vielen Straßen die Autos mit dieser Parkweise Fußgänger behindern, insbesondere solche, die auf Rollstühle oder andere Gehhilfen angewiesen sind.

Dieses Problem sieht Claassen in der Dorfstraße allerdings nicht. Tatsächlich ist der Gehweg breit, Claassen kann ihren Sohn im Rollstuhl an ihrem Auto vorbei schieben. "Da kommt man auch noch mit einem Pflegerollstuhl vorbei", sagt sie. Sie müsse aufgesetzt parken, denn die hohen Bordsteinkanten machten es ihr und ihrem Sohn, der seine Füße nur eingeschränkt bewegen kann, schwer beim Ein- und Aussteigen.

Ganz ohne persönlichen Parkplatz müssten Ute Claassen und ihr Sohn nicht bleiben. Das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) hat als Alternative einen Parkplatz in einer anliegenden Nebenstraße angeboten. Die beiden müssten allerdings etwa 500 Meter dafür gehen – ein Parkplatz vor der Wohnung wäre es also nicht.

Es sind weitere Dinge, die bei dem Spaziergang auffallen und auf die Claassen hinweist. Das eher grobe Pflaster des Gehwegs, Schotterwege: all das lasse Pascal im Rollstuhl durchschütteln. Lose Steine blockieren die Reifen, das Schieben wird so noch einmal anstrengender. Wie es auf echtem Kopfsteinpflaster wäre, mag man sich nicht vorstellen.

Aufgaben für die Stadt

"Es wäre Aufgabe der Stadt, flexibel mitzudenken", sagt Claassen. "Parkplätze für Behinderte und Senioren mit abgesenkten Bordsteinen", nennt sie als Beispiele. Es brauche außerdem mehr barrierefreie Wohnungen mit Zugängen zu behindertengerechten Parkplätzen. Claassen hat einen Tiefgaragenplatz, aber in dem Haus gibt es keinen Lift.

Positiv überrascht hat sie der Einsatz der Stadtteilpolitik. Bei einem Treffen der Osterholzer CDU-Fraktion seien sie und ihr Sohn gut aufgenommen worden und hätten ihr Anliegen zur Sprache bringen können. "Und mir wurde zugehört", sagt sie. Sie hätte nicht gedacht, dass etwas passiere. "Aber dann hat man sich für mich eingesetzt."

Monique Birkner ist Sachverständige für behindergerechtes Bauen beim Landesbehindertenbeauftragten. "Grundsätzlich ist es so, dass es unterschiedliche Arten gibt, wie man einen Behindertenparkplatz einrichten kann, ob zum Beispiel durch die Seite oder durch das Heck eingestiegen wird."

Wichtig seien in jedem Fall abgesenkte Bordsteine, damit Betroffene leicht von der Fahrbahn auf den Gehweg kommen. "Bei neuen Parkplätzen regen wir das auch an", so Birkner. Bundesweit wird angestrebt, den Autoverkehr aus den Städten zu drängen. "Dabei muss seitens der Stadt an diese Zielgruppe gedacht werden, so gut der öffentliche Nahverkehr auch sein mag", sagt Birkner.

Generell sollten Behinderparkplätze am besten direkt vor der Haustür eingerichtet werden. "Wichtig ist auch, dass man gut auf die Gehwege kommt, man ohne Druck durch den Verkehr ein- und aussteigen kann und dass man auf Gefälle achtet. Das alles macht die Qualität aus." Dasselbe gelte für öffentliche Behindertenparkplätze.

Voraussetzungen für einen Parkplatz

Laut Auskunft des Amtes für Straßen und Verkehrs (ASV) können Behindertenparkplätze beim ASV beantragt werden. Voraussetzungen: Feststellung einer außerordentlichen Gehbehinderung oder Erblindung, keine Garage oder Abstellplatz in zumutbarer Entfernung zur Wohnung sowie starker Parkdruck, der die Einrichtung eines reservierten Parkplatzes erforderlich macht.

Die Beantragung selbst ist kostenlos – inklusive Beschilderung und Markierung. Im Übrigen könnten Betroffene nicht nur für ihren Wohnort einen Antrag stellen, sondern auch für ihren Arbeitsplatz. Etwas, was immer häufiger vorkomme, so eine Sprecherin des ASV.

Zum Fall von Ute Claassen heißt es, dass ein persönlicher Behindertenparkplatz nur auf einer legalen Parkfläche hergestellt werden könne. "Das aufgesetzte Parken ist prinzipiell nicht erlaubt", stellt das ASV klar. Auch das Parken in entgegengesetzter Richtung zur Fahrtrichtung sei nach der Straßenverkehrsordnung verboten. Ausnahmen gebe es dafür nicht. Das ASV bedauere es sehr, dass es den Wunsch nach einem Behindertenparkplatz in unmittelbarer Grundstücksnähe nicht entsprechen könne.

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