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Im Wiegeschritt: Auch für die Facebook-Generation bleibt die Tanzschule fester Bestandteil des Werdegangs Das Anti-Blamier-Programm

Die Tanzschule – für die einen eine lästige Tradition, für andere purer Spaß und ein Weg, um neue Leute zu treffen. Dabei wird die Tanzstunde regelmäßig auch zur Lebenshilfe: Wie gehe ich richtig auf jemanden zu? Und wie – bitte schön – bindet man eine Krawatte? Tanzschulen bieten heute ein Anti-Blamier-Programm
16.04.2013, 05:00 Uhr
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Von Nadine Döring

Die Tanzschule – für die einen eine lästige Tradition, für andere purer Spaß und ein Weg, um neue Leute zu treffen. Dabei wird die Tanzstunde regelmäßig auch zur Lebenshilfe: Wie gehe ich richtig auf jemanden zu? Und wie – bitte schön – bindet man eine Krawatte? Tanzschulen bieten heute ein Anti-Blamier-Programm

Vegesack. "Hallo alle zusammen und einen schönen Mittwochabend. Nun werden wir wieder das Tanzbein schwingen", begrüßt Matthias Lass die Jugendlichen des Anfängerkurses. An einer Wand warten die Jungen und ihnen gegenüber, an der anderen, die Mädchen. Die Herrenwahl steht an. Dabei ist anrempeln der Konkurrenten verboten. Ebenso, die Hände in den Taschen zu behalten. "Der Tag wird kommen, da seid ihr draußen auf der freien Wildbahn", erklingt die Stimme des Tanzlehrers aus den Lautsprechern. "Als Azubi wollt ihr dann vielleicht eure Chefin zum Tanz auffordern."

An diesem Abend geht die Mischung nicht auf. Nicht für jedes Mädchen steht ein Tanzpartner bereit. Diejenigen, die übrig bleiben, tun sich zu Paaren zusammen. Dabei wechseln sie während des Tanzens immer wieder die Rollen. "Es gibt auch mal mehr Jungen", erklärt Matthias Lass. "Zu Beginn haben wir überwiegend Mädchen. Die Jungen merken aber bald, dass sie gut ankommen, wenn sie tanzen können. Dann besuchen sie uns auch mehrmals in der Woche."

Mit dem Foxtrott beginnt die Tanzstunde. Matthias Lass und seine Assistentin Milena Tietjen führen die Schritte noch einmal vor und dann geht es los. Zu Seeed tanzen die Jugendlichen den Cha-Cha-Cha. Vorher üben sie noch die Solodrehung der Frauen. Drei Mal tanzen sie den Wiegeschritt, dann folgt die neue Drehung und zum Schluss die schon bekannte Promenade. Diese Reihenfolge muss nicht eingehalten werden. Doch Improvisation birgt Gefahren: "Dann muss er aber führen", erinnert der Tanzlehrer. "Dabei kommt es auf die Stellung seiner Hand an. Wenn sie oben ist, folgt eine Drehung. Lässt er sie wieder sinken, geht es normal weiter."

Den Jugendlichen macht der Kurs Spaß. "Viele meiner Freunde haben bereits tanzen gelernt. Und gerade Standardtänze bringen mir viel, da die meisten meiner Bekannten es können", erklärt Ann-Katrin. Ihr gefällt auch das "Anti-Blamier-Programm" des ADTV (Allgemeiner Deutscher Tanzlehrerverband). Hier lernen die Jugendlichen etwas über moderne Umgangsformen, Tischsitten oder über die passende Kommunikation, die richtige Begrüßung.

Ein Zertifikat bekommen die Jugendlichen, wenn sie am Tanz(schul)jahr teilgenommen haben. Das kann sogar bei Bewerbungen einen Pluspunkt darstellen. "Vor einigen Wochen wurde ich von einem ehemaligen Schüler gefragt, ob ich ihm ein neues Zertifikat ausstellen kann, da er sein altes nicht findet. Das reflektiert die Wertigkeit", freut sich Inhaber Lass. Er beobachtet jedoch, dass die Zahl der Schüler in der Branche insgesamt abnimmt.

Der Disco-Fox steht an. Diesmal müssen die Damen wählen, die allerdings ein wenig zögerlicher sind. Neben dem Grundschritt beherrschen die Jugendlichen auch schon die Drehung. Einige bauen sie gleich mit ein. Eine schnelle Oldie-Nummer kündigt einen neuen Tanz an, den die Schüler heute lernen werden: den Jive. "Macht kleine Schritte, sonst seid ihr ganz schnell ausgepowert", empfiehlt Matthias Lass. "Mit den Knien locker Wippen und ihr müsst auf den Fußballen bleiben." Dann zeigt er ihnen noch einen weiteren Schritt, bei dem sie einen Fuß schräg nach hinten setzen und den vorderen anheben.

Auf dem Plan steht für diese Tanzstunde auch die Vorbereitung auf den Mittelball. Das Krawattenbinden wird geübt. Die Mädchen fragen sich, wofür sie das denn brauchen. Da hat Matthias Lass schnell eine Antwort parat: "Es ist für die Frauen nicht schlecht, wenn sie später Mama sind und ihr Sohn ein Vorstellungsgespräch hat. Oder der Papa ins Büro muss und das Badezimmer blockiert, weil er die Krawatte nicht hinbekommt."

Drei Mal geht der Tanzlehrer den Knoten-Ablauf durch und erklärt, welches Ende worüber muss, wie man am besten die Finger halten sollte. Und er schildert, dass die optimale Länge bis zum Hosenansatz reicht. Bei merkwürdig gebundenen Krawatten versucht Lass herauszufinden, was schiefgegangen sein könnte. Danach folgt ein Wettbinden. Die Damen gewinnen, obwohl beide Parteien gleich schnell waren. Aber die Mädchen haben die Krawatte schöner gebunden.

Die Tanzstunde wird mit einem Gruppentanz beendet, dem Stomp. Bei der lauten Musik, der Stimme aus dem Lautsprecher und den bunten Lichtern kommt ein wenig ein Gefühl wie auf dem Jahrmarkt auf. Fröhlich tanzen die Jugendlichen und bauen eine Drehung ein. So geht es in alle Himmelsrichtungen.

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