Es geht um die wichtigsten Gebäude in Vegesack: Für das Hotel Havenhaus und das Restaurant Grauer Esel sucht die Stadt aktuell einen Investor. Sie will die Häuser nach den Worten von Andrea Bischoff als Sprecherin der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) aufgrund "der enormen Bedeutung" aber nicht veräußern. Es soll stattdessen ein Erbbaurecht für bis zu 99 Jahre vergeben werden. Dazu gibt es eine Reihe Fragen. Hier lesen Sie die Antworten.
Wie wichtig sind die Häuser für Vegesack?
"Die Gebäude sind von besonderer Bedeutung für Vegesack und für Bremen", heißt es bei der WFB. Als Sitz der bremischen Verwaltung des ersten bremischen Vorhafens und eines der ersten künstlich angelegten Hafenbecken Deutschlands gilt das Havenhaus nach Einschätzung des Landesamtes für Denkmalpflege als das bedeutendste Baudenkmal Vegesacks. Das Havenhaus ist gemeinsam mit dem Grauen Esel Teil eines geschützten Ensembles, ein Kulturdenkmal. Das Havenhaus war nach Recherchen der Denkmalpfleger in den Jahren von 1645 bis 1648 als Amtshaus und Hafenamt gebaut worden. Hier wohnte Hafenmeister Bosche Hasselmann. Hasselmanns Nachfolger Heinrich Pundt bekam 1671 das Schankrecht. Dies war der Beginn der Gastronomie im Havenhaus. Der benachbarte Graue Esel entstand 1777 zunächst als Stall, wurde Ende des 19. Jahrhunderts jedoch zur Hafenschenke, direkt an der Treppe hinunter zu den Torfkähnen, die Brennstoff nach Vegesack brachten.
Wie funktioniert die Sache mit dem Erbbaurecht?
Die Stadt will für die beiden Gebäude und das Grundstück am Hafen ein Erbbaurecht vergeben. Das heißt, dass der Investor gegen Zahlung eines Erbbauzins – in diesem Fall in Höhe von jährlich mindestens 28.000 Euro und eine Entschädigung für die Nutzung der Gebäude in Höhe von mindestens 650.000 Euro – die Gebäude unterhalten darf. Der Vertrag soll mindestens 40 und längstens 99 Jahre laufen.
Wer darf als Investor auftreten?
Im Prinzip jeder, der finanziell dazu in der Lage ist und ein überzeugendes Nutzungskonzept vorlegen kann. So steht es im Exposé für Interessenten. Die Stadt beabsichtigt das Grundstück und die beiden Gebäude an den Meistbietenden abzugeben. Wichtig ist aber auch eine Einschätzung des Bewerbers zur notwendigen Sanierung der Gebäude. Der Hintergrund: Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung der Stadt hat ergeben, dass eine Vergabe des Gebäudeensembles die für die Stadtgemeinde Bremen wirtschaftlichste Lösung darstellt, da Sanierungskosten zu erwarten sind. Diese Kosten soll der Investor übernehmen.
Wie hoch sind die Sanierungskosten für den Grauen Esel?
Hier fallen laut WFB zurzeit keine Kosten an. Die Stadt hat laut WFB als Eigentümerin bereits Sanierungsmaßnahmen in Höhe von 500.000 Euro etwa für Brandschutz, Sanitäranlagen, Heizung und Lüftung vorgenommen. "Daher erfüllt der Graue Esel nunmehr wieder die Anforderungen der Lebensmittelüberwachung und des Brandschutzes", so Andrea Bischoff von der WFB.
Was kostet die Sanierung des Havenhauses?
2017 hat die Stadt zwar ein Sanierungskonzept erstellt, aber erst teilweise umgesetzt. Investiert wurden laut WFB seitdem 360.950 Euro. Einen größeren Teil der Sanierungskosten müsste der Investor übernehmen: Rund 1.477.000 Euro. Unter anderem muss kurzfristig das Dach neu eingedeckt und die verrotteten Gauben samt einiger Fenster erneuert werden. Dabei sollten auch die Feuchteschäden an Wänden behoben werden. Mittelfristig sind laut Sanierungsplan Bäder und Kühlräume zu sanieren.
Bleibt der bisherige Pächter trotz des geplanten Verkaufs?
Auch, wenn die Stadt nicht mehr Eigentümer ist, bleibt Philipp Thiekötter Pächter beider Objekte. Nachdem die Verträge mit dem vorherigen Pächter aufgelöst wurden, wurde laut WFB die Strandlust GmbH & Co. KG neuer Pächter des Hotel Havenhaus und Philipp Thiekötter Unterpächter des Hotel Havenhaus sowie Unterpächter des Grauen Esel. „Ich habe einen Vertrag bis Ende 2025, und ich habe noch die Option auf fünf weitere Jahre“, sagt Thiekötter auf Anfrage.
Gab es in der Vergangenheit bereits Verkaufsabsichten?
Ja, 2011 war ein Verkauf des Ensembles vorgesehen, gegen den der Beirat jedoch sein Veto einlegte. Der frühere Pächter aus Vegesack hatte seine Kaufabsichten damit begründet, in die Häuser investieren zu wollen. Gegen die Vergabe eines Erbbaurechts an den historischen Gebäuden hingegen gab es ein Jahr später von Verwaltungsseite keine Bedenken mehr. Allerdings kam der Vertrag trotzdem nicht zustande. Diskutiert wurde damals über die Auflagen: Gutbürgerliche Küche an der Maritimen Meile war erlaubt, eine Pommesbude hätte der Investor aber nicht aus dem Havenhaus machen dürfen. Für die Immobilien war damals ein Kaufpreis von 950.000 Euro im Gespräch.
Dürfte ein Investor im Havenhaus einen Nachtklub eröffnen?
„Die Gebäude haben eine besonderen Bedeutung für den Stadtteil Vegesack und den Tourismus, daher sollte die heutige Nutzung der Gebäude beibehalten werden“, sagt WFB-Sprecherin Andrea Bischoff. „Dies ist im Verfahren auch ausdrücklich festgeschrieben.“ Die Nutzung für Vergnügungsstätten aller Art wie beispielsweise Spielhallen und Discotheken sei ausgeschlossen, ebenso wie Ladengeschäfte, Büros und Handwerksbetriebe und Werbeanlagen für Fremdwerbungen.
Wie lange läuft das Interessenbekundungsverfahren noch?
Das Verfahren läuft noch bis zum 23. Juli. Sollten sich bis Fristende keine Interessenten finden, will die Wirtschaftsförderung Bremen in Abstimmung mit den behördlichen Stellen entscheiden, wie weiter verfahren wird.