Als der gelb-schwarz gekleidete Clown die gelben Jonglierbälle zückt, gibt es kein Halten mehr für die Kinder aus der Vahr: Sie schreien, applaudieren und freuen sich, während der Clown die Bälle kreisen lässt und dabei erklärt, wie wertvoll doch die Bienen für die Natur sind. Die Kinder sind zu Gast bei den Natur-Theater-Tagen im Licht-Luft-Bad in der Neustadt, ausgerichtet vom Verein Potztausendschön – Verein für Umweltbildung und Kulturförderung in Bremen.
Neun Mitglieder hat der im Jahr 2019 gegründete Verein und beheimatet ist er gewissermaßen im Steintor am Küchentisch von Sven Hegeler. „Das ist eine ganz schlanke Form“, sagt er, „der Verein sucht sich für die verschiedenen Projekte die Profis in den Bereichen. Immer wieder finden sich Teams zusammen, um Projekte umzusetzen.“ Das Projekt der diesjährigen Natur-Theater-Tage ist das Bienentheater – „die Geschichte von Helden, Clowns und wilden Bienen“, und der Zirkusclown Zippo erzählt darin von seinem Leben und wie er in seinem Zirkuswagen ein beschauliches Leben in der Natur führt. Bis dann der böse Baumfäller Rixmann daherkommt und Pestizide versprüht, Bäume fällt und nur noch eine trostlose, tote Ödnis hinterlässt. Am Ende jedoch unterhalten sich Zippo und Rixmann, der Baumfäller besinnt sich und Zippo möchte daraufhin herumfahren und die Menschen über die Wichtigkeit der Bienen aufklären – denn: „Bienen sind ein Wunder!“
Wissen soll spielerisch vermittelt werden
Und dieses Wunder würden innerhalb von zwei Wochen insgesamt 14 verschiedene Schulen aus neun Stadtteilen erleben, erzählt Projektkoordinator Keno Hevemeier: „Wir legen unseren Fokus auf Schulen mit einem etwas niedrigeren Sozialindikator“, sagt er, „und wir versuchen, die Kinder abzuholen – das gelingt mal besser und mal schlechter.“ Das Ziel sei dabei, möglichst viel Wissen auf möglichst spielerische Art und Weise zu vermitteln. Und eine finanzielle Barriere soll es auch nicht geben: „Der Eintrittspreis ist gefördert durch die Umweltlotterie ,Bingo‘, die SWB, die Sparda-Bank und die Waldemar-Koch-Stiftung.“

Nach dem Theater geht das Projekt für die Schulklassen mit Basteln und Spielen weiter.
Pro Tag können dann bis zu 100 Kinder, aufgeteilt in drei Gruppen, betreut werden. „Nach dem Theaterstück gibt es erst einmal freies Spiel, anschließend werden dann Insekten gebastelt“, erklärt Sven Hegeler. „Dann werden Pollen in Form von kleinen Kugeln in der Wildnis des Licht-Luft-Bades versteckt und von den Kindern gesucht. Damit soll spielerisch ein Gefühl dafür geschaffen werden, was Insekten sind.“ Denn: „Die Menschheit entfremdet sich von der Natur und dieser Entwicklung sollte man etwas entgegensetzen“, sagt er, „und das ist die Idee der Natur-Theater-Tage: Das Theoretische mit dem Praktischen zusammenbringen.“
Theater geht gesellschaftspolitische Fragen an
Sven Hegeler selbst spielt den Clown Zippo in dem Stück rund um die Biene – „es ist aber auch ein wenig meine Geschichte“, sagt er. Ausgebildet an der Artistenschule Berlin, hat der 1961 geborene Hegeler schon beim Traumtheater Salome mitgewirkt, beim Wintergarten-Varieté Berlin und auch beim Circus Roncalli. „Ich finde es wunderbar, wenn sich das Theater in gesellschaftspolitische Fragen einbringen kann. Theater ist eine wunderbare Möglichkeit, sich gesellschaftlich auszudrücken. Und hier finden sich Menschen zusammen, denen Umweltbildung wichtig ist.“ Das sind dann nicht nur Umwelt- und Theaterpädagogen, sondern auch Studierende und Freiwillige.

Keno Hevemeier
Kita schlägt Thema vor
Als Publikum seien Kinder „wunderbar. Sie zeigen sofort ihre Begeisterung, aber auch ihre Ablehnung. Das ist sozusagen mein Spaß, mit Kindern Spaß zu haben.“ Zudem seien diese Kinder die kommende Generation, die entscheiden soll. Auch deshalb sei das Theater wichtig: „Damit das Thema nicht abstrakt bleibt und einen Bezug hat.“ Es mache Spaß, mit dem Team diese Wichtigkeit verwirklichen zu können, sagt er, und wichtig ist in diesem Zusammenhang auch das Thema eines anderen Stücks, dass der Verein Potztausendschön anbietet: „Ein Nashorn macht Theater“ heißt es und es handelt von Emotionen und Wut. „Eine Gröpelinger Kita kam auf uns zu und berichtete uns, sie hätten mit häuslicher Gewalt und in der Kita mit Aggressionen zu tun – was kann man da machen?“ Daraus entstanden ist dann ein Erzähltheater, das die Kinder einladen soll, in einen reflektorischen Prozess zu kommen, wie Sven Hegeler erläutert: „Habe ich Gefühle? Wie kann ich die benennen, wie kann ich mit ihnen umgehen?“ Es geht dabei um eine gemütliche Nashorndame, die jedoch sehr schnell in Wut gerät. Pro Kita läuft das Projekt über vier Wochen oder sechs Terminen mit Potztausendschön: „Auch deshalb, um einen Prozess einzuleiten, ein Vertrauensverhältnis zu entwickeln und die Kinder dadurch zu unterstützen.“ Je weiter die Termine voranschreiten, desto mehr werden die Kinder dann auch zu Erzählern – es geht also auch um Sprachförderung und darum, Sprache positiv zu erleben: „Wenn man keine Worte hat, schlägt man eher zu“, sagt Sven Hegeler.
Perspektivisch möchte der Verein Potztausendschön sowohl die Natur-Theater-Tage als auch das Nashorntheater fortführen. Angedacht ist zudem auch, ein Natur-Theater-Camp mit dem Lidice-Haus zu veranstalten. Es sei wichtig, dass Kinder gesehen werden, sagt abschließend Sven Hegeler: „Wir integrieren auch vermeintliche Störer in das Theater mit ein – damit die Kinder wieder ein positives Selbstwertgefühl haben.“