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"Schwammstadt" Wie Schwachhausen seine Klimabilanz optimieren will

Das Modell "Schwammstadt" könnte eine Lösung für die Folgen von Starkregen und extremer Hitze sein. Was das genau ist, hat sich der Schwachhauser Fachausschuss Klima und Umwelt jetzt erklären lassen.
23.06.2022, 06:00 Uhr
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Von Maren Brandstätter

Starkregen und extreme Hitze gehören zu den großen Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt. Besonders betroffen sind davon Städte aufgrund ihres hohen Versiegelungsgrads. Der Schwachhauser Beiratsausschuss für Umwelt und Klimaschutz hat sich in den vergangenen Monaten verstärkt auf die Suche nach praktikablen Lösungen gemacht, um die Klimabilanz seines Stadtteils zu optimieren. Ulf Jacob vom „Bündnis für eine lebenswerte Stadt“ hat dem Ausschuss jetzt das Konzept „Schwammstadt“ vorgestellt. Das befasst sich mit dem wachsenden Phänomen, entweder mit zu viel oder gänzlich ohne Regen zurechtkommen zu müssen.

Was ist eine Schwammstadt?

Das Konzept versucht, sich dem natürlichen Wasserkreislauf in Städten wieder anzunähern. Anfallendes Regenwasser soll dezentral aufgenommen und gespeichert werden, indem sich die Stadt mithilfe unterschiedlicher Maßnahmen „vollsaugt wie ein Schwamm“. Bei Hitze und Trockenheit kann das gespeicherte Wasser dann an die Vegetation abgegeben werden.

Wo und wie wird das Wasser gespeichert? 

Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Als bewährte Methode bei Starkregen gelten begrünte Dächer, die den Ablauf des Wassers verzögern und somit helfen, die Kanäle vor dem Überlaufen zu bewahren. Gleichzeitig kommt das Wasser der Dachbepflanzung zugute. Zisternen im Straßenraum sind eine Option, um Wasser längerfristig zu speichern und in Trockenperioden über Pumpen zur Bewässerung zu nutzen. Eine weitere Möglichkeit sind Baumgruben, die mit einem speziellem Pflanzsubstrat gefüllt sind – sogenannte Baumrigolen. Sie sind zum einen teilweise überbaubar und werden zudem über separate Schächte durch Regenrinnen mit Wasser versorgt. Für Trockenperioden wird ein Reservetank unterhalb der Grube ebenfalls mit Regenwasser gespeist.

Welche Maßnahmen sieht das Konzept neben Wasserspeicherungen noch vor?

Höchste Priorität hat die Verminderung der Abflüsse in die Kanalisation – das kann am besten gelingen, wenn versiegelte Flächen minimiert werden, Flächenbefestigungen wasserdurchlässig sind und Dächer begrünt werden. Eine wichtige Rolle spielt außerdem die wassersensible Gestaltung öffentlicher Verkehrs- und Freiflächen, wie etwa Versickerungsmöglichkeiten im Straßenraum, eine durchlässige Oberflächengestaltung und eine verstärkte Förderung von Straßenbegleitgrün. Als gelungenes Beispiel gilt laut Jacob ein Pilotprojekt in der Münchener Straße in Findorff.

Welche Rolle spielen Grünflächen und Bäume beim Konzept „Schwammstadt“? 

Parks und offene Grünflächen fungieren als Kalt- und Frischluftentstehungsgebiete, sorgen für eine verbesserte Luftqualität und leiten Kaltluft aus dem Umland in die Stadtzentren hinein. Eine intakte Wiese kann bis zu fünf Liter Wasser pro Quadratmeter auf ihrer Oberfläche festhalten und sorgt damit für Kühlung. Einen noch deutlich stärkeren Effekt als Wiesen erzeugen Bäume durch Verdunstung. Das liegt unter anderem daran, dass Bäume durch tiefgründige Wurzeln mehr Wasser aufnehmen und verdunsten können, was vor allem während heißer und trockener Perioden ein Vorteil gegenüber Grünflächen ist. 

Ist Überflutungsvorsorge auch in kleinen Siedlungen möglich?

Bei beengten Verhältnissen ist eine ausreichende Entwässerung oft nur durch die Mehrfachnutzung von Flächen möglich. Verkehrs- und Freiflächen können beispielsweise so umgestaltet werden, dass sie bei extremen Regenereignissen als temporäre Fließwege oder Stauräume genutzt werden können, was wiederum zur Schadensminimierung beitragen kann. Erst wenn alle Möglichkeiten der Regenwasserbewirtschaftung an der Oberfläche ausgeschöpft sind, sollte die unterirdische Zwischenspeicherung und Ableitung der Abflüsse über die Kanalisation in Betracht gezogen werden. 

Wie sieht eine klimaangepasste Stadtplanung aus?

Die Stadt- und Raumplanung muss sich laut Jacob an den Bedürfnissen des Klimawandels ausrichten und einen Schwerpunkt auf die Qualität von Grünflächen- und Freiraumqualitäten legen – im Neubau ebenso wie im Bestand. Essenziell sei, dass die Maßnahmen mit den anderen dringlichen Aufgaben eines nachhaltigen Stadtumbaus abgestimmt werden, um so möglichst viele Synergien erzeugen zu können. Insgesamt erfordere die Aufgabe eine über Fachbereichsgrenzen hinaus übergreifende Zusammenarbeit und frühzeitige Beteiligung verschiedener Fachdisziplinen.

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