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Tag des offenen Denkmals Zwölf Glockenschläge aus nächster Nähe

Am Tag des offenen Denkmals konnten Interessierte auch in Bremen-Nord hinter so manche ansonsten verschlossene Tür blicken. Unter anderem gab es Führungen auf den Glockenturm der St. Michaels-Kirche in Grohn.
12.09.2021, 16:34 Uhr
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Von Marina Köglin

Bremen-Nord. Der Tag des offenen Denkmals bot auch in Bremen-Nord Gelegenheit, hinter sonst verschlossenen Türen zu blicken. Hoch hinaus ging es in der Grohner St. Michaels-Kirche. Die Gemeinde hatte zur Kirchturmführung eingeladen. Küster Heiko Knickelbein führte die Besuchergruppe hinauf bis zum Glockenstuhl – und noch ein bisschen weiter. Der Turm der 1906 erbauten St. Michaels-Kirche ist 60 Meter hoch. Der Bremer Dom hat eine Höhe von 90 Metern und damit, so Knickelbein, seien die Turmspitzen ziemlich genau auf gleicher Höhe – da St. Michael auf einer Düne steht.

Der Küster ist auf den Treppen und Leitern ziemlich schnell unterwegs, die Besucher halten wacker mit, sind aber doch ganz froh über den ersten Halt – Gelegenheit, um Atem zu schöpfen. Die Gruppe hat die Kuppel erreicht, von der aus in der Vorweihnachtszeit der Adventskranz in die Kirche heruntergelassen wird. Es geht weiter; aus den steinernen Treppen sind schmale Holzstiegen geworden. Als nächstes wird eine Luke passiert und dann stehen die Besucher direkt neben den drei Glocken, die die Namen Liebe, Glaube und Hoffnung tragen. Die kleinste von ihnen, „Hoffnung“, ist aus Bronze, die beiden größeren, deren Vorgängerinnen während des zweiten Weltkriegs verloren gingen, wurden 1953 aus Gußstahl gefertigt. Die große Glocke („Glaube“) in der Mitte trägt die Inschrift „1942 verloren – 1953 gestiftet von der Gemeinde Grohn zum Gedächtnis der Kriegsopfer“. Der Glockenstuhl bietet eine großartige Aussicht – „bei gutem Wetter bis nach Delmenhorst“, sagt Heiko Knickelbein. Die Gruppe staunt darüber, wie grün die Umgebung ist. „Es sieht ein bisschen so aus, als würde der Kirchenturm von St. Magni mitten im Wald stehen“, stellt eine Besucherin fest. „Achtung, es ist zwölf Uhr“, bemerkt Heiko Knickelbein in diesem Moment – und die Besucher erleben die zwölf Glockenschläge aus nächster Nähe. Die Glockenschläge dröhnen zwar bis in die Fußsohlen, sind aber erstaunlicherweise nicht so laut, wie befürchtet. Gut gelaunt halten einige Besucher das Erlebnis mit der Handykamera fest.

Auf noch schmaleren Treppchen erreicht die Gruppe als nächstes das Uhrwerk. „Das Uhrwerk ist genauso alt wie die Kirche, hier hat sich so gut wie nichts verändert“, erläutert Knickelbein. Er zeigt, wie der Glockenschlag mit Hilfe einer großen Kurbel aufgezogen wird. „144 Umdrehungen mit der Kurbel – und das jeden Freitag.“ Die Besucher dürfen die Kurbel ebenfalls betätigen. „Und das 144 Mal? Respekt!“ sagt eine Besucherin, denn das Kurbeln ist nicht allzu einfach. Noch schwergängiger ist die Kurbel auf der anderen Seite, beim Uhrwerk. Allerdings muss hier auch nur 36 Mal gekurbelt werden. Die allerletzte Leiter wird nicht erklommen; der Raum, in den sie führt, ist so eng, dass kaum zwei Personen dort stehen könnten. Außerdem ist dort das Refugium der Turmfalken.

Auch der Thiele-Speicher in der Alten Hafenstraße öffnete zum Tag des offenen Denkmals seine Türen. Das Gebäude wurde um 1800 gebaut und kann mit seiner Größe als Zeuge für die Blütezeit des Vegesacker Hafens gelten. Die obere Etage bietet einen Ausblick über den gesamten Museumshaven. Heute wird das Baudenkmal vom Verein Kutter- und Museumshaven Vegesack und dem Fechtclub Bremen-Nord genutzt. Der Fechtclub verfügt dort über insgesamt acht fest verlegte Bahnen, Umkleiden und einen Clubraum. Den Tag des offenen Denkmals nutzte der Verein für Fecht-Vorführungen und eine Dokumentation der Geschichte des Speichers ab 1836 mit Karten, Zeitungsartikeln und Fotos. „Man geht davon aus, dass der Speicher im 19. Jahrhundert von der Reederei Bischoff bewirtschaftet wurde“, erzählt Eberhard Erben vom Fechtclub Bremen-Nord. Von 1862 bis 1964 nutzte die Firma Thiele den Speicher. Als die Firma nach Ihlpohl umzog, übernahm Bremen das Gebäude, das seit 1973 unter Denkmalschutz steht. Anfang der 80er Jahre zogen Hausbesetzer ein, bevor der Fechtclub den Speicher in engagierter Eigenarbeit renovierte und als Sportzentrum herrichtete.

Zur Sache

Tag des offenen Denkmals

Der Tag des offenen Denkmals findet jährlich am zweiten Sonntag im September statt. Die Idee eines Denkmaltages stammt aus Frankreich. 1984 rief der damalige Kulturminister Jack Lang die Tage der offenen Türen in historischen Sehenswürdigkeiten (Journées Portes ouvertes dans les monuments historiques) ins Leben. Aufgrund der großen Resonanz folgten in den nächsten Jahren weitere Länder dem Beispiel. In Deutschland gab es 1991 einen Tag der offenen Tür in hessischen Baudenkmälern. 1992 schloss sich die Stadt Halle an. 1993 fand der Tag des offenen Denkmals erstmals deutschlandweit statt. Die Resonanz war groß: 3500 Baudenkmäler in 1200 Städten und Gemeinden öffneten ihre Türen und etwa zwei Millionen Besucher kamen. Koordiniert wird der Tag des offenen Denkmals durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Ziel des Aktionstages ist es, die Bedeutung des baukulturellen Erbes erlebbar zu machen. Am Tag des offenen Denkmals sind auch sonst nicht zugängliche Denkmale geöffnet. Jedes Jahr öffnen rund 7.500 Denkmale in über 2.700 Kommunen an diesem Tag. Vielerorts werden Führungen angeboten. Seit 1999 steht der Tag unter einem bestimmten Leitwort. 2020 fand der bundesweite Tag des offenen Denkmals aufgrund der COVID-19-Pandemie in Deutschland erstmals virtuell statt.

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