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Europa-Chor-Akademie Abgesang vor dem ersten Konzert?

Vegesack. Der Bremer Europa-Chor-Akademie unter Leiter Joshard Daus wird große Strahlkraft vorausgesagt. Profitieren könnte davon jedoch eine andere Stadt. Daus wirft den Behörden mangelnde Unterstützung vor und erwägt den Rückzug.
24.09.2013, 00:00 Uhr
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Abgesang vor dem ersten Konzert?
Von Patricia Brandt

Er wollte den Hamburger Ballettdirektor John Neumeier nach Bremen-Nord holen und eine Kantate für 250 Kinder im Vegesacker Bürgerhaus aufführen. Der Europa-Chor-Akademie und ihrem Leiter Joshard Daus wird große Strahlkraft vorausgesagt. Profitieren könnte davon jedoch demnächst eine andere Stadt. Daus wirft den Behörden mangelnde Unterstützung vor und erwägt den Rückzug.

„Ich muss hier Bodenkämpfe ausfechten. Das gefährdet unsere Arbeit zu 100 Prozent.“ Joshard Daus, Leiter der Europa-Chor-Akademie, macht keinen Hehl daraus, dass sein Nordbremer Projekt zu scheitern droht. Kommt Bremen nicht für die Infrastrukturkosten seiner im Bürgerhaus geplanten Arbeit auf, siedelt sich die Chor-Akademie möglicherweise gar nicht erst am Sedanplatz an, sondern zieht stattdessen ins Schloss Bückeburg. Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe empfange die Kultur Schaffenden mit offenen Armen. Sagt Daus.

Rund vier Jahre hat der Hamburger Kapellmeister und emeritierte Hochschulprofessor nach eigenen Worten an dem Konzept gearbeitet, das die örtliche Stadtteilkultur voranbringen soll. Daus schwebt nach dem Vorbild der Bremer Kammerphilharmonie vor, sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche zu fördern. Dafür hat die Chor-Akademie ein pädagogisches Konzept geschrieben. Nach dem Ende der Sanierungsarbeiten im Gustav-Heinemann-Bürgerhaus, so war es vorgesehen, sollten hier an bis zu 100 Tagen im Jahr Konzerte, Stadtteil- und Chortheaterprojekte sowie Chorworkshops für Schulen und Laiensänger angeboten werden.

Um die Ansiedlung der internationalen Nachwuchssänger überhaupt möglich zu machen, hatte die Wirtschaftsbehörde 2011 gut 500000 Euro lockergemacht. Der Bürgerhaussaal wurde im Rahmen des Acht-Millionen-Euro-Umbaus mit einer besonders guten Akustik ausgestattet. Für die Eröffnungsfeier 2014 war die Orff’sche „Carmina Burana“ mit der Europa-Chor-Akademie und Schülern der Gerhard-Rohlfs-Oberschule geplant.

Die „Carmina Burana“ wird Bremen-Nord noch zu Ohren bekommen. Das verspricht Daus. Doch vor der weiteren Arbeit steht ein Fragezeichen. Der Wahl-Lesumer Daus fordert eine weitere finanzielle Unterstützung von Bremen. Kurz vor dem geplanten Umzug der Akademie an den Sedanplatz sei immer no

ch nicht klar, wer für Infrastrukturkosten

wie Saalmiete, Heizung und Telefon aufkommen soll. Allein 20000 Euro fallen demnach jährlich für die Saalmiete an.

Daus will den Professor, der für die Akustik im Saal zuständig war, aus eigener Tasche bezahlt und einen Flügel zur Verfügung gestellt haben – aber nun sei Schluss: „Ich kann doch nicht als Privatmann die Stadtteilkultur entwickeln.“ Er habe zwar Förderer an seiner Seite – „wir können jährlich mit 600000 Euro arbeiten“ – doch die zahlten nicht fürs Telefon. Gegenwind hat der ehemalige Direktor des Collegium musicum in Mainz in Bremen zuletzt auch von der Hochschule zu spüren bekommen, die bisher als Partner für die wissenschaftliche Begleitung der Projekte auftrat. Sie hat laut Daus die Zusammenarbeit aufgekündigt.

Akteure und Ort sind für Daus auswechselbar. „Es gibt andere interessierte Partner und Städte“, sagt er. Aktuell liege ihm eine Einladung aus Bückeburg vor. Die Akademie könnte demnach im Barocksaal des Fürstenhauses auftreten und in einem der 400 Räume residieren.

Die Bremer Verwaltung zeigt sich von dieser Entwicklung überrascht. „Wir fördern die Europa-Chor-Akademie verlässlich und nach Absprache“, meint Heiner Stahn, Sprecher der Kulturbehörde. 50000 Euro gebe es jährlich über eine Stiftung, die beim Ressort angedockt sei. Auch Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) sei gerne unterstützend tätig gewesen, als es um die Ansiedlung ging, sagt Ressortsprecher Holger Bruns. Weil er sich eine belebende Wirkung für die Innenstadt erhofft habe: „Es irritiert aber, wenn dies zum Anlass genommen wird, anderweitige Finanzthemen beim Wirtschaftssenator abzuladen.

Es ist doch klar, dass der Wirtschaftssenator nicht für dauerhafte Kulturförderung zuständig ist.“

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