Vegesack. Die Stadtbibliothek Vegesack hat ihren angestammten Sitz am Aumunder Heerweg, Hausnummer 87. Am Sonntag, 8. Dezember, wird diese Dependance jedoch geschlossen und geräumt. Vermutlich für ein komplettes Jahr. Während dieser Zeit wird das Gebäude aus dem Jahr 1968 umfassend saniert und modernisiert. Im Fokus steht vor allem das undichte Dach.
Während der Bauarbeiten zieht die Bibliothek vorübergehend in das ehemalige Fitnessstudio, Kirchheide 42. Direkt gegenüber dem Bürgerhaus und nahe an der Bushaltestelle finden die Mitarbeiter und das Equipment der Bibliothek ab Mitte Januar ein zentral gelegenes, barrierefreies Ausweich-Quartier mit ausreichend Platz für Regale, Bücher und andere Medien. „Die Räumlichkeiten haben in etwa die gleiche Größe und es sind wenige Arbeiten erforderlich, um sie für die Nutzung fit zu machen“, erklärt Peter Schulz, Sprecher von Immobilien Bremen (IB).
Die städtische Verwaltung, der das renovierungsbedürftige Bibliotheksgebäude gehört, will aber nicht nur das marode Dach instand setzen. Sie will auch den vorbeugenden Brandschutz maximieren und eine Rauchabzugsanlage installieren. Erneuert werden zudem das Wärme-Verteilnetz sowie die sanitären Anlagen und der gesamte Bodenbelag.
Optimieren will Immobilien Bremen zudem die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen. Geplant ist beispielsweise eine elektrische Eingangstür. Die Gebäudeverwaltung könne die Gesamtkosten noch nicht beziffern, da einige Maßnahmen noch in Planung seien, sagt Peter Schulz. Im Finanzplan enthalten sei aber der Umzug in das Gebäude an der Kirchheide, das als Ausweich-Quartier hergerichtet wird.
Um das gesamte Prozedere zu erleichtern, hat sich der Bibliotheksleiter Martin Renz etwas einfallen lassen. Unter dem Motto „Alles muss raus“ können Nutzer ab Montag, 18. November, Medien aus dem Bestand ausleihen und dann gleich bis Mitte Januar behalten – statt sie wie üblich nach drei Wochen wieder abzugeben. Wer gar mehr als 20 Medien mitnimmt, bekommt – solange der Vorrat reicht – eine stabile Bibliotheks-Tasche als Dankeschön. Schließlich ist jedes entliehen Medium eine willkommene Erleichterung für den Umzug. Je leerer die Regale, desto weniger Stress.
Aktuell hat die Vegesacker Bibliothek nach eigenen Angaben 35 500 Medien und rund 5000 Nutzer. Rein rechnerisch müssten also 1775 Nutzer kommen und 20 Medien mitnehmen, dann würde sich das Verpacken erübrigen. Oder es müssten alle Nutzer kommen und je sieben Medien entleihen. Damit sei aber nicht zur rechnen, sagt Martin Renz und lacht. Stattdessen gelte es, ein System zu finden, die Bücher so zu verpacken, dass sie nach dem Umzug exakt am selben Platz im Regal stehen. „Wir haben auch schon überlegt, die Regale so wie sie sind komplett mit Spanngurten zu transportieren.“
Sollte das nicht machbar sein, müssen die Mitarbeiter der Bücherei zwangsläufig mit anpacken, „schließlich ist das bibliothekarische System für die Möbelpacker ein Buch mit sieben Siegeln“, sagt Martin Renz. Das Ein- und Auspacken werde voraussichtlich jeweils eine Woche dauern. Zwei bis drei Tage veranschlagt er für den Transport der Medien.
Sobald die Bibliothek am Aumunder Heerweg nach schätzungsweise einem Jahr wieder hergerichtet und bezogen ist, gibt es zudem noch eine Neuerung: Nutzer über 18 Jahre können mit speziellen Chipkarten die Bibliothek auch jenseits der Öffnungszeiten betreten, um Medien zu entleihen und zurückzugeben. Angedacht ist ein Zeitraum bis 20 Uhr. Damit wäre die Bibliothek in Vegesack nach der Bibliothek in der Vahr die zweite „Open Library“ in Bremen.
Der Vahrer Bibliothek hat der Senat 55 000 Euro für die Umrüstung zur Verfügung gestellt. Diese Summe wird voraussichtlich auch in Vegesack investiert. Die Open Library basiert zwangsläufig auf Vertrauen zu den Nutzern. Dennoch kommen Kameras zum Einsatz, die alle Anforderungen des Datenschutzes erfüllen, im Ernstfall aber ausgewertet werden können, zum Beispiel bei Diebstählen oder Vandalismus.
Erforderlich sind auch Spezialtüren und ein Computersystem, das unter anderem das Licht steuert. Zudem muss verhindert werden, dass Nutzer Zugang zu personenbezogenen Daten oder zum technischen Equipment der Mitarbeiter haben. Im Vordergrund steht aber nun zunächst der Umzug in das Zwischenquartier. Martin Renz stellt sich auf arbeitsreiche Wochen ein. So ambitioniert das Unterfangen auch ist, der Bibliotheksleiter ist optimistisch. „Ich freue mich jetzt schon auf das Ergebnis.“