Vegesack. Der Trend ist unverkennbar: Auch in Bremen-Nord dürfte das Wohnzimmer zum beliebtesten Wahllokal avancieren. Schon jetzt hätten doppelt so viele Bürger zwischen Farge-Rekum und Mahndorf Briefwahlunterlagen angefordert wie zum gleichen Zeitpunkt vor vier Jahren, sagt Dr. Evelyn Temme von der Geschäftsstelle des Wahlamtes An der Weide. Sie rechnet damit, dass bei der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag am 26. September mehr als 50 Prozent der Bremer ihre Stimme per Brief abgeben könnten.
Diesem Trend trägt das Wahlamt der Hansestadt Rechnung. Waren vor vier Jahren insgesamt 940 Helferinnen und Helfer im Einsatz, die ausschließlich die auf postalischem Weg eingegangenen Stimmen auszählten, sollen dieses Mal 1400 Frauen und Männer die Umschläge öffnen. Insgesamt benötigt das Wahlamt in der Stadtgemeinde Bremen 4600 Bürger, die in insgesamt 354 Wahllokalen für einen reibungslosen Ablauf der Wahl sorgen sollen. Knapp 600 sind am 26. September in den 65 nordbremischen Wahllokalen im Einsatz.
Eine der wichtigsten Aufgaben des Bremer Wahlamtes bei der Organisation einer Bundestags- oder Landtagswahl war in den vergangenen Jahrzehnten die Werbung um Wahlhelfer. Meistens aber reichte die Zahl der Freiwilligen nicht aus, so dass Mitarbeiter aus dem öffentlichen Dienst rekrutiert werden mussten. Eine Zwangsmaßnahme, die dieses Mal nicht nötig ist. „Wir haben alle erforderlichen 4600 Wahlhelfer beisammen“, sagt Evelyn Temmen.
Bei der Suche nach Bremerinnen und Bremern, die am 26. September von frühmorgens bis spätabends im Einsatz sein müssen, hat offensichtlich die Corona-Pandemie mitgeholfen. Vor allem jüngere Männer und Frauen, so Temme, hätten das Angebot angenommen, sich vorzeitig impfen lassen zu können, wenn sie den Job im Wahlamt übernähmen. Rund 60 Prozent aller Helferinnen und Helfer sind deshalb auch zum ersten Mal in einem Wahllokal aktiv. Für ihre Tätigkeit erhalten sie ein sogenanntes Erfrischungsgeld als Entschädigung. An die Wahlvorsteher zahlt die Hansestadt 70, an die Schriftführer 65 und an die übrigen Mitglieder des Wahlvorstand 60 Euro pro Person.
Abstimmen an der Urne können die Wählerinnen und Wähler am 26. September in der Zeit von 8 bis 18 Uhr. Mit ihrer Wahlbenachrichtigung haben sie ein Merkblatt mit allen Corona-Schutzmaßnahmen erhalten. So dürfen die Wahllokale grundsätzlich nur mit einer medizinischen oder einer FFP2-Maske betreten werden, die auch von den Wahlhelfern zu tragen ist. Zudem sind die Wahllokale so hergerichtet, dass ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann. Mit Wartezeiten ist also zu rechnen.
Insgesamt gibt es im kleinsten Bundesland 459.235 Wahlberechtigte. Davon sind 220.444 männlich und 238.791 weiblich. Und 22.042 Bremerinnen und Bremen dürfen erstmals an einer Bundestagswahl teilnehmen, bei der in Bremen und Bremerhaven 18 Parteien antreten. 11.061 davon sind männlich und 10.981 weiblich. Nach Angaben des Statistischen Landesamt sind 56,5 Prozent der Bremer Wahlberechtigten mindestens 50 (Bund: 57,8 Prozen), 22,1 Prozent sogar 70 Jahre und älter (Bund: 21,3 Prozent). Und nur 13,4 Prozent der Wahlberechtigten sowohl im Zweistädtestaat an der Weser als auch bundesweit wurden vor weniger als 30 Jahren geboren. Die älteste wahlberechtigte Person in Bremen zählt 106, die älteste in Bremerhaven 103 Lenze. Ausgeschlossen von der Bundestagswahl sind in Bremen und Bremerhaven übrigens 18 Prozent der Erwachsenen, weil sie keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.
Im Wahlkreis Bremen II mit den Stadtteilen Blumenthal, Vegesack, Burglesum, Blockland, Gröpelingen, Häfen, Seehausen, Strom, Woltmershausen und der Stadt Bremerhaven entfielen vor vier Jahren 29,6 Prozent der Zweitstimmen auf die SPD, 23,9 auf die CDU, 9,0 auf die Grünen, 12,5 auf die Linke, 12,1 auf die AfD und 8,2 auf die FDP. An Erststimmen erreichten Uwe Schmidt (SPD) 34, Bettina Hornhues (CDU) 25, Maurice Müller (Grüne) 7,7, Nelson Janßen (Die Linke) 11,5, Frank Magnitz (AfD) 11,4 und Hauke Hilz (FDP) 6,7 Prozent. In den Deutschen Bundestags wurden aus dem Wahlkreis Bremen II Uwe Schmidt direkt und Frank Magnitz über die Landesliste gewählt.