Für Oliver Stahn ist es ein ungeschriebenes Gesetz: "Man geht nie mit einem Vereinstrikot zu einem Länderspiel ins Stadion". Der 54-Jährige muss es wissen. Er ist bei den internationalen Topturnieren so etwas wie ein Stammgast in den Stadien dieser Erde. Seit 2006 hat der Beckedorfer alle Welt- und Europameisterschaften vor Ort verfolgt. Klar, dass er auch bei dieser EM am Sonntag den 2:1-Finalsieg der spanischen Furi Roja über England im Berliner Olympiastadion von der Tribüne aus erlebt hat. In Sachen Trikot war er natürlich bestens ausgestattet. Farblich entsprach sein Shirt dem Pink der DFB-Elf, allerdings prangte vorne der Schriftzug der US-Punkband "Green Days" und dem Albumtitel "Saviors". "Das fand ich irgendwie ganz lustig", sagte Oliver Stahn, der diesmal allein ohne Familie mit dem Auto anreiste, um vor Ort mit einigen Freunden ins Stadion zu gehen.
Das Finale selbst gehörte für den Reisenden in Sachen Fußball nicht zu den absoluten Highlights. Damit hatte er aber auch nicht unbedingt gerechnet. "In einem Finale steht ja in der Regel eher die Fehlervermeidung im Vordergrund. Das war auch diesmal so und man kann immer nur hoffen, dass endlich ein Tor fällt", sagt der SAP-Berater. Dieser Wunsch ging ja direkt nach der Halbzeit in Erfüllung. Nach der spanischen Führung und dem Ausgleich der Engländer machte ihm die zweite Hälfte dann umso mehr Spaß. "Danach wurde das Spiel schlagartig besser und am Ende hat dann auch die richtige Mannschaft gewonnen. Spanien hatte das durch den besseren Fußball auch über das gesamte Turnier gesehen, ganz klar verdient."
Für Oliver Stahn, der bei diesen Titelkämpfen bei insgesamt 16 Spielen direkt vor Ort war, gehört dieses Endspiel immerhin zu den Top-Drei dieser Europameisterschaft. "An Position eins liegt ganz klar das Eröffnungsspiel der deutschen Mannschaft gegen Schottland, danach folgt das Achtelfinale gegen Dänemark in Dortmund, danach würde ich das Finale einordnen", erklärt er. Enttäuscht war der zweifache Familienvater allerdings ein wenig von der Unterstützung der spanischen Fans. "Den Support hätte ich mir schon etwas anders vorgestellt. Das war meiner Meinung nach eher dünn", erklärte er.
Das sollte allerdings seinen guten Gesamteindruck nicht schmälern. Länderspiele haben für ihn nun einmal einen ganz besonderen Reiz, auch wenn er davon bereits unzählige live verfolgt hat. Stahn besitzt sowohl für Werder Bremen als auch für Borussia Mönchengladbach zwei Dauerkarten. "In der Bundesliga komme ich meist nur ein paar Minuten vor Anpfiff ins Stadion", erklärt er. Am Sonntag in Berlin hatte er bereits eineinhalb Stunden vor Anpfiff seinen Platz eingenommen, saugte "die tolle Atmosphäre auf" und beobachtete beide Mannschaften bei ihrem Aufwärmprogramm. Ohnehin wurde der Trip in die Bundeshauptstadt zu einer intensiven Angelegenheit. Morgens um 9.30 Uhr hatte er sich in Beckedorf ins Auto gesetzt und lag gegen ein Uhr nachts erst wieder in seinem Hotelbett. Dazwischen traf er Freunde, mit denen er sich dann im "Preußischen Landswirtshaus" ganz in der Nähe des Olympiastadions gewissenhaft mit Speisen und Kaltgetränken auf das Finale vorbereitete.
Apropos Vorbereitung: Fast ist es schon müßig, zu erwähnen, dass für Oliver Stahn nach dieser EM natürlich bereits das nächste Großereignis ansteht. "Jetzt ist erst einmal zwei Wochen Pause und dann geht es für 14 Tage nach Paris zu den Olympischen Spielen", erklärte er. Dort rückt dann aber der Fußball erst einmal in den Hintergrund. Unter anderem stehen dann für ihn Leichtathletik, Schwimmen und Turnen im Blickpunkt. Aber keine Sorge, Oliver Stahn bleibt dem Fußball erhalten. Für die WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada sind die groben Planungen bereits angelaufen. Auf jeden Fall wird es für ihn einen Trip mit seiner Frau Daniela geben sowie eine Tour mit seinen Freunden. Die Details, wie Tickets, Flüge etc. werden folgen. Nur eines steht für den Fußball-Globetrotter schon unverrückbar fest. "Ich will unbedingt einmal Mexiko im Aztekenstadion spielen sehen."