Drei Kilometer der neuen Fernwärmetrasse liegen inzwischen in der Erde – am Ende sollen es 7,5 sein. Die SWB liegt aktuell noch im Zeitplan, und der besagt, dass die 60 Millionen Euro teure Trasse Ende 2023 fertig sein soll. Doch die Zeitpuffer, die bei der Planung eingerechnet wurden, schrumpfen zusehends. Aktuell sei man an dem Punkt, an dem im Grunde nichts mehr passieren darf, sagt SWB-Sprecher Friedhelm Behrens. Gebe es weitere Verzögerungen, könne die SWB den Termin für die Fertigstellung Ende 2023 nicht mehr halten.
Dass der Bau der Fernwärmetrasse stellenweise ins Stocken geraten ist, hat Behrens zufolge zwei Gründe. Da sei zum einen die immens gestiegene Nachfrage nach Stahl, die der SWB Probleme bereite. „Auch andere Städte sind dabei, ihr Fernwärmenetz zu verdichten“, sagt er. Und das bedeute, dass Fachkräfte in diesem Bereich immer schwieriger zu bekommen seien. Was die SWB jetzt vor allem brauche, seien Mitarbeiter, die Rohre schweißen können. Das sei bei Weitem nicht so profan, wie es vielleicht zunächst klinge, sagt Behrens. „Das sind hochspezialisierte Fachkräfte.“ Eine Leckage im Fernwärmenetz wäre verhängnisvoll, betont er. Was das an Arbeit nach sich zöge, will sich Behrens lieber gar nicht vorstellen.
Aufgraben der Schwachhauser Heerstraße würde Vollsperrung bedeuten
Die spannendsten Bauabschnitte bei der Trassenverlegung sind für die SWB die Kreuzungen. Ein Name, der im Vorfeld in dem Zusammenhang besonders häufig gefallen sei, war Schwachhauser Heerstraße, sagt Behrens. Würde die SWB dort zwischen der Kirchbachstraße und dem Schwachhauser Ring so vorgehen, wie in den meisten anderen Abschnitten, und die Straße aufgraben, wären sie in ungefähr zwei Wochen mit der Verlegung fertig, sagt er. Daran sei aber freilich nicht zu denken, angesichts der Bedeutung der Kreuzung für den Verkehr. Denn Aufgraben würde eine Vollsperrung bedeuten. Um die zu vermeiden, nähere man sich der Angelegenheit „bergmännisch“, grabe sich unter dem Knotenpunkt durch und plane entsprechend mehr Zeit ein. Baubeginn für die Unterquerung ist laut Behrens der 1. Dezember. Dann soll die Baugrube in der Kirchbachstraße eingerichtet werden. „Ab Anfang Januar fangen wir dann mit dem Stollenbau an“, sagt er. Aktuell gehe die SWB von zwei Monaten aus, bis die Leitung unter der Kreuzung liegt.
Wer sich einen konkreten Überblick über den aktuellen Stand der Trassenverlegung verschaffen möchte, kann das auf der Internetseite der SWB mittels einer interaktiven Straßenkarte tun. Deren Stand werde laufend aktualisiert, versichert Behrens. Die Verzögerung an der Kreuzung H.-H.-Meier-Allee und Schwachhauser Ring ist auf der Karte bereits zu erkennen. Dort werde die Trasse innerhalb einer Tonschicht verlegt, unter der das Grundwasser nach oben drücke, sagt Behrens. Die dortige Sperrung müsse daher voraussichtlich noch bis zum 31. Dezember aufrechterhalten werden. Die Baustelle in Höhe des Wochenmarkts am Baumschulenweg sei voraussichtlich Ende Januar fertig. Der Abschnitt zwischen dem Baumschulenweg und der Kulenkampffallee sei noch ungefähr bis Mitte November gesperrt.
Probleme für die Postfiliale durch Sperrung
Wenn der Bauabschnitt an der H.-H.-Meier-Allee fertiggestellt worden ist, werde das nicht nur bei den Anliegern, sondern auch bei der SWB für Erleichterung sorgen, sagt Behrens. „Da haben wir den Einzelhändlern echt etwas zugemutet“, betont er. Das galt vor allem für die Postfiliale, die im Zuge der Sperrung echte Probleme bekommen hatte, wie Ortsamtsleiter Ralf Möller berichtet. In einem Krisengespräch zwischen der SWB und der Post, das vom Ortsamt moderiert worden sei, habe man sich schließlich auf eine temporäre Lösung für die Anlieferungen in der Filiale verständigt.
Das Krisengespräch war nicht Möllers einziger Berührungspunkt mit den Begleiterscheinungen der Trassenverlegung. Zu Beginn der Maßnahme im Frühjahr seien im Ortsamt häufig Beschwerden zu den Umleitungen eingegangen, die nach Ansicht vieler Bürger nicht gut organisiert und ausgeschildert gewesen seien. Mittlerweile gehe die Kritik aus dem Stadtteil in eine andere Richtung: das schwierige Anmeldeverfahren für Fernwärmeinteressenten. „Das würden sich viele Schwachhauser deutlich kundenfreundlicher wünschen“, sagt Möller. Eine entsprechende Erwartung hatte der Beirat im vergangenen Monat an die SWB formuliert, ebenso wie das Horn-Leher Stadtteilparlament.
Ende des Jahres soll das Anmeldeverfahren für künftige Fernwärmekunden deutlich vereinfacht werden, stellt SWB-Sprecher Behrens in Aussicht. Die Nachfrage sei angesichts der aktuellen Situation massiv angestiegen. „Wir können uns vor Anfragen kaum retten“, sagt er. Bisher sei nur eine vergleichsweise kleine Einheit an Mitarbeitern mit der Bearbeitung befasst gewesen, und die werde aktuell aufgestockt. Ab Dezember werde dann eine weitere interaktive Straßenkarte auf der Internetseite der SWB zu finden sein. Eine, auf der sich nachvollziehen lasse, wo genau Fernwärmeleitungen in der Stadt verlaufen. Auch Bewerbungen für einen Hausanschluss seien über diese Seite dann möglich. Eine entscheidende Voraussetzung für einen Anschluss sei allerdings, dass sich mindestens 65 Prozent der Anwohner einer Straße für Fernwärme entscheiden – oder dass ein Großabnehmer, wie etwa eine Schule, in der Nähe sei, an dessen Leitung sich anliegende Haushalte mit anschließen lassen könnten.