Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Theaterprojekt in Bremer Kitas Mit Muskeljacken und Schneestiefeln gegen die Angst

Manchmal kann es ganz einfach sein, gegen Angst anzukommen. Die Kita-Kinder der Jona-Gemeinde in der Gartenstadt Vahr haben ganz verblüffende Vorschläge.
08.12.2023, 05:03 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Silja Weißer

Monster, Dunkelheit, Spinnen: Ist bei Kindern die Angst vor der Bedrohung und dem Ungewissen erst einmal da, geht sie so schnell nicht mehr weg. Ein Rezept gegen die Furcht liefert das Tanztheaterstück „Buh!“, eine Kooperation von Tanzwerk Bremen und "KA2OH - Kollektiv für junges Publikum".

Die Ideen für das rund 40-minütige Solostück von Alexandra Benthin kamen aus zwölf Kindergartengruppen aus sechs Bremer Kitas. Die Theater- und Tanzpädagogin setzte um, was die Kinder an Tonaufnahmen, Zeichnungen, Trickfilm, Kostümvorschlägen, Grafik, Bühnenbild und Dramaturgie entwickelten. Perpetuum Mobile nennt sich das Mitmachtheater für Kinder ab drei Jahren. Mit dabei sind die evangelische Kita Jona-Gemeinde, das Kinder- und Familienzentrum (KuFZ) Linden-Kids, die Osterholzer Knirpse, das KuFZ Pastorenweg und die Dependance Waller Heerstraße, das KuFZ Wischmannstraße und das KuFZ Am Nonnenberg.

„Wir sind unheimlich dankbar, dass es auch bei uns mit dem Antrag für das Projekt geklappt hat“, freut sich Gabriele Winter, seit 24 Jahren Kita-Leiterin der evangelischen Jona-Gemeinde. Sie hatte sich mit ihrer Kindergartengruppe für das Zukunftspaket beworben – ein Programm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), das von der Gesellschaft für soziale Unternehmensberatung (gsub) und der Stiftung SPI umgesetzt wird. Der Programmteil „Kind- und Jugendbeteiligung“ im Zukunftspaket wird verantwortet von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS).

15 Kinder im Vorschulalter haben aus der Einrichtung an der Eislebener Straße in der Gartenstadt Vahr teilgenommen. Für die Gründung der Gruppe hatte sich Winter stark gemacht, nachdem vor den Sommerferien Eltern zum Teil weinend bei ihr angerufen hätten, weil sie keinen Kita-Platz mehr bekommen haben. Da ein Raum im Untergeschoss der Gemeinde gerade ungenutzt war, wurden die Kinder kurzerhand ins Haus geholt, und seither hat die Igelgruppe ihre vier Wände. Für die jungen Igel starteten vor zehn Wochen die Proben zu „Buh!“.

Überraschende Ergebnisse

Zunächst hieß es: Was macht Angst? Warum macht es Angst? Wie können wir die Angst bewältigen? Inspiriert von den Antworten der Kinder, machte sich Benthin zusammen mit Dramaturgin Karina Schiek und Kostümbildnerin Christina Weingärtner an die Arbeit. Die Ergebnisse sind gleichermaßen überraschend wie originell. Für ein selbstbewussteres Auftreten sorgen große Schneestiefel mit bunten Stoff- und Filzstücken. Wer sich zu klein und hilflos vorkommt, dem ist mit der aufblasbaren lila Felljacke geholfen. Nach dem Prinzip einer Schwimmweste kann das Kleidungsstück durch eingenähte Ballons an den Schultern in Sekundenschnelle mit Luft gefüllt werden – und die Muskeln wachsen auf wundersame Weise.

So fragt Benthin in jeder der teilnehmenden Kitas zunächst vor dem Stück: „Und? Erkennt ihr etwas wieder?“ Gebannt sitzen die Kinder auf Matten vor den Stuhlreihen mit ihren Eltern und nicken. Beeindruckt und stolz streicheln sie vor Beginn die aufgenähten weichen Stoffe der Stiefel und bestaunen die selbst erdachte Muskeljacke.

Lesen Sie auch

Als Bühne dient ein blauer Stoff auf dem Boden. An der grünen Umrandung stehen Requisiten. „Die Farben Grün und Blau stehen für die Angst. So haben es die Kinder entschieden“, erläutert die Darstellerin. Den Hintergrund bildet eine dunkle Stoffwand mit Taschen, in die sie während des Stücks tief ihre Arme versinken lässt und mit weit aufgerissenen Augen Dinge erfühlt und herauszieht. Ein grüner Bindfaden, den Benthin mal aus den hochgesteckten Haaren zieht, mal aus der Wand, symbolisiert die Angst, die unvermittelt kommt, größer wird und sie gefangen nimmt.

Spannung und Humor

Die Spannung, die Benthin nicht abreißen lässt, hat auch humorige Seiten.  Etwa wenn sie ein Glas aufdreht, dessen Deckel mit Fell überzogen ist und aus dem beim Aufschrauben immer wieder Hundegebell ertönt (Sounddesign: Michael Krummheuer). Der erste Schreck verflüchtigt sich schnell. Ein Lächeln macht sich bei ihr und den kleinen Zuschauern breit.

Ängstlich entlassen werden die Igelkinder am Ende jedenfalls nicht. Das Fazit aller: Auch große Angst kriegt man klein.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)