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Melodie des Lebens Stehende Ovationen für Bremer Gesamtschüler

Beethoven in der Funk-Version? Die "Melodie des Lebens", Kooperationsprojekt von Deutscher Kammerphilharmonie Bremen und Schülern der Gesamtschule Ost, hielt noch so manch weitere Überraschung parat.
08.06.2022, 18:00 Uhr
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Stehende Ovationen für Bremer Gesamtschüler
Von Sigrid Schuer

Die Botschaft der 24. Melodie des Lebens, die jetzt im Zukunftslabor der Gesamtschule Bremen-Ost (GSO) über die Bühne ging, war klar: "Freude, Freude, Freude!" So, wie die Schülerinnen und Schüler der GSO und der Oberschule im Park ganz zum Schluss der mehrstündigen Musik-Show gegen die von Krieg, Krisen und Klima-Notstand geprägten Zeiten geradezu trotzig ansangen. Und zwar in der funkigen Version des Schlusssatzes aus Beethovens 9. Sinfonie von Mark Scheibe, der Moderator, Musiker und Komponist in Personalunion ist. Und zu der gehörte auch eine leicht modernisierte Anpassung des Textes von Friedrich Schiller: "Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium, wir betreten feuertrunken, Himmlische, dein Heiligtum. Alle Menschen werden Brüder, alle Menschen werden Schwestern, alle Menschen werden Freunde, wo dein sanfter Flügel weilt". Dafür wurden die Musizierenden vom Publikum mit stehenden Ovationen gefeiert.

Die Utopie der Europahymne, der die Menschen in apokalyptischen Zeiten wie diesen nur zu gern Glauben schenken würden. Dass die Liebe, die Kunst und die Musik das sind, was uns in all der Kriegsbarbarei zu retten vermag, das machte Paavo Järvi, künstlerischer Leiter der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, jüngst in einem Interview auf Deutschlandradio Kultur deutlich: "Denn Musik, Kunst und Kultur werden auch in Jahrhunderten noch da sein und die Menschen tragen."

Titel: Befreiung

Wer bei der jüngsten Ausgabe der Melodie des Lebens mit dabei war, der dürfte keinen Zweifel daran haben, dass diese Prophezeiung Järvis gute Chancen hat, in Erfüllung zu gehen. Denn zumindest diese Bremer Jugendlichen, die sich, wie ihre Altersgenossen ja auch, gerade im Dauerkrisenmodus des Weltgeschehens befinden, scheinen Lebensmut und Resilienz – Widerstandsfähigkeit im Umgang mit Problemen – aus der Kraftquelle Kultur zu schöpfen. Nicht von ungefähr trug die Musik-Show den Titel "Befreiung".

Melancholie vor dem Party-Modus

Bevor zum Abschluss unter Leitung von GSO-Musiklehrerin Imke Howie bei den Zugaben mit Glenn Millers "In the mood" und Freddy Mercurys "Bohemian Rhapsody" in den Party-Modus umgeschaltet wurde, bei dem ausgelassen mitgetanzt wurde, schlugen die Schülerinnen und Schüler vorwiegend nachdenklich stimmende Beiträge mit einem Hauch von Melancholie an. Das, was sie fühlen, was sie bewegt, das, was ihnen hilft, diesen Dauerkrisenmodus zu überleben, haben sie, assistiert von Mark Scheibe, in eigene Songs gegossen. So sang Elis Shaban von der Oberschule im Park in ihrem Lied: "Am liebsten bin ich allein, allein mit der Musik. Draußen ist Streit und Hass und Krieg, in mir drin ist Ruhe und Musik", und Lea Jürdens und Anton Kruse von der GSO befanden musikalisch: "In der Realität geht mir alles auf die Nerven. Aber im Traum kann ich fliegen zu den Sternen durch die Nacht". Suzan Zaide Balcioglu sorgte, begleitet von ihrem Bruder Adem am Flügel, mit ihrer stimmstark vorgetragenen Ballade "Ein Boot mit weißen Segeln" für Gänsehautmomente: "Doch inmitten dieser Sintflut aus Kummer, Angst und Hass, treibt ein Boot mit weißen Segeln und verleiht mir neue Kraft". Beide sind Absolventen der GSO.

24. Ausgabe war eine Premiere

Wobei die 24. Melodie des Lebens eine echte Premiere war: Denn erstmals standen auf der Bühne des Zukunftslabors auch Schülerinnen und Schüler der Oberschule im Park aus Oslebshausen. Eingefädelt und finanziell unterstützt hatte das der Rotary Club Bremen, mit seinem Präsidenten, dem Verleger Hermann Schünemann, und Mitglied und Mathematiker Heinz-Otto Peitgen. Die beiden waren, wie der Rest des Publikums, sichtlich erfreut, ja begeistert von dieser Melodie des Lebens, auch wenn Schünemann wie so manche und mancher andere an diesem Abend mit Verspätung in den Konzertsaal hechtete, nachdem sie in Bremen zuvor von einem regelrechten Verkehrschaos kalt erwischt worden waren.

Dass mitunter aus den Musikklassen der GSO beachtliche Nachwuchstalente mit Profi-Potenzial hervorgehen, das zeigte sich in diversen Auftritten von Schülerinnen und Schülern, die auch bei den Kammerphilharmonikern mitspielen. So zum Beispiel des jungen, einfach fabelhaften Pianisten Marco Denkler, der mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen lässig so mal eben die von ihm komponierte "Tenever-Fantasie" interpretierte. Und der gerade mal 15 Jahre junge Alexander Kulitskiy, der jüngst als Jungstudent an die Hochschule für Künste aufgenommen wurde, wusste mit einer im Stil des Violin-Virtuosen Paganini interpretierten "Carmen-Suite" von Bizet nach allen Regeln der Kunst zu brillieren. Damit erntete er stehende Ovationen. Maximilian Fabry von der GSO wusste indes mit Crooner-Qualitäten à la Roger Cicero oder Tom Gaebel mit seinem mit dunkler, tiefer Stimme interpretierten Liebes-Song "Mach bitte das Licht an", inklusive Herzensbrecher-Charme, zu punkten. Sein Fazit: "Die strahlendsten Sterne können noch von dir lernen, Baby, mach bitte das Licht an". Welche Angebetete könnte da schon widerstehen?

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Info

Das Zukunftslabor an der Gesamtschule Bremen-Ost ist eine Initiative der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Formate sind unter anderem "Die Melodie des Lebens" und die "Stadtteil-Oper", die Bremens musikalische Botschafter mit Schülerinnen und Schülern gestalten.

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