"Wegen uns braucht's das nicht", brachte Falk Wagner die Stimmung der Genossen im SPD-Unterbezirk (UB) Bremen-Stadt auf dessen Parteitag am Sonnabend im Bürgerzentrum Neue Vahr auf den Punkt. Aber wegen sinkender Mitgliederzahlen erkennen sie zum Erhalt der Schlagkraft der Partei perspektivisch die Notwendigkeit für die vom SPD-Landesvorstand angestrebte Fusion mit dem UB Bremen-Nord zu einer das gesamte Stadtgebiet umfassenden Einheit.
Erwartungsgemäß hat daher eine klare Mehrheit der 170 anwesenden Delegierten der SPD-Ortsvereine der positiven Stellungnahme des UB Bremen-Stadt zur Verschmelzung zugestimmt. Außerdem dem Landesvorstand im Fall der Neubegrenzung die dringende Bitte ins Heft geschrieben, eine "sehr schnelle Handlungsfähigkeit des neuen UB herzustellen."
In dem Entwurf für die Stellungnahme hatte der Vorstand des UB Bremen-Stadt auf dem Parteitag die Ziffer zwei nach einer laut Wagner "sehr bewegten und ausführlichen Diskussion" im vormittäglichen Workshop zu diesem Thema spontan gestrichen. Darin waren die Vorteile einer Neuabgrenzung für die Gesamtpartei aufgeführt worden, unter anderem ein verbesserter Zugang zu Qualifizierungsmaßnahmen oder Arbeitskreisen für alle Bremer Genossen und Genossinnen.
Das könnten die Genossinnen und Genossen des UB Bremen-Nord falsch verstehen, hatten einige der rund 30 Workshop-Teilnehmer gewarnt und wollten ihn durch die Bildung eines Arbeitskreises durch den Landesverband zur Vorbereitung des Zusammenschlusses mehr einbezogen wissen. "Niemand lauert darauf", stellte Falk Wagner daraufhin unmissverständlich klar und die volle Funktionsfähigkeit des UB Bremen-Stadt auch ohne Fusion heraus. Der Ortsverein Gartenstadt Vahr hat dennoch einen Änderungsantrag zu dieser Frage der Konditionierung gestellt, der jedoch klar abgeschmettert wurde.
Das Angebot zur Einbindung und Vorschläge zur Bewahrung seiner eigenen Identität seien dem Vorstand des UB Bremen-Nord bereits gemacht worden, erklärte daraufhin Karl Bronke vom SPD-Landesvorstand. Doch das hätte dieses Gremium abgelehnt, weil erst der eigene Parteitag in Marßel abgewartet werden sollte.
Ein Einwand der Arbeitsgruppe sozialdemokratischer Frauen dürfte dem UB Bremen-Stadt und Landesvorstand noch zu denken geben: "Wir finden, dass die Bedingung für politische Arbeit für Frauen durch die Fusion deutlich erschwert wird", kritisierte ihre Vorsitzende Antje Jess mit Blick auf weniger zu besetzende Funktionen und Mandate.
Kampfansage aus Bremen-Nord
Es kommt so, wie viele es angekündigt haben: zur Kampfansage. 34 Delegierte sitzen im Saal – und alle lehnen die Pläne des Landesvorstandes ab, den Nordbremer Unterbezirk aufzulösen und in einen neuen münden zu lassen, in dem auch Sozialdemokraten aus allen anderen Stadtteilen vertreten sind. Das Nein gibt es erst mündlich, später, bei der Abstimmung, als Handzeichen. Dass sie dagegen sind, aus zwei Parteigremien ein Gremium zu machen, wird noch vor der Aussprache an der Zahl der Anträge deutlich: Sieben werden es im Lauf der Sitzung. Sie kommen vom Vegesacker Ortsverein, von der Arbeitsgemeinschaft 60plus, den SPD-Frauen, den Jusos und vom Unterbezirksvorstand. Und nicht ein einziger Antrag ist dabei, in dem dafür Verständnis gezeigt wird, was die Bremer Parteispitze vorhat.
Da kann Landesvorsitzender Reinhold Wetjen noch so argumentieren – die Nordbremer Delegiertengruppe argumentiert dagegen. Er spricht von einer größeren Kampagnenfähigkeit der Partei, wenn die Zusammenlegung der Unterbezirke kommt – sie davon, dass es der Unterbezirk Nord bei der vergangenen Wahl bewiesen habe, dass er kampagnenfähig ist: In keinem Gebiet der Stadt sei das prozentuale Ergebnis für die SPD so gut gewesen wie in Nord. Er spricht von schnelleren Entscheidungen, die bei einer Fusion möglich wären – sie davon, dass bei einer Auflösung des Unterbezirks die Wege für Nordbremer Sozialdemokraten länger werden, wenn künftig in der Innenstadt getagt werde. Er spricht von einem Mitgliederschwund in Nord, der so ausgeprägt ist, dass eine Fusion notwendig sei – sie von mehreren Neuzugängen, die jetzt für die SPD in den Beiräten sitzen.
Fast anderthalb Stunden geht es hin und her. Am Ende ist die Kluft zwischen beiden so groß, dass Nordbremens Juso-Chefin Lizza Besecke erklärt, die Nachwuchsorganisation werde ihre Verbandsarbeit einstellen, wenn es fortan keinen Nordbremer Unterbezirk mehr gibt. Und so tief, dass die Delegierten einem Antag zustimmen, der etwas enthält, was Wetjen bedenklich findet: eine Androhung, vor Gericht zu ziehen. Vorher wollen die Nordbremer Sozialdemokraten aber noch einen Sonderparteitag auf Landesebene. Auf dem soll der Vorstand darlegen, wie die Strukturreform im Detail umgesetzt werden soll. Ob die Bremer Parteispitze der Forderung nach einem Sonderparteitag zustimmt, ist unklar. Fest steht dagegen, dass sie die Fusion auch ohne Zustimmung der Nordbremer Delegierten durchsetzen kann.