"Das ist einer der schönsten Spots in Vegesack", sagt Dariush Hassanpour, während er sich auf die rote Mauer am Utkiek lehnt. In den letzten Wochen ist der Mann mit dem spärlichen Haupthaar, dem dunklen Vollbart und den dunkelbraunen Augen oft von seiner Wohnung in der Nähe des Weserstadions in den Bremer Norden gekommen. Hier macht der Bürgerschaftsabgeordnete der Partei Die Linke Wahlkampf. Er ist Spitzenkandidat seiner Partei im Wahlkreis 55.
"Bei der Kandidatur geht es mir aber nicht darum, wie im Sport Erster zu sein. Sondern es geht darum, Präsenz zu zeigen und ein Mandat für Doris Achelwilm zu erreichen." Dass das klappt, davon ist der 28-Jährige überzeugt. "Ich gehe zu 100 Prozent davon aus, dass Die Linke in den Bundestag kommt. Wir haben eine riesige Eintrittswelle."
Hassanpour kandidiert im Wahlkreis "Bremen II – Bremerhaven, obwohl er nicht im Wahlkreis wohnt. "Ich vertrete eher eine bestimmte Zielgruppe als einen bestimmten Ort", erklärt er. Für den gebürtigen Hamburger, der 2017 für ein Soziologiestudium nach Bremen gezogen ist, lag die Kandidatur in diesem Wahlkreis auf der Hand. "Das war eine strategische Überlegung. In Bremen-Nord und Bremerhaven haben wir eher eine migrantische Klientel."
Eltern flohen vor dem Krieg
Hassanpours Eltern kamen in den 1980er-Jahren nach Deutschland. Der Vater floh vor dem Iran-Irak-Krieg und begann ein Studium. "Meine Mutter ist ihm auf dem Weg des Familiennachzugs gefolgt. Das, was Friedrich Merz jetzt abschaffen möchte", sagt der 28-Jährige.
Als Mann mit Migrationshintergrund hat sich Dariush Hassanpour ganz bewusst für Bremen entschieden. "Ich dachte, hier werde ich auf der Straße wohl nicht angefeindet." Auch wenn er annähernd in der City wohne – oder "in Biernähe", wie der 28-Jährige sein Wohnquartier aufgrund der Kneipendichte nennt – , sei ihm Bremen-Nord nicht unbekannt. "Ich habe viele Freunde in Lesum und Burg." Über seine Besuche im Stadtteil habe er einen ganz guten Einblick in die hiesige Lebenssituation erhalten. Es gebe viele schöne Einfamilienhäuser, aber auch genau das Gegenteil. Er wisse, was es heißt, in einem Hochhaus zu wohnen oder abgehängt zu sein. Bei Podiumsdiskussionen in Schulen und an Wahlständen habe er erfahren: "Bremen-Nord wird oft vergessen."
Sein politisches Hauptanliegen ist, an der Einkommensschraube zu drehen. "Das Einkommen entscheidet, ob ich in einer kleinen, einer großen oder einer zugigen Wohnung lebe, ob ich meine Kinder auf dem Lebensweg unterstützen kann oder nicht."
Der Berufspolitiker, der in seiner Jugend ungezählte Stunden auf dem Skateboard verbracht hat, setzt politisch auf junge Themen. "Viele junge Leute sind verärgert, dass es wenig Freizeitangebote gibt. Klubs, Cafés und die Freizis könnten bessere Ausstattung und mehr Personal gebrauchen", sagt Hassanpour. In seiner Jugend sei es ganz wichtig gewesen, "dass wir eine Beschäftigung hatten, um nicht auf die schiefe Bahn zu kommen". Wenn der Sohn iranischer Eltern nicht auf dem Skateboard stand, spielte er Geige in Bigbands oder Orchestern oder sang im Chor. Fünfmal trat er bei Weihnachtskonzerten im Hamburger Michel auf. Ein weiteres Anliegen des ÖPNV-Fans ist, die Taktung von Bussen und Bahnen zu erhöhen, damit junge Menschen – gerade in Bremen-Nord – nicht schon alleine deshalb abgehängt werden, weil sie jenseits der Lesum wohnen.