SG Aumund-Vegesack 5, OSC Bremerhaven 0. Klingt wie ein frommer Wunsch des abstiegsbedrohten Nordbremer Fußball-Bremen-Ligisten, ist aber tatsächlich Realität. Mit dem Wundermittel des Trainerwechsels, Björn Krämer löste vergangenen Dienstag Ugur Biricik ab, gelang das ersehnte Erfolgserlebnis, auf das die SAV in der Punktrunde seit Ende November gewartet hatte und immer tiefer in den Abstiegskampf gerutscht war. Dass die SAV sich am frühen Sonnabendnachmittag gegen den Tabellenzweiten derart fulminant zurückmeldete, war das Resultat aus einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren.
Der Trainerwechsel: Den Wechsel nach zuletzt drei nicht gewonnenen Kellerduellen vor dem Spiel gegen den OSC Bremerhaven zu vollziehen, war gleichermaßen riskant (für den Fall einer hohen Niederlage) wie überfällig. Das Risiko zahlte sich aus, Rückkehrer Björn Krämer benötigte keine Eingewöhnungszeit und setzte Kräfte bei den Spielern frei. Der 43-Jährige agierte wie ein zwölfter Mann der SAV, der allerdings die Spielfeldbegrenzung nicht überschreiten durfte. Wie ein Radiokommentator begleitete er die Aktionen seiner Spieler. Verbal schob er alle mal ein paar Meter vor, mal ein paar Meter zurück, mal verlagerte er sie auf die andere Seite. Seine Anweisungen waren kurz und treffend, immer wieder von Lob und Aufmunterung begleitet. Krämer: "Ich musste als zwölfter Mann viel mitarbeiten."
Der Wille: Wenn ein Fehler gemacht wurde, war immer ein anderer da, der ihn ausgebügelt hat. Die Lauf- und Zweikampfbereitschaft war ungemein hoch. Beim Abpfiff blieb der ganz große Jubel aus, denn die Erschöpfung stand allen Spielern ins Gesicht geschrieben. Mehrere Spieler, die mit Krämpfen zu kämpfen hatten, waren ein Beleg für vollen Einsatz.
Die Gier: Die Abwehrspieler und Torhüter Jan Dähne waren gierig darauf, Gegentreffer zu verhindern. Ballgewinne oder Rettungsaktionen wurden gefeiert. Und in der Offensive herrschte eine Gier nach Abschlüssen, nach Torerfolgen. Ob verspielt und trickreich wie Sebastian Kurkiewicz, spiel- und lauffreudig nach vorne wie nach hinten wie Serdar Güngör, unwiderstehlich durchstartend wie Mücahit Güngor oder gradlinig wie Tasmin Mussa – jeder Einzelne arbeitete mit allem, was ihm zur Verfügung steht für den Wendepunkt im Abstiegskampf.
Das Spielglück: Es ist zurück. "Die SAV kann mit dem 2:0 zur Halbzeit sehr glücklich sein", formulierte es OSC-Trainer Björn Böning sehr passend. Denn einerseits erhielt die SAV Geschenke, andererseits stand ihr Fortuna immer wieder zur Seite. "Wir hatten in der ersten Halbzeit viele Stresssituationen", stellte Björn Krämer später fest. Das galt nicht für die sechste Minute. Da spielte OSC-Innenverteidiger Deniz Siga den Ball Mücahit Özkul in die Füße, und der vollstreckte abgebrüht zum 1:0. Nach 25 Minuten schien der Ausgleich unvermeidbar. Doch Jan Dähne rettete gegen Sandro Felipa, der abgewehrte Ball kam aus dem Gewühl umgehend zurück, prallte an die Latte und wurde vom bedrängten Philip Glombik in höchster Not geklärt. Drei Minuten später hielt Jan Däne einen harmlosen Kopfball nicht fest, nach dem Abstaubertor vom Deniz Sega hob der Assistent wegen Abseits die Fahne. "Niemals", war sich OSC-Trainer Björn Böning sicher und stand mit dieser Einschätzung alles andere als allein da. Die eine oder andere riskante Rettungstat, beispielsweise ein über den Balken zischender Kopfball vom in jeder Hinsicht mit bestem Beispiel vorangehenden Mannschaftskapitän Christian Böhmer, rundeten das Thema "Die Rückkehr des Spielglücks" ab. Und so wurde es möglich, dass A-Junior Fabian Waspas, Mücahit Özkul, Jerome Albritton und Mussa Tasmin zum 5:0-Endstand für eine SAV trafen, deren Auftritt schließlich vollends an bessere Zeiten erinnerte.
Was ist der Sieg wert? Darauf ging Björn Krämer direkt nach Spielende im Mannschaftskreis so ein: "Wir sind nicht mit einem Spiel in den Abstiegskampf gerutscht, und wir kommen nicht mit einem Spiel aus dem Abstiegskampf raus." Eine Einordnung, die den Blick für die nächste bedeutsame Aufgabe an diesem Dienstag, 19.30 Uhr, Vegesacker Kunstrasenplatz, im Nachholspiel gegen Tura Bremen schärfen soll.