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Vorläufige Rettung des Spicariums findet im Beirat ein unterschiedliches Echo „Der Erwartungsdruck wird bleiben“

Der Vegesacker Beirat ist erleichtert über die vorläufige Rettung des Spicarium. Über die Parteigrenzen hinweg wurde am Donnerstagabend die Bereitschaft der Wirtschaftsbehörde gelobt, die Touristenattraktion im Alten Speicher für die Haushaltsjahre 2014/15 finanziell abzusichern. Deutlich wurde aber auch: Mit einer Bestandsgarantie auf lange Sicht ist diese Ankündigung nicht zu verwechseln.
17.08.2013, 05:00 Uhr
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„Der Erwartungsdruck wird bleiben“
Von Jürgen Theiner

Der Vegesacker Beirat ist erleichtert über die vorläufige Rettung des Spicarium. Über die Parteigrenzen hinweg wurde am Donnerstagabend die Bereitschaft der Wirtschaftsbehörde gelobt, die Touristenattraktion im Alten Speicher für die Haushaltsjahre 2014/15 finanziell abzusichern. Deutlich wurde aber auch: Mit einer Bestandsgarantie auf lange Sicht ist diese Ankündigung nicht zu verwechseln.

Vegesack. Einnahmen von 50000 Euro, Ausgaben von 180000 – es klafft eine gewaltige Lücke im Geschäftsplan des Spicariums. Die 2011 eröffnete Schau zur Schifffahrts- und Hafengeschichte kann sich bisher auch nicht ansatzweise alleine tragen. Im ersten Halbjahr schien die Einrichtung deshalb auf der Kippe zu stehen. Defekte Exponate wurden nicht mehr repariert, und die Wirtschaftsbehörde zögerte mit einer weiteren Übernahme des Defizits. Wie berichtet, soll das Spicarium nun aber zumindest in den beiden kommenden Jahren eine Chance erhalten, sich fester zu etablieren. Eine wichtige Rolle soll dabei ein Verein spielen, den örtliche Akteure aus der maritimen Wirtschaft gründen wollen und der die Einrichtung ideell und materiell unterstützt.

Eigentlicher Träger des Spicarium kann er indes nicht werden, wie Marianne Grewe-Wacker vom Wirtschaftsressort dem Beirat erläuterte. Wenn die Stadt nämlich jährlich 130000 Euro für die Defizitabdeckung zuschießt, dann müsste sie gemäß EU-Recht die Betreiberschaft für das Spicarium öffentlich ausschreiben – mit dem Risiko, das die örtliche Initiative am Ende gar nicht zum Zuge kommt. Träger des Spicarium bleibt deshalb eine städtische Gesellschaft. Dem privaten Kreis sei aber eine "verbindliche Beteiligung" zugesagt, so Grewe-Wacker.

Nach ihrer Darstellung ist die – zwischenzeitlich erheblich abgesenkte – Planzahl von 10000 Besuchern in zwölf Monaten bisher nicht ganz erreicht. Die Tendenz sei aber steigend. Ähnlich äußerte sich die Leiterin der Einrichtung, Christina Voigt. Die bereits aufgenommene Kooperation mit der privaten Initiative trage erste Früchte. Sie verwies auf den Start der Veranstaltungsreihe "Fenster zur Wissenschaft", zu dem am Mittwochabend 130 Personen in den Alten Speicher kamen. In Kooperation mit der Jacobs University seien für diese populärwissenschaftliche Vermittlung von Forschungsergebnissen bereits Termine bis in den August 2014 organisiert worden. Auffallend sei auch, dass viele Besucher, die das Spicarium kennengelernt hätten, es nicht bei diesem einen Besuch beließen.

Während Voigt geradezu euphorisiert wirkte, goss Thomas Pörschke (Grüne) ein wenig Wasser in den Wein. Die nächsten Jahre blieben für das Spicarium "ausgesprochen schwierig", mahnte er. Wenn es jetzt auch gelungen sei, die Einrichtung für die beiden kommenden Jahre wirtschaftlich zu stabilisieren, sage das nichts über die mittel- bis langfristige Perspektive aus. "Der Erwartungsdruck wird bleiben", sagte Pörschke, und damit meinte er nicht nur die potenziellen Besucher der Ausstellung, sondern auch die Geduld der Geldgeber.

Zuversichtlich äußerten sich Beiratssprecherin Heike Sprehe (SPD) und FDP-Vertreter Rainer Buchholz. Die Einnahmen würden steigen, der Zuschussbedarf werde sich auf mittlere Sicht reduzieren, sagte Buchholz voraus. "Ich freue mich, dass sich der Wind für das Spicarium gedreht hat", ergänzte Sprehe.

Für die CDU ging Detlef Scharf mit der Wirtschaftsbehörde scharf ins Gericht. Das Haus von Senator Martin Günthner (SPD) habe dem Spicarium mit seiner schwankenden Haltung einen schlechten Dienst erwiesen. Auch seien die ursprünglichen Erwartungen an die Besucherzahlen – mit 30000 pro Jahr hatte man kalkuliert – blauäugig gewesen. "Haben Sie etwa geglaubt, dass das Spicarium in den ersten zwei Jahren Gewinn abwirft?", fragte er in Richtung Grewe-Wacker. Nach seiner Kenntnis erwirtschafte kein Bremer Museum ein Plus, und es sei auch nicht fair, vom Spicarium etwas anderes zu erwarten.

Die Einrichtung der Ausstellung hatte sich das Wirtschaftsressort im Jahr 2011 rund 1,2 Millionen Euro kosten lassen. In Um- und Anbauten des Alten Speichers – der neben dem Packhaus im Schnoor und dem Kito der letzte historische Speicher Bremens ist – flossen seit 1995 rund 3,7 Millionen Euro.

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